Experte verrät Tipps, um Ihren Eisenhaushalt wieder in Schwung zu bringen

Müde, gereizt, niedergeschlagen – und das über Wochen hinweg? Was oft als Alltagsstress abgetan wird, kann auch eine biochemische Ursache haben: Eisenmangel. Das Spurenelement ist nicht nur für den Sauerstofftransport im Blut entscheidend, sondern auch ein stiller Regisseur im Gehirn – und spielt dort eine überraschend große Rolle für Konzentration, Antrieb und psychische Stabilität.

Prof. Dr. Klaus Günther, Lebensmittelwissenschaftler und Biochemiker, forscht und lehrt an der Universität Bonn zu Mikronährstoffen und innovativer Ernährungsforschung und ist international als Honorarprofessor und Gutachter tätig. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Kleine Mengen, große Wirkung

Eisen ist eines der vielseitigsten Elemente im menschlichen Körper. Rund vier Gramm enthält ein Erwachsener – verteilt auf rote Blutkörperchen, Muskeln, Enzyme und Speichermoleküle. Ohne Eisen läuft kaum ein Stoffwechselprozess reibungslos. 

Besonders im Nervensystem wirkt es wie ein unsichtbarer Taktgeber: Es ist an der Bildung von Myelin beteiligt, der schützenden Hülle der Nervenbahnen, fördert die Kommunikation zwischen Nervenzellen und ist unentbehrlich für die Produktion wichtiger Botenstoffe wie Dopamin und Serotonin – also genau jener Moleküle, die unsere Stimmung und Motivation beeinflussen.

Wenn der Funke fehlt

Ein Mangel an Eisen kann sich in vielen Gesichtern zeigen – von körperlicher Schwäche über Konzentrationsstörungen bis hin zu depressiver Verstimmung. Selbst ein leichter Eisenmangel ohne Blutarmut („Anämie“) kann bereits emotionale Veränderungen hervorrufen. Denn noch bevor der Hämoglobinwert im Blut sinkt, sind oft schon Eisenenzyme im Gehirn heruntergefahren. Fehlt Eisen dort, gerät die Balance der Neurotransmitter durcheinander – das Denken fällt schwer, die Stimmung kippt.

Untersuchungen zeigen, dass Kinder und Jugendliche mit Eisenmangel häufiger unter psychischen Störungen leiden, etwa aus dem autistischen Formenkreis oder ADHS. Auch bei Erwachsenen kann ein Defizit Antriebslosigkeit, Reizbarkeit oder depressive Symptome begünstigen. Das erklärt, warum Eisenmangel und Depression in manchen Fällen miteinander verwechselt werden: Die typischen Beschwerden überschneiden sich.

Warum der Mangel so häufig ist

Etwa ein Viertel der Weltbevölkerung leidet an Eisenmangel – das sind über 1,5 Milliarden Menschen. Besonders betroffen sind Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangere, Vegetarier, Veganer und Leistungssportler. 

Achtung vor der „Eisenfalle“: einer Ernährung, die zwar gesund erscheint, aber kaum eisenreiche Lebensmittel enthält. Auch eine gestörte Aufnahme im Darm oder chronische Entzündungen können die Versorgung verschlechtern.

Wird der Körper langfristig unterversorgt, leiden nicht nur Muskeln und Blut, sondern auch das Gehirn. Stimmungsschwankungen, Nervosität und depressive Tendenzen sind dann biochemische Alarmsignale – sie zeigen, dass die „Eisenmotoren“ der Nervenzellen nicht mehr rund laufen.

Spurenelement mit Doppelseite

Wie bei vielen Spurenelementen gilt auch bei Eisen der „Januskopf“: Zu wenig macht krank, zu viel kann schaden. Eine übermäßige Aufnahme – etwa durch Nahrungsergänzungsmittel – kann oxidativen Stress fördern und Zellen schädigen. 

Die richtige Balance ist entscheidend. Deshalb: Eisenstatus immer ärztlich überprüfen lassen – am besten anhand von Ferritinwert, Transferrinsättigung und Hämoglobin. Nur so lässt sich erkennen, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt.

Natürliche Wege aus der Eisenfalle

Die gute Nachricht: Mit clever gewählten Lebensmitteln lässt sich der Eisenhaushalt meist stabilisieren – ganz ohne Tabletten. So wurde pflanzliches Eisen lange unterschätzt. Neuere Forschungen zeigen, dass Ferritin aus pflanzlichen Quellen gut verwertbar ist. 

Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Nüsse, Samen und grünes Gemüse gehören zu den natürlichen Eisenlieferanten. Kombiniert man sie mit Vitamin-C-reichen Früchten, verbessert sich die Aufnahme zusätzlich. Wer dagegen regelmäßig Schwarztee, Kaffee oder Milch direkt zu den Mahlzeiten trinkt, hemmt die Eisenverwertung.

Fazit: Wenn der Körper ruft – und der Geist antwortet

Eisen ist weit mehr als nur „Sauerstofftransporter im Blut“. Es ist ein biochemisches Scharnier zwischen Körper und Psyche. Fehlt es, fehlt uns Energie – körperlich und seelisch. 

Wer sich ständig erschöpft, unkonzentriert oder niedergeschlagen fühlt, sollte nicht nur auf die Psyche, sondern auch auf seine Blutwerte schauen. Denn manchmal liegt die Ursache einer Depression schlicht in einem Mineralstoff, der tief in der Erdkruste steckt – aber auch in jeder unserer Zellen gebraucht wird.

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  • Klaus Günther

    Bildquelle: Klaus Günther

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