In der Überzahl - Hyperdontie: Wenn das Gebiss mehr Zähne als erwartet hat
Ein regelmäßiger Zahnarztbesuch ist für viele eine Routineangelegenheit. Doch was, wenn die Röntgenaufnahme plötzlich mehr Zähne zeigt, als erwartet? Dieses Phänomen, bekannt als Hyperdontie, betrifft einen kleinen Teil der Bevölkerung und kann sowohl ästhetische als auch gesundheitliche Auswirkungen haben.
Was genau ist Hyperdontie?
Hyperdontie, auch bekannt als Zahnüberzahl, ist eine dentale Anomalie, bei der mehr Zähne als die üblichen 20 Milchzähne oder 32 bleibenden Zähne im Mund vorhanden sind. Diese zusätzlichen Zähne können an unterschiedlichen Stellen im Kiefer auftreten, ohne dass eine einheitliche Regel für ihre Erscheinungsform besteht. Sie sind oft zapfenförmig und können in ihrer Größe und Form stark variieren.
Formen der Hyperdontie
Hyperdontie lässt sich nach der Position der überzähligen Zähne kategorisieren:
- Mesiodentes treten in der Zahnreihe zwischen den oberen Schneidezähnen auf. Oft sind sie klein und zapfenförmig, was sie leicht erkennbar macht. Ihr Auftreten kann Lücken zwischen den Frontzähnen verursachen und ästhetisch störend wirken.
- Paramolaren befinden sich zwischen den regulären Backenzähnen. Diese Zähne sind oft schwer zu erkennen, da sie im hinteren Teil des Mundes liegen und häufig im Verborgenen bleiben. Sie können jedoch das Kauen beeinträchtigen, wenn sie Fehlstellungen verursachen.
- Distmolaren oder vierte Molaren wachsen hinter den Weisheitszähnen. Da sie oft tief im Kiefer verborgen liegen, bemerkt man sie selten ohne eine Röntgenaufnahme. Sie sind schwer zu pflegen, was das Risiko von Zahnkrankheiten erhöhen kann.
Ursachen und Häufigkeit
Hyperdontie ist relativ selten und tritt bei ungefähr 1 bis 3 Prozent der Weltbevölkerung auf, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen. Die Herkunft der überzähligen Zähne ist nicht abschließend geklärt. Forscher vermuten jedoch, dass genetische Faktoren eine wesentliche Rolle spielen. Eine überaktive Zahnleiste, die während der embryonalen Entwicklung der Zähne zu übermäßiger Zahnbildung führt, könnte eine mögliche Ursache sein. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Hyperdontie familiär gehäuft auftreten kann, was auf eine genetische Veranlagung hinweist.
Symptome und Auswirkungen
Hyperdontie kann zunächst asymptomatisch verlaufen, das heißt, dass keine direkten Beschwerden auftreten. Viele Menschen entdecken die zusätzlichen Zähne erst bei einer routinemäßigen zahnärztlichen Untersuchung. Treten jedoch Symptome auf, können diese vielfältig sein. Durch die Zahnüberzahl können Engstände im Kiefer entstehen, die die Reinigung der Zähne erschweren und somit das Risiko für Karies und Zahnfleischerkrankungen erhöhen. Auch können die überzähligen Zähne das natürliche Wachstum und die Ausrichtung der übrigen Zähne stören, was zu Fehlstellungen und Beeinträchtigungen beim Kauen führen kann. In einigen Fällen kann Hyperdontie auch ästhetische Probleme verursachen, besonders wenn sichtbare Zähne betroffen sind.
Diagnose und Behandlung
Die Diagnose von Hyperdontie erfolgt in der Regel durch eine zahnärztliche Untersuchung, meist durch Röntgenaufnahmen, die überzählige Zähne sichtbar machen. Abhängig von der Position und den potenziellen Problemen, die die überzähligen Zähne verursachen, gibt es verschiedene Behandlungsansätze.
Behandlungsmöglichkeiten
- Chirurgische Entfernung: Wenn überzählige Zähne funktionale oder ästhetische Probleme verursachen, entscheidet sich der Zahnarzt oft für eine Entfernung. Bei Kindern kann die Entfernung notwendig sein, um die normale Zahnentwicklung nicht zu behindern und spätere Fehlstellungen zu vermeiden.
- Kieferorthopädische Behandlung: In Fällen, in denen die überzähligen Zähne zu Verschiebungen im Gebiss führen, ist eine kieferorthopädische Behandlung mit Zahnspangen oder anderen Apparaturen eine häufige Wahl. Sie hilft, Zähne in die richtige Position zu bringen und dadurch ästhetische und funktionale Probleme zu lösen.
- Regelmäßige Überwachung: Bei asymptomatischer Hyperdontie kann es sinnvoll sein, die Situation zunächst zu beobachten. Regelmäßige zahnärztliche Kontrolluntersuchungen stellen sicher, dass sich keine Probleme entwickeln und dass bei Veränderung frühzeitig eingegriffen werden kann.
Die Entscheidung über die richtige Therapie
Jede Entscheidung zur Behandlung von Hyperdontie sollte individuell getroffen werden und sowohl medizinische als auch ästhetische Überlegungen berücksichtigen. Es ist wichtig, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten mit einem Zahnarzt oder Kieferorthopäden zu besprechen, um die bestmögliche Lösung zu finden. Neben den gesundheitlichen Aspekten berücksichtigen viele Betroffene auch den psychologischen Effekt von Zahnkorrekturen, insbesondere wenn die überzähligen Zähne das Selbstbewusstsein beeinträchtigen.
Über Dr. Dr. Polina Kotlarenko
Dr. Dr. Polina Kotlarenko ist sowohl promovierte Zahnärztin als auch Ärztin der Allgemeinmedizin. An der Medizinischen Universität Wien hat sie sich als Expertin in der Zahnmedizin etabliert, führt wissenschaftliche Arbeiten durch und bildet Studierende sowie Zahnärzte im postgraduellen Master aus. Sie ist Vortragende auf nationalen und internationalen Kongressen, aktiv in wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Generalsekretärin der ÖGZMK Wien. An der Universitätszahnklinik Wien leitet sie die Spezialambulanzen „Smile Design“ und „Bulimie und Erosionen“. Ihre Expertise umfasst digitale Zahnmedizin, restaurative Zahnmedizin, Implantatprothetik und ästhetische Zahnheilkunde. Sie hat zahlreiche Preise bei internationalen Kongressen gewonnen.
Wichtiger Hinweis: Die hier bereitgestellten Informationen dienen nur zu allgemeinen Informationszwecken und ersetzen nicht die professionelle Beratung und Behandlung durch einen Arzt. Bei Verdacht auf ernsthafte gesundheitliche Probleme oder bei anhaltenden Beschwerden sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.