Kempten: Die Präventionskampagne „Leben statt Schweben“ feiert 20. Geburtstag

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Das Theaterstück „Die Tüte“ mit Narek Aghababyan als Freddy. war Teil der diesjährigen Kampagne. © Mair

Seit 20 Jahren bietet die Kemptener Präventionskampagne „Leben statt Schweben“ Raum für Auseinandersetzung und Bewusstseinsbildung zu Themen, denen Jugendliche beim Erwachsenwerden begegnen.

Kempten – „Unchain My Heart“ von Joe Cocker ertönte im Jugendhaus Kempten, als „Freddy“ die Bühne betrat: Er hält die Wirklichkeit nicht mehr aus und flieht in eine Fantasiewelt. In dieser jagt er seinen Träumen und seinen Talenten hinterher, ist aber in der Realität unfähig, sie zu erreichen.

Konfrontiert ihn die Wirklichkeit flüchtet er in den angenehmen Nebel des Konsums. Zigaretten, Süßigkeiten, Alkohol und schließlich Marihuana machen es ihm leichter, den Alltag auszuhalten. Erst spät wird ihm bewusst, was für Möglichkeiten er verpasst hat. Er will raus aus der Sucht und zurück in die Wirklichkeit.

Das Einmannstück, mit dem Titel „Die Tüte“, führte das Präventionstheater Galli aus München auf. Es ist Teil der Präventionskampagne „Leben statt Schweben“, die seit 20 Jahren vom Amt für Jugendarbeit, dem Stadtjugendring Kempten und wechselnden Netzwerkpartnern organisiert und durchgeführt wird.

Sie richtet sich an junge Menschen im Alter von zwölf bis 17 Jahren sowie deren Umfeld und bietet Raum zur Auseinandersetzung mit verschiedensten Themen in der Vorbeugung und Bewusstseinsbildung. Dieses Jahr fand die Kampagne vom 11. bis 15. November statt.

20 Jahre „Leben statt Schweben“ in Kempten

Am 12. November war die Auftaktveranstaltung zur diesjährigen Präventionswoche mit dem Thema „Cannabis – wohin gehst du?“ im Jugendhaus Kempten. Gleichzeitig wurde das 20-jährige Jubiläum des Formates gefeiert. Sabine Fixmer, Leitung der Abteilung Projekte des Stadtjugendrings und Ursula Hofmann, kommunale Jugendpflegerin der Stadt Kempten, führten durch den Abend. Sie stellten das aktuelle Thema und das dahinterstehende Netzwerk vor, blickten aber auch auf 20 erfolgreiche Jahre „Leben statt Schweben“ zurück.

Unterstützt wurden sie dabei von zahlreichen Gästen und Interviewpartnern, wie zum Beispiel dem Vorsitzenden des Stadtjugendrings, Thomas Wilhelm und dem Leiter des Referats Jugend, Schule und Soziales, Thomas Baier-Regnery. Auch Oberbürgermeister Thomas Kiechle gratulierte in einem Videoeinschnitt. „Entscheidend ist damals wie heute, dass junge Menschen befähigt werden, positiv mit Themen, die auf sie einströmen, umzugehen“, betonte er.

Für einen bewussten Umgang mit bestimmten Themen

Dritte Bürgermeisterin Erna Kathrein-Groll bekräftigte ebenfalls, wie wichtig es sei, bei jungen Menschen ein Bewusstsein für bestimmte Themen zu schaffen, sie zu informieren, mit ihnen im Austausch zu sein und im Gespräch zu bleiben. Und genau das ist die Intention von „Leben statt Schweben“ – es geht nicht um Verbieten, sondern darum, die Jugendlichen zu befähigen, bewusst mit bestimmten Themen umzugehen, mit ihnen in Kontakt zu kommen und sie darin zu bestärken, den richtigen Weg zu gehen.

Damit das Vorhaben jedes Jahr auf Neue gelingt, ist immer ein großes und gut funktionierendes Netzwerk nötig. Je nach Thema werden unterschiedliche Partner zur Kampagne hinzugezogen. Dieses Mal waren es die Suchtfachambulanz Kempten der Caritas, das Präventionstheater Galli aus München, die Suchtpräventionsstelle Villa Schöpflin aus Lörrach und Vertreter der Polizei Kempten. Außerdem gab es eine Spende der Sparkasse Allgäu in Höhe von 4.000 Euro. Ohne sie wäre die Durchführung der Kampagne nicht in dieser Qualität möglich gewesen, betonte Sabine Fixmer.

„Leben statt Schweben“ – So läuft die Kampagne ab

Bereits im Sommer werden alle weiterführenden Schulen in Kempten über das Thema der Kampagne informiert und können sich dafür bewerben. In diesem Jahr wurde im Laufe der Präventionswoche mit ungefähr 350 Jugendlichen das Thema „Cannabis“ mittels zwei Facetten thematisiert.

Eine davon war, wie zuvor bereits erwähnt, das Theaterstück „Die Tüte“. Regisseurin Helena George und Schauspieler Narek Aghababyan berichteten, dass es das Beste sei, gleich im Anschluss an das Stück mit einfachen Fragen, wie zum Beispiel „Wie alt, schätzt ihr, ist Freddy?“, einzusteigen. So versuchen sie, mit ihrem Publikum immer tiefer ins Gespräch zu kommen, sich voranzutasten und Vertrauen aufzubauen.

Haben die Jugendlichen Vertrauen, dann öffnen sie sich und erzählen ihre persönlichen Geschichten

„Natürlich erzählt mir niemand, dass er selbst konsumiert. Aber die jungen Leute fühlen sich ernst genommen, öffnen sich und beginnen von ihren persönlichen Geschichten zu erzählen. Und das ist schon ganz viel wert“, erklärte George. Die zweite Methode, den Workshop „Cannabis – Quo vadis?“, stellte Daniela Fischer vom Stadtjugendring vor.

In sieben Stationen versuchte sie den Jugendlichen den richtigen Weg im Umgang mit dem Rauschmittel zu vermitteln – angefangen von den Auswirkungen von Cannabis auf den Körper, über anschauliche Mittel wie Simulationsbrillen bis hin zu Theaterstücken mit Perspektivwechseln (Wie würde ich als Elternteil oder Lehrer reagieren, wenn mein Kind Cannabis konsumiert).

Ergänzt wurde die Präventionswoche noch durch einen Elternabend. Anwesend waren hier Vertreter der Polizei, der Suchtberatungsstelle, der Schulsozialarbeit und der offenen Jugendarbeit.

Aufgeschlossen und neugierig

Seit 20 Jahren gibt es die Präventionskampagne „Leben statt Schweben“ nun. Themen waren unter anderem Alkohol, Sexualität, Internet, Mobbing, … Dinge, die einen jungen Menschen beim Erwachsenwerden begleiten. Ihr Erfolg ist sicherlich damit zu begründen, dass sich alle Beteiligten immer wieder neu auf die aktuellen Themen und Sichtweisen der jungen Menschen einlassen – aufgeschlossen, neugierig und auch ein Stück weit provokant. Das Erfolgsrezept heißt hier: „Befähigen statt verbieten“.

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