Bürgerversammlung Haldenwang mit hitziger Diskussion um Lebensmittelmarkt in Börwang

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Auf dem Grundstück oberhalb des Hauses links soll den aktuellen gemeindlichen Planungen zufolge ein Fenebergmarkt entstehen. Doch nicht alle Bürger sind damit glücklich. © Stodal

Der geplante Lebensmittelmarkt an der Börwanger Steige treibt die Menschen in der Gemeinde Haldenwang um. Bei der Bürgerversammlung wurde das Thema erneut heftig diskutiert.

Haldenwang – In seinem Jahresrückblick referierte Bürgermeister Josef Wölfle über Investitionen der 3.921-Seelen-Gemeinde. Größte Hochbaumaßnahme ist der derzeit laufende Um- und Anbau des Kindergartens Haldenwang (Kosten: rund 3,38 Mio. Euro, voraussichtliche staatliche Förderung: 1,86 Mio.).

Der gut vier Jahre dauernde Umbau des Rathauses kam heuer zum Ende. Im Zuge dessen wurden die Büros mit zeitgemäßem Mobiliar ausgestattet und die Digitalisierung vorangetrieben. Die Schrankwände voller Aktenordner gehören nun der Vergangenheit an, wie Wölfle sagte. An ihre Stelle trat ein „sauberes Dokumentenmanagementsystem“.

„Als nächstes kommt die elektronische Rechnungsstellung.“ Man hat auch den Friedhof in Haldenwang umfassend saniert. Im Zuge dessen wurden u. a. Stelen für Urnengräber sowie eine Wiesenfläche für anonyme und Sozialgräber geschaffen.

Großprojekt Grundschule ist Thema bei Haldenwanger Bürgerversammlung

Ein anstehendes Großprojekt ist die Erweiterung der Grundschule. Sie ist nötig, um dem prognostizierten steigenden Schülerbedarf sowie dem ab 2026 sukzessive geltenden Rechtsanspruch auf Mittagsbetreuung gerecht zu werden. „Schon jetzt sind an manchen Tagen bis zu 100 Kinder in der Mittagsbetreuung. Bisher haben wir alle untergebracht, aber für die Zukunft sind die Räume beengt“, so Wölfle.

Der vermehrte Raumbedarf soll durch den Umbau und die Umnutzung des an die Schule angrenzenden Gebäudes am Freibad gedeckt werden, in dem aktuell die Wasserwacht ihre Räume hat. Hier entstehen zwei zusätzliche Klassenzimmer sowie Gruppen- und Betreuungsräume, u. a. für Schulsozialarbeit und einen Schulpsychologen. In ersten Kostenschätzungen ist von 5,5 Mio. Euro die Rede (inkl. neuer Heizanlage).

Neues vom Baugebiet Mühlenbauer

Im Baugebiet „Beim Mühlenbauer“ in Börwang sind nur noch zwei Parzellen für Doppelhaushälften zu haben. Weitere vorgesehene Bauplätze in dem Gebiet dürfen aufgrund der noch ungelösten Hochwasserproblematik aktuell noch nicht bebaut werden. „Wir müssen ein Wasserrechtsverfahren durchführen. Ich hoffe, dass wir in einer der nächsten Gemeinderatssitzungen eine Lösung präsentieren können. Dann könnten wir voraussichtlich Ende 2025 zwölf weitere Bauplätze zur Verfügung stellen.“

In Sachen erneuerbaren Energien ging jüngst eine gemeindeeigene Freiflächen-PV-Anlage an der Staatsstraße nach Leubas ans Netz. Mit 7MW Peak kann sie bis zu 1.150 Haushalte mit Strom versorgen. Eine weitere 4,5 Hektar große PV-Anlage auf Haldenwanger Flur entsteht bei Unterwengen.

Der Ausbau der Windkraft wird indes nach wie vor vom Drehfunkfeuer in Leupolz ausgebremst. Die Rundumschau beinhaltete zudem die Themen Jugend, Kultur und Dorfleben, wobei Wölfle die Jugendpflegerin Tamara Tausend (sie ist parallel für Betzigau zuständig) für ihr großes Engagement lobte.

Ortsentwicklung Börwang

Zum Thema Ortsentwicklung Börwang berichtete Josef Wölfle, die Raiffeisenbank plane mittelfristig auf dem ehemaligen „Rogg-Gelände“ im Dorfkern 25 bis 30 Wohnungen sowie Raum für nicht störendes Gewerbe zu bauen. Auf dem schräg gegenüberliegenden gemeindeeigenen „Dusch-Gelände“ soll voraussichtlich die (laut Feuerwehrbedarfsplan dringend notwendige) Erweiterung des Feuerwehrhauses stattfinden (der Kreisbote berichtete).

Auf einem benachbarten gemeindeeigenen Anwesen sei der vielfach gewünschte „Dorfhock“ und ein Jugendraum denkbar. Noch gibt es keinen abschließenden Beschluss über die Verwendung der Grundstücke.

Planungen zum Lebensmittelmarkt an der Börwanger Steige dauern

Beim geplanten Lebensmittelmarkt an der Börwanger Steige sei man in die Planungen eingestiegen. Diese stagnieren jedoch, da das Gebäude im ersten Entwurf in der Bauverbotszone steht. „Es müsste eigentlich 20 Meter Abstand zur Staatsstraße haben.“ Nun wird mit dem staatlichen Bauamt Kempten geprüft, wie man mit der Thematik umgeht.

Das Thema Lebensmittelmarkt führte erneut zu einer regen Diskussion. Viele Bürger halten den Standort am oberen Ortsausgang für ungeeignet. Der geplante Fenebergmarkt sei überdimensioniert und fußläufig und mit dem Rad kaum zu erreichen, da die Strecke steil und kein Geh- und Radweg entlang der Staatsstraße vorhanden ist. Sie befürchten hohe Erschließungskosten und ein erhöhtes Unfallrisiko aufgrund der schwierigen verkehrstechnischen Anbindung an die viel- und schnellbefahrene Staatsstraße.

Auch der Wunsch nach einem echten, belebten Dorfkern mit verschiedenen Möglichkeiten zum sozialen Miteinander spielt eine Rolle bei der Ablehnung der aktuellen Pläne. Die Interessengemeinschaft (IG) Dorfentwicklung hatte in der Woche zuvor wie berichtet in einer Informationsveranstaltung ein Alternativkonzept vorgestellt. Hierbei wäre ein kleiner dimensionierter Laden mit 800 Quadratmeter Fläche beim Kreisverkehr am unteren Ortsausgang situiert.

Klotz hält Supermarkt an der Steige für nicht geeignet

Der ehemalige Haldenwanger Bürgermeister und Altlandrat Anton Klotz meldete sich „als Bürger der Gemeinde mit Interesse an der Ortsentwicklung“ zu Wort. „Politik ist die Kunst des sinnvoll Machbaren. Der Lebensmittelmarkt oben an der Steige lässt sich machen – aber sinnvoll ist er nicht.“ An der Börwanger Steige bestehe aufgrund der Lage und der problematischen Erschließung „eine extreme Situation“.

„Der Laden wird hier nicht wirtschaftlich zu betreiben sein, das ist völlig illusorisch“, prophezeite er. „Ich bitte die Bürgermeister herzlich, nicht krampfhaft an dem Konzept festzuhalten. Das wird nicht funktionieren, das wird scheitern. Der Laden am Ortsende wäre hingegen als sinnvolle Lösung umsetzbar.“

Wölfle gab zu bedenken: „Die Idee hat einen Haken. Das fragliche Grundstück gehört uns nicht und der Investor, der den Hut in den Ring geworfen hat, will nur ungefähr halb so viel zahlen, wie der Verkäufer haben möchte.“ Die Gemeinde sei darum von der IG gefragt worden, ob sie den Differenzbetrag beisteuern könne.

Uneinigkeit über Kosten und Finanzierung

„Aber wir können doch nicht einem privaten Eigentümer eine halbe Million in den Rachen werfen! Damit schaffen wir einen Präzedenzfall.“ 3. Bürgermeister Michael Hauke bestätigte: „Das wäre Wirtschaftsförderung. Das dürfen wir so gar nicht.“ Josef Fackler von der IG betonte, es sei nie die Rede von einer halben Million gewesen. „Wenn die Forderungen so überzogen wären, wären wir nicht zu euch gekommen. Wir haben nur darum gebeten, das ernsthaft zu prüfen und ihr sagt eine Woche später: ‚Na, des mach’ mer net.’ Da kann ich mich nur wundern.“

„Ein Bauchgefühl“

Ein Redner äußerte sich mit Blick auf Klotz „überrascht und verblüfft“, mit welcher Überzeugung „bestimmte Gemeindemitglieder“ wissen könnten, ob ein Laden wirtschaftlich zu betreiben sei oder nicht. „Wir haben es hier mit einem erfahrenen Unternehmer zu tun. Der weiß, wie man kalkuliert und ob es sich rechnet.“ Feneberg und Edeka hätten regelrecht um den Zuschlag für den Standort gekämpft, erinnerte er. Darauf die Antwort eines Gegners des oberen Standorts: „Das ist mein Bauchgefühl, dass das betriebswirtschaftlich nicht tragbar ist.“

Gemeinderätin Birgit Prestel bat eindringlich, „das neue Konzept nochmal sachlich zu diskutieren und zu prüfen. Es wäre ein Fehler, das von vornherein kompromisslos abzulehnen“. Dem schlossen sich Gemeinderätin Brigitte Schmid-Brunk und Gemeinderat Manfred Gabler an. Sie lobten das Engagement und die konstruktive Arbeit der IG.

Auf den Vorschlag eines Bürgers, den Investor des oberen Standorts zu fragen, ob er nicht stattdessen unten im Ort investieren würde, „da spart er sich die Erschließungskosten“, sagte Wölfle, Feneberg habe hierzu bereits Ablehnung signalisiert. „Die brauchen 1.200 Quadratmeter für die Rentabilität. 800 Quadratmeter kommen nicht infrage.“

Zweierlei Maß?

Gemeinderat Ingo Schubert warf der IG vor, „mit zweierlei Maß“ zu messen. „Oben sollen wir kein Geld ausgeben, aber unten plötzlich schon. Oben würde der Laden angeblich nicht laufen, aber dem Betreiber unten vertraut Ihr – basierend worauf? Was oben nicht geht, soll unten aus magischen Gründen gehen?!“, fragte er kopfschüttelnd.

Zudem sei es „nicht in der Realität verankert, zu behaupten, dass die Leute oben nicht einkaufen würden, weil sie dazu mit dem Auto den Berg hoch fahren müssten.“ Nahezu jeder erledige seine Einkäufe mit dem Auto. Man müsste einen Gemeinderatsbeschluss aufheben, gab er außerdem zu bedenken. „Mit Nebenwirkungen: Wir haben dem Betreiber vor über einem Jahr eine Zusage gegeben. Die Planungen laufen.“

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