So reagiert der Landkreis Erding auf den Trump-Triumph

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Erding

Kommentare

Wieder US-Präsident: Donald Trump, hier vor einer Woche beim Wahlkampf in Pennsylvania, hat gewonnen. © dpa/Julia Demaree Nikhinson

Es gab alles zwischen Sprachlos und Sarkasmus und den Rat des Chicago-Experten Hofstetter: „Man sollte die Partnerschaft nicht abbrechen“

Erding - Manfred Böhm ist ein Country Gringo. Besser gesagt: Er ist Vorsitzender des gleichnamigen Moosinninger Vereins, der sich mit Line Dance und Country Music dem Western Style verschrieben hat. Gestern aber, am Tag als Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde, blieb Böhm die Spucke weg. „Das Ergebnis macht mich sprachlos. Ich finde es sehr schade, dass die Wahl so ausgegangen ist. Schade für die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA, weil ich glaube, dass die jetzt schwieriger werden“, sagt er – und da ist er nicht der einzige.

Sprachlos vom Ergebnis: Manfred Böhm.
Sprachlos vom Ergebnis: Manfred Böhm. © mas

„Meine Frau ist US-Amerikanerin und ist neben Erding unter anderem in El Paso/Texas aufgewachsen“, erzählt Benedikt Hoigt. „Wir sind mindestens einmal im Jahr in den Staaten“, sagt der Erdinger Stadtrat. Trumps deutlicher Sieg zeige wohl die Unzufriedenheit der Amerikaner mit der aktuellen Regierung. „Für mich persönlich ist es jetzt einfach wichtig, dass Trump das Amt mit Würde ausfüllt und es aber auch geopolitisch eben berechenbar bleibt“, spricht Hoigt „die viele Krisenherde derzeit auf der Welt“ an.

Sarkasmus von Monika Gruber

„Es wird auch spannend, wen er in sein Kabinett beruft. Dass die Skandale, die sich die letzten vier Jahre um Trump gebündelt haben, eben auch die Vorwürfe von vielen Frauen, scheinbar überhaupt keine Rolle gespielt haben aufs Wahlverhalten, finde ich sehr, sehr überraschend“, sagt Hoigt. An der jährlichen Reise in die Staaten werde das nichts ändern.

Kabarettistin Monika Gruber hat über die sozialen Netzwerke einen Post abgesetzt, den sie mit einer Warnung unterschrieben hat, dass dieser „Spuren von Sarkasmus“ enthalten könne. „Jetzt wählen die den Trump zum Präsidenten, obwohl doch der Großteil unserer Qualitätsmedien (...) ausdrücklich vor Trump gewarnt hat, weil doch das ein Frauenfeind ist“, spielt sie die Echauffierte. Bestimmt betreibe er auch Protektionismus. „America first – der will, dass es seinem Land gut geht, was sind das für Politiker? Sowas könnte uns nicht passieren, weil wir erstens andere Politiker haben. Und zweitens natürlich viel intelligenter sind als diese dummen, bornierten, provinziellen, Redneck-Hillbilly-Ami-Trottel.“

Vier Jahre lang die Zähne zusammenbeißen: Das müssen die Amerikaner nach Ansicht von Sybille Zöllner, die von sich selbst überrascht ist, „wie entspannt ich das nehme“. Die Eltern der 58-jährigen Erdingerin leben in Long Island, New York, sie selbst hat die amerikanische Staatsbürgerschaft. Gewählt hat sie nicht, ihre Stimme hätte in dem ohnehin tief demokratischen Bundesstaat keinen Unterschied gemacht.

Wenigstens keine Ausschreitungen

Nach dem Sieg Trumps hat sie weniger Angst um Amerika – „die werden das schon irgendwie durchstehen“. Vielmehr macht sie sich Sorgen wegen der Auswirkungen auf den Krieg in der Ukraine. Und auf Europa: „Vielleicht ist das ein Warnschuss für Europa, denn das muss sich jetzt selbst stärken.“

Etwas Positives versucht sie der Wahl trotzdem abzugewinnen: Bei einem knappen Sieg von Harris wäre es zu Ausschreitungen gekommen, da ist sie sich sicher. „Die Trump-Anhänger waren schon gerüstet, viele von ihnen sind bewaffnet“, so die Erdingerin. „Ich kenne Leute, die gesagt haben, dass sie mobil machen, wenn Harris knapp gewinnt.“ Als Trump-Anhänger am 6. Januar 2021 das Kapitol stürmten, habe sie geweint. „Ich bin froh, dass wir so etwas nun nicht mehr erleben müssen.“

Dass Trump gewonnen hat, führt sie auch auf seine charismatische Ausstrahlung zurück: Er sei ein guter Verkäufer, aber eben auch ein Gauner. Trotz ihrer Enttäuschung wünscht sie Trump eine erfolgreiche Präsidentschaft – für Amerika. Denn: „In vier Jahren ist er weg, aber dann muss es für Amerika auch weitergehen“. Dem Trump-Wahnsinn in den Medien, den sie befürchtet, will sie sich entziehen und „in den nächsten vier Jahren nicht mehr so oft die Nachrichten anschauen“.

Marta Schreiber kam aus der Ukraine nach Erding, wo sie heuer eingebürgert wurde und seit Jahren Flüchtlinge unterstützt. Nach Trumps Wahl fragt sie sich: „Wie wird es mit den Hilfen für die Ukraine weitergehen? Sollten die Waffenlieferungen gekürzt werden, dann rückt die russische Armee weiter vor. Was bleibt von diesem schönen Land noch übrig?“

Die Ukraine sei die Getreidekammer Europas. „Sollten die Felder durch die Kämpfe verloren gehen, verstärkt sich die Hungersnot in vielen Ländern.“ Am liebsten wäre es ihr aber ohnehin, „dass wieder Frieden einkehrt, dann braucht man nicht mehr über Waffenlieferungen zu diskutieren“.

Zölle und Ukraine stehen im Fokus

Einen Draht in die USA hat stellvertretender Landrat Franz Hofstetter noch aus seinen Zeiten als Taufkirchener Bürgermeister. Vor 25 Jahren hatte er den Start der Partnerschaft seiner Gemeinde mit West Chicago begleitet. Die Freundschaften pflege man bis heute. Unter diesen Freunden seien sowohl Demokraten als auch Republikaner. Hofstetter hat beobachtet: „Dieses ‚America first‘ ist zwar ein Satz von Trump. Er ist aber auch in den Menschen so verankert.“

Betont die Partnerschaft: Franz Hofstetter.
Betont die Partnerschaft: Franz Hofstetter. © mel

Es gebe durchaus Gründe, warum Trump gewonnen habe. „Die wirtschaftliche Entwicklung ist den Menschen unwahrscheinlich wichtig“, so Hofstetter. Jetzt gelte es, als Demokraten das Wahlergebnis zu respektieren, „auch wenn wir Europäer zunächst auf der Seite der Demokraten stehen“.

Auch was den Landkreis Erding angeht, sagt Hofstetter: „Wir sollten keine Angst haben, die Partnerschaft nicht abbrechen.“ Das werde auch ein Trump nicht tun. Wenn er allerdings die Ukraine nicht mehr unterstütze, „werden wir wirtschaftlich gefordert sein“, so Hofstetter – ebenso, was die Zölle anbelange.

Auch interessant

Kommentare