Penzing Studios: Das „kleine Hollywood“ auf dem ehemaligen Fliegerhorst

  1. Startseite
  2. Bayern
  3. Kreisbote
  4. Oberland

Kommentare

Auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorstes werden jetzt Filme gedreht. Die Penzing Studios und die Hyperbowl stehen für die Film- und Fernsehproduktion von morgen. © Penzing Studios

Penzing - Dass in Penzing im Landkreis Landsberg ganz großes Kino läuft, wissen Filmfans bereits, seit es das Cineplex-Kino an der Graf-Zeppelin-Straße gibt. Dass in Penzing auch großes Kino gemacht wird, ist eher neu. In den „Penzing Studios“ auf dem ehemaligen Fliegerhorst findet die Film- und Fernsehproduktion von morgen statt.

Der Penzinger Fliegerhorst wurde ab 1935 für die Luftwaffe im Dritten Reich bebaut. In ganz Deutschland suchte man dafür Standorte, an denen Flugplätze errichtet werden konnten und Penzing bot sich aufgrund der geografisch günstigen Lage an. Im Jahr 1937 starteten die ersten Flieger, seit August 2020 hebt hier aber kein einziges Flugzeug mehr ab. Nur knapp zwei Jahre später, im Januar 2022, wurde hier eine voll ausgestattete virtuelle Produktionsanlage in Betrieb genommen. Wie kommt man dazu, eine Filmproduktionsstätte auf einem ehemaligen Luftwaffenstützpunkt zu eröffnen?

Joe Neurauter ist Filmproduzent und einer der Penzing-Studios-Gründer. Er sei bei dem Dreh des Film „Guns Akimbo“ mit Harry-Potter-Darsteller Daniel Radcliffe darauf aufmerksam geworden, dass die Studiokapazitäten in Bayern begrenzt seien, der Content-Boom aber immer weiter steige, wie er im Interview mit XPLR: MEDIA erklärte. Er habe sich dann, gemeinsam mit Jörn Siegele (Geschäftsführer Grizzly Filmbau) und weiteren Filmschaffenden auf die Suche nach einem neuen Standort gemacht. Der Fliegerhorst sei perfekt gewesen, da die ehemaligen Hangars wie für den Film geschaffene Hallen seien.

Nachhaltiger Film

Und so entstand „a brand new major studio facility“ – eine brandneue große Studio-Anlage, wie auf der Website der Penzing Studios zu lesen ist. Die Flugzeughangars des ehemaligen Luftwaffenstützpunktes wurden renoviert und ermöglichen seit 2022 Produktionen jeder Größenordnung und auf nachhaltige Weise. Bisher haben die Penzing Studios fünf Hallen in Betrieb genommen, wobei künftig noch sieben weitere ehemalige Hangars renoviert werden sollen. Sie bieten Platz für 1.800 Quadratmeter Studiofläche und 1.000 Quadratmeter Büro- und Werkstattflächen. In Halle 5 hat das Unterneh­men nach einer umfangreichen Sanierung inklusive Schall- und Wärmeisolierung ein Einzelstudio von 9.000 Quadratmetern aufgebaut – „eines der größten in Europa“, wie Neurauter beim Zweckverband Innovationscampus Penzing-Landsberg im August betonte. Alle Mitarbeiter einer Produktion könnten hier unter einem Dach arbeiten. Neben modernster Technologie für digitale und virtuelle Produktion punktet Penzing auch mit der Größe und Einzigartigkeit des Geländes und seinen historischen Locations – viel sei schon im ehemaligen Offizierskasino gedreht worden, so Neurauter.

Nachhaltiger Dreh: Mithilfe der LED-Wände der Hyperbowl kann jeder gewünschte Hintergrund im Studio dargestellt werden.
Nachhaltiger Dreh: Mithilfe der LED-Wände der Hyperbowl kann jeder gewünschte Hintergrund im Studio dargestellt werden. © Penzing Studios

„Virtual Production“

Neben der einzigartigen Location befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorstes auch noch ein einzigartiges Studio. In Halle II findet sich Europas führende, hochmoderne virtuelle Produktionsanlage. Die sogenannte Hyperbowl ist Teil der Penzing Studios und ein virtuelles Filmset. Bereits seit 2020 gebe es Hyperbowl, zuerst sei das „virtuelle Set“ aber auf der Münchener Messe zuhause gewesen, erklärte Hyperbowl-Geschäftsführer Eno Henze im März vergangenen Jahres. Das Unternehmen habe nach einer dauerhaften Bleibe gesucht und sei dann mit den Penzing Studios in Kontakt gekommen. Seither soll Hyperbowl die Branche revolutionieren. Denn bei der „Virtual Production“ mithilfe von LED-Wänden ist es nicht mehr nötig, für Produktionen um die ganze Welt zu reisen, um die gewünschten Hintergründe mit der Kamera einzufangen. Bei Hyperbowl kann jeder gewünschte Hintergrund, jedes Set, auf die LED-Wände, die in Halle II vier Millionen Euro kosteten, projiziert werden. Die Wände an sich sind dabei für die Kamera unsichtbar. Was bleibt, ist ein Regenwald oder eine Wüste (Foto unten) in einem Studio in Penzing. „Virtual Production ist effizient und revolutionär“, resümierte Henze damals. Allein die Ausstattung von Halle II kostete fünf Millionen Euro.

International bekannt

Dass die Penzing Studios das „kleine Hollywood“ werden könnten, ist mittlerweile auch bei der internationale Film- und Fernsehbranche angekommen. So schlenderten schon Michael Fassbender und Arnold Schwarzen­egger in „Kung Fury II“, Colin Firth in „The Happy Prince“ oder eben Daniel Radcliffe in „Guns Akimbo“ über das Gelände des ehemaligen Fliegerhorstes. Und auch in diesem Jahr gibt‘s Besuch aus Amerika. Die Penzing Studios feilen gerade an einer amerikanischen Streaming-Serie, deren Hauptdarsteller „ein Weltstar“ sei, wie Neurauter ankündigte. „Es ist jemand, den Sie alle kennen.“ Diese Produktion an Land gezogen zu haben, ist für das Unternehmen der vorläufige Höhepunkt einer ohnehin schon kometenhaften Entwicklung – und ein Game Changer für den Standort Penzing und die Filmwirtschaft in Bayern, ist Neurauter überzeugt. „Es gab noch nie eine Produktion dieser Größe in Bayern.“ Ihm zufolge steht für die neue amerikanische Serie ein neunstelliges Gesamtbudget zur Verfügung, von dem 40 Millionen Euro im Freistaat Bayern ausgegeben werden sollen. Diesen Sommer kommt auch ein Action-Held nach Penzing: Sylvester Stallone soll für den zweiten Teil seines Actionfilms „Cliffhanger“ in einem der Studios drehen. Ob der 77-Jährige auch nach 30 Jahren noch in schwindelerregenden Höhen kraxelt, bleibt abzuwarten.

Auch interessant

Kommentare