Schottische Nationalelf in ihrem EM-Hauptquartier in Garmisch-Partenkirchen

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Die schottischen Nationalspieler begrüßen Hoteldirektor Christian Wolf bei ihrer Ankunft in Deutschland. © FOTOPRESS THOMAS SEHR

Deutschland ist im EM-Fußballfieber und Garmisch mittendrin. Insgesamt 24 Mannschaften sind dabei, fünf davon haben in Bayern ihr Quartier aufgeschlagen. Die Deutschen sind in Herzogenaurach, die Rumänen in Würzburg, die Serben in Augsburg, die Ungarn in Weiler im Allgäu und die Schotten in Garmisch-Partenkirchen.

GAP – Vor zwei Wochen kam die Delegation im Hotel Obermühle an. Da herrschte Regenwetter und einige Fans, die bei der Ankunft in Garmisch-Partenkirchen dabei waren, meinten: „Die Mannschaft hat ihr typisches schottischen Wetter mitgebracht.“ Die Wahrheit ist: Als der Tross den schottischen Boden in Richtung München verließ, schien beim Abflug von der Insel die Sonne...

„Das sind alles tolle Jungs“, erzählt Christian Wolf, der Hotelchef. „Es bleibt auch mal Zeit, um mit dem Trainer einen Kaffee zu trinken. Da sprechen wir dann auch über andere Dinge, nicht nur über Fußball.“ 120 Personen umfasst der Tross insgesamt: Neben den Spielern und Trainern auch das medizinische Personal und die Fitness-Coaches. Viel Arbeit für Wolf und sein Team. Man sieht ihm aber die Freude an; täglich werden beispielsweise allein etwa 200 Kilogramm Eis für die Eisbäder benötigt.

Wolf war auch im Stadion in München, als die Schotten gegen Deutschland eine deutliche 1:5-Niederlage kassierten. „Ich war für die Schotten, das bin ich ihnen auch schuldig“, sagt Wolf, der im schottischen Block seinen Platz in der Arena hatte. „Die schottischen Fans waren ganz toll, sie haben die starke Leistung der Deutschen akzeptiert und haben selber gefeiert.“ Schließlich sind die Schotten erst zum vierten Mal bei einer Europameisterschaft dabei.

Selbst Schotte: Andrew Syme ist begeistert.
Selbst Schotte: Andrew Syme ist begeistert. © FOTOPRESS THOMAS SEHR

Ein Schotte in Garmisch

In Garmisch-Partenkirchen gab es ein Public Viewing, hier sah Andrew Syme das Spiel. Seit 1994 lebt der Schotte in der Alpenstadt: „1989 war ich zum ersten Mal da. Es ist schön, dass so viel los war. Zu feiern hatten am Ende nur die deutschen Fans.“ Der Schotte, dessen Foto auch auf den schottischen Plakatwänden hängt, betont aber auch: „Deutschland war so gut, da hatten wir einfach keine Chance.“ Syme gibt aber auch zu bedenken: „Klar haben wir überhaupt nicht gut gespielt, aber bei uns sind sechs Stammspieler gar nicht bei der Europameisterschaft dabei. Sie sind alle verletzt und konnten so nicht mitkommen. Für uns als kleines Land ist es sehr schwierig, diese Spieler zu ersetzen.“

Ganz angetan von den Schotten ist auch die Bürgermeisterin von Garmisch-Partenkirchen, Elisabeth Koch: „Es ist großartig, dass die Schotten bei uns zu Gast sind. Es ist uns eine Ehre.“ Auch für Syme ging ein Traum in Erfüllung: „Meine zwei Welten sind nun zusammen gekommen“, schwärmt er. „Manchmal kann ich es gar nicht glauben.“ Im Ort sind viele schottische Fahnen zu sehen, die Fans tummeln sich hier. Syme schlendert jeden Abend durch die Fußgängerzone von Garmisch und saugt die Stimmung auf. „Da bekomme ich immer eine Gänsehaut“, erzählt er. Auch die Spieler genießen die Zeit neben dem harten Training. Sie sind auch in der Fußgängerzone anzutreffen, wo sie eine Runde spazieren gehen.

Video von Rod Stewart

Bürgermeisterin Koch ist nicht nur Fan der Schottischen Fußballer: „Ich als Bürgermeisterin habe bereits eine Mannschaft der Herzen – und das sind die Schotten.“ Sie findet auch Rod Stewart gut. Der bekannte Rockstar ist ebenfalls Fan der schottischen Fußball-Nationalmannschaft. Er sandte eine Videobotschaft an die Bürgermeisterin. Diese hatte den Wunsch geäußert, dass Stewart doch nach Garmisch-Partenkirchen kommen solle. Der Rocker berichtet jetzt in dem Video, dass er leider keines der Spiele seines Teams live im Stadion verfolgen kann, da er derzeit durch Deutschland tourt. Am Freitag gab er ein Konzert in Leipzig. In seiner Botschaft sagt er an Koch gerichtet: „Pass auf die Jungs auf, sorge dafür, dass sie früh zu Bett gehen und nicht zu viel Alkohol trinken.“ Und weiter: „Hoffentlich sehen wir uns eines Tages.“

Großer Empfang

Musikalisches mit Dudelsack, Alphornbläser und Schuhplattler waren beim großen Empfang in der Bayernhalle gleich nach der Ankunft der Spieler geboten. Diese trugen sich ins Goldene Buch der Marktgemeinde ein. Die Anzahl der schottischen Fans, die dabei waren, war groß. „Die meisten wohnen in Deutschland, sie wollten ihre Mannschaft begrüßen und es sich anschauen, wo das Team untergebracht ist“, weiß Syme.

Sehr gefragt: Bürgermeisterin Elisabeth Koch
Sehr gefragt: Bürgermeisterin Elisabeth Koch © FOTOPRESS THOMAS SEHR

Auch beim öffentlichen Training waren viele Fans da, auf dem neuen Rasen im Stadion am Gröben – übrigens der gleiche wie der, auf dem die Deutsche Nationalmannschaft in Herzogenaurach trainiert. Schottlands Kapitän Andrew Robertson bedankte sich bei der Bürgermeisterin und betonte: „Es war ein warmer Empfang.“

Gegen Deutschland gab es dann eine kalte Dusche. Denn die Hoffnung auf einen guten EM-Start war groß. Nach zehn verpassten Welt- und Europameisterschaften führte der frühere José-Mourinho-Assistent Steve Clarke die Bravehearts bei der EM 2021 auf die große Fußball-Bühne zurück.

Am Tag vor den Spielen reist der Tross immer in ein Hotel vor Ort. Noch in der Nacht, nach der 1:5-Niederlage gegen die Gastgeber, ging es per Bus zurück nach Garmisch-Partenkirchen. „Sie waren sehr froh, als sie dann wieder hier waren. Hier haben sie ihr Zuhause, hier ist es ruhig und das Hotel ist auch eine pressefreie Zone“, erklärt Hotelchef Wolf. Gegen 3 Uhr morgens wurde dann noch aufgekocht in der Obermühle. „Es gab ein großes Buffet, wie immer am Abend“, berichtet Wolf. „Aber an diesem Abend gab es auch mal Burger.“ Zwei eigene Köche haben die Schotten mitgebracht, die die Menüs vorgeben. „Das sind zwei Top-Leute, die mit meinem Team hervorragend zusammenarbeiten“, so Wolf.

Um die Stimmung nach der heftigen Auftaktniederlage zu vergessen und um auf andere Gedanken zu kommen, machte das Team am Sonntagnachmittag einen Ausflug auf die Zugspitze und war hellauf begeistert. Am Morgen herrschte auf Deutschlands höchstem Berg noch schlechtes Wetter, doch dann kam die Sonne raus. Die Kicker hatten großen Spaß, erkundigten sich nach Skifahren und zeigten bei einer Schneeballschlacht ihr Können.

Dass es den Schotten hier gefällt, bestätigte auch Syme: „Ich hatte auch die Gelegenheit, mit vielen Spielern und Trainern zu sprechen. Sie sind alle sehr begeistert von Garmisch-Partenkirchen.“ Auch die Logistik ist perfekt, der Sportplatz befindet sich nur wenige hundert Meter vom Hotel entfernt. Hier wird hart trainiert, um noch in die nächste Runde zu kommen.

Am Sonntag, 23. Juni, steht nun das letzte Vorrundenspiel für die Schotten auf dem Programm. Um 21 Uhr wartet in Stuttgart Gegner Ungarn. Parallel spielt in Frankfurt die Deutsche Mannschaft gegen die Schweiz. Schottland hat noch eine kleine Chance, das Achtelfinale zu erreichen. Neben den jeweils Gruppenersten und Gruppenzweiten kommen auch die vier besten Gruppendritten (es gibt sechs Gruppen) in die nächste Runde. „Es wäre so schön, wenn sie noch ein paar Tage bei uns bleiben würden“, hofft Wolf.

„Es wäre schon toll, wenn es die Schotten ins Achtelfinale schaffen würden“, betont auch Syme. Es wäre eine Premiere: Bisher haben die Schotten noch nie eine Vorrunde überstanden. „Wenn sie es diesmal schaffen, dann würde Garmisch-Partenkirchen für immer bei ihnen in guter und positiver Erinnerung bleiben“, träumt Syme. Für ihn werden diese Tage jetzt schon etwas Einmaliges bleiben.

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