Die Luftrettung an der BG Unfallklinik Murnau feiert 30. Jubiläum – ein Rück- und Ausblick
Bei schweren Verletzungen zählt jede Sekunde. Eine Fahrt mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus dauert oft zu lange, ein schnellerer Retter muss her: Einer in Gelb, wie der ADAC Hubschrauber der Luftrettung an der BG (Berufsgenossenschaftliche) Unfallklinik Murnau. Die feiert dieses Jahr 30. Jubiläum.
Oberland – Die Geschichte der Luftrettung an der Murnauer Klinik begann ganz unscheinbar. Vor 30 Jahren wollten einige wenige aus Rettungsdienst, Luftfahrt und Klinik in Eigeninitiative einen Hubschrauber in Murnau stationieren, erklärt Peter Schellig, Stationsleiter der ADAC Luftrettungsstation Murnau. Die Idee: die Luftrettung im Oberland etablieren. Ideal der Standort Murnau, war die BG Klinik doch damals schon der ‚medizinische Nabel Oberbayerns‘ – ähnlich wie heute. Das Klinikum wuchs immer weiter und Anfragen kamen von weit her, ob man schwer verletzte Patienten (oder BG-Unfälle) aufnehmen könne. „Die Idee war zunächst, einen Verlegungshubschrauber zu installieren“ – am 20. Oktober 1994 wurde der Intensivtransporthubschrauber vom Typ Bell 222 UT in Dienst gestellt, ist in einer Mitteilung des ADAC zu lesen. Natürlich wurde der Heli dann auch für Rettungseinsätze in der Umgebung eingesetzt.
Christoph fliegt seit 1999
Wie der Name des Hubschraubers schon vermuten lässt, war es in den Anfängen der Luftrettung noch keiner vom ADAC. Seit 25 Jahren, seit 1. Juli 1999, fliegt „Christoph Murnau“ als ADAC-Rettungshubschrauber in Gelb und wird von der ADAC Luftrettung betrieben. Mittlerweile fliegt schon die vierte Christoph-Generation zu den vielen Einsätzen. Er ist als Dual-Use (duale Verwendung)-Hubschrauber für Rettungseinsätze und Verlegungen in einem Radius von 50 bis 70 Kilometer um den Standort Murnau zuständig. Rund 80 Prozent sind Rettungseinsätze, die übrigen sind Verlegungen. „Wir sind mit vier Leuten im Hubschrauber immer gleich besetzt“, so Peter Schellig. Zwei aus der Flight Crew, die beim ADAC angestellt sind, und zwei aus der Medical Crew von der Unfallklinik Murnau. Dabei spielt es keine Rolle, ob Christoph zu einem Rettungseinsatz fliegt oder zu einer Verlegung. Es sind immer „zwei Flieger und zwei Mediziner“. Die Leitungs-Crew vom gelben Christoph Murnau besteht aus Schellig (Stationsleiter und Windenoperator) selbst, Raphael Bender (Leitender Notarzt) und Daniel Richter (Leitender Notfallsanitäter), ist in der Mitteilung des ADAC zu lesen.

Wenn das Wetter gut ist, kann Christoph Murnau alle Einsatz-Arten bedienen – „und das ist bunt gemischt“. Verkehrsunfälle, Notfälle im häuslichen Umfeld gehören ebenso dazu wie Unfälle auf einer abgelegenen Forststraße oder einer Steilwand der Zugspitze – Christoph ist überall unterwegs, immer in Zusammenarbeit mit den jeweiligen „rettungsdienstlichen Partnern“. Auf der Autobahn sind das beispielsweise Rettungsdienst, Polizei und Feuerwehr, an der Zugspitze ist es die Bergwacht. „Jeder Einsatz wird individuell betrachtet.“
Die Patienten, die mit dem Hubschrauber kommen, werden nicht immer in Murnau behandelt. Zwar kann die „Crew Christoph Murnau“ Wünsche äußern, wo sie den Patienten gerne hinfliegen würde, letztendlich entscheidet aber immer die Leitstelle Oberland, in welches Krankenhaus der Patient kommt. Die Zentrale mit Sitz in Weilheim bestimmt das anhand der Verletzungen und unter Umständen nach Alter des Patienten, was ihr beides von den Rettern durchgegeben wird, erklärt Schellig. Rund 70 Prozent kommen nach Murnau, weil die Ärzte hier viele medizinische Bereiche abdecken können.
Über die letzten Jahrzehnte haben der technische Fortschritt und die Modernisierung auch im Christoph Einzug gehalten. Vor allem Einsätze in den Bergen sind seit der Ausstattung mit einer Rettungswinde im Jahr 1999 leichter. Jetzt können die Rettungskräfte aus der Luft zum Patienten ‚abgelassen‘ werden, wenn der Heli nicht landen kann. „Bis heute flog der ADAC Rettungshubschrauber rund 3.500 Windeneinsätze. Allein im Jahr 2023 waren es 182“, heißt es in der Mitteilung. Und auch Schellig meint, dass die Einsätze jedes Jahr mehr werden. Das liege unter anderem an ‚vermeintlichen Bergsteigern‘.
Von Wanderern und E-Bikern
„Jedes Jahr rennen immer mehr Menschen unbedarft ins Gebirge und folgen Internet-Empfehlungen, ohne zu wissen, worauf sie sich einlassen“, so Schellig. Auf einmal stünden sie irgendwo am Berg und kämen nicht mehr vor oder zurück. „Wir waren die letzten zwei Wochen fast täglich damit beschäftigt, Fußgänger aus dem Hochgebirge zu holen, die unter völlig falschen Erwartungen solche Bergtouren angetreten sind.“ Ein weiterer Grund für mehr Einsätze: der E-Bike-Trend. Die Leute, die ohne Antrieb nie zu einer Alm geradelt wären, seien jetzt das neue Patientenklientel der Luftrettung. „Spätestens bei der Abfahrt, weil sie keine Erfahrung im Umgang mit schweren Rädern haben, passieren dann die schweren Stürze.“ Oftmals hole Christoph dreimal pro Woche nahezu an der selben Stelle verunglückte E-Biker ab.