„Habe Lust, weiterzumachen“: Bürgermeister spricht über seinen Schlaganfall, Arbeitspensum und Kommunalwahl
Über eine Stunde nahm sich Bürgermeister Moritz Sappl Zeit, um mit unserer Zeitung über sein Amt und die Gemeinde Eurasburg zu reden. Obwohl er nach einem Schlaganfall eigentlich noch auf Reha war.
Eurasburg - Eigentlich ist er nach seinem Schlaganfall beim Interview-Termin noch auf Reha in Bad Heilbrunn. Trotzdem nimmt sich Moritz Sappl, 52, über eine Stunde Zeit, um am Telefon mit der Heimatzeitung zu reden. Der Eurasburger Rathauschef wirkt ruhig, konzentriert und vor allem gut gelaunt. Beim Fototermin später daheim fällt auf: Neben seinem Esstisch steht ein Heimtrainer, auf dem Sappl dreimal die Woche 30 Minuten lang in die Pedale tritt, wie er sagt. „Der stand aber schon vor meiner Erkrankung da.“
Herr Sappl, Sie hatten am 5. Dezember einen Schlaganfall. Alexander Sebald und Hubert Zwick, 2. und 3. Bürgermeister, haben die Amtsgeschäfte zwischenzeitlich geführt. Woran haben Sie damals gemerkt, dass etwas nicht in Ordnung ist?
Als ich morgens aufgestanden bin, hatte ich mir noch nichts gedacht. Komisch war mir erst, als ich dann die Treppen runtergegangen bin und plötzlich so eine Art schwimmenden, unsicheren Gang hatte. Als wenn man in Moorboden reinsteigt. Ich bin dann direkt zum Hausarzt gefahren. Der Schnelltest war zwar negativ, aber es gab dann noch eine Bildgebung per Computertomografie. Tja, und dann war der Befund „Schlaganfall“ da.
Wie haben Sie die Diagnose aufgenommen?
Das war erstmal ein Schock, klar. Andererseits: Ich sehe ja jetzt auf der Reha bei anderen Patienten, was ein Schlaganfall auch alles anrichten kann. Und da bin ich schon sehr demütig, denn ich habe sehr großes Glück gehabt. Schäden werden keine bleiben. Die Ursache hat man bislang nicht gefunden: Ich rauche nicht, trinke nicht übermäßig viel Alkohol, Sport treibe ich auch. Gut, ich ernähre mich jetzt nicht unbedingt mediterran. Und das Amt des Bürgermeisters kostet mitunter auch viel Kraft. Da kommen weit mehr als 40 Arbeitsstunden pro Woche zusammen. Selbst auf öffentlichen Veranstaltungen kann man privat und dienstlich nicht trennen, denn da werde ich auch immer wieder dienstlich angesprochen. Aber das gehört dazu. Wichtig ist, sich seine eigenen Auszeiten zu schaffen. Das ist bei mir nicht ganz leicht: Ich bin alleinstehend, und da ist niemand, der mich auch mal in meinem Tatendrang bremst.
Nächstes Jahr sind Kommunalwahlen. Treten Sie wieder an?
Ich stelle mich wieder zur Verfügung. Das hatten wir schon vor dem Schlaganfall innerhalb der Gemeinsamen Wählervereinigung besprochen. Die neue Amtsperiode beginnt am 1. Mai 2026. Dann bin ich 54, eine Amtszeit von sechs Jahren. Das passt. Und ich kann mir nicht vorstellen, mit 54 mit dem Arbeiten aufzuhören. Ich habe Lust, weiterzumachen.
Ich kann mir nicht vorstellen, mit 54 mit dem Arbeiten aufzuhören. Ich habe Lust, weiterzumachen.
Was reizt Sie denn an dieser Aufgabe?
Man hat einen hohen Gestaltungsbereich, von der Wiege bis zur Bahre erlebe ich das ganze Leben im kommunalen Bereich. Oder nehmen Sie unser Schulhaus-Projekt – eine 15 Millionen Euro schwere, langfristige Unternehmung. Das ist schon toll, wenn man daran mitwirken kann.
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Gestalten ist ein anderes Wort für Macht.
Nein, das hat mit Macht nicht viel zu tun. Denn letztendlich entscheiden ja 16 Gemeinderäte und gut 4300 Einwohner, die irgendwann auch darüber urteilen, ob ich meine Arbeit gut gemacht habe. Man braucht immer Zustimmungen und Mehrheiten. In meinen zwei Amtsperioden hat das auch funktioniert, es ist ein gutes Miteinander gewesen.
Sie haben lange im Ausland gearbeitet, sprechen Englisch und Portugiesisch. Hat das Ihren Blick auf die Kommunalpolitik geprägt?
Auf jeden Fall. Mitunter merkt man dann erst, in welcher Freiheit wir hier eigentlich leben. Die ist beileibe nicht selbstverständlich. Viele Probleme, die wir hier haben, relativieren sich so mitunter. Andererseits: Wenn jemand in die Bürgersprechstunde kommt, dann kommt er mit seinem Problem, mit dem er persönlich zu kämpfen hat. Das ist für ihn wichtig. Und das muss ich ernst nehmen.
Womit wir bei den Problemen vor Ort wären. In Sachen Finanzen wird es, auch aufgrund rückläufiger Gewerbesteuereinnahmen, in den nächsten Jahren eher schwieriger, um zu gestalten. Gibt es denn Pläne für eine weitere Gewerbeansiedlung?
Da haben wir leider nur begrenzte Möglichkeiten, weil wir zum Beispiel im Naturschutzgebiet liegen. Was in Eurasburg zudem speziell ist: Wir sind autark. Wir haben ein eigenes Klärwerk, eine eigene Wasserversorgung, eine Grundschule, den eigenen Kindergarten. Und wenn die Gemeinde wächst, muss ich auch die Infrastruktur immer wieder anpassen. Das kostet.
Was ist also zu tun?
Allgemein muss erst einmal das Bewusstsein dafür entstehen, dass wir künftig wohl weniger Geld zur Verfügung haben werden. Wir sind ja auch ein wenig verwöhnt: Seit 2007 war Eurasburg durchweg schuldenfrei. Es geht aktuell also jetzt darum, kleinere Schritte zu machen. Kurz: Alles geht nicht. Auch wenn die Wunschlisten natürlich bleiben. Grundsätzlich ist beim Gespräch unter vier Augen da viel Einsicht und Verständnis vorhanden. Trotzdem: Wir haben unsere Verpflichtungen. Das Schulhaus steht da mit 15 Millionen, da müssen wir einen Kredit aufnehmen. Die Sanierung des Klärwerks wird uns gut eine Million Euro kosten, wir brauchen zwei neue Feuerwehrautos, die mit 350 000 Euro zu Buche schlagen. Und für die Sanierung des Sportgeländes werden gerade die Zahlen vorbereitet – alles wichtige Sachen. Da gilt es, Prioritäten zu setzen.