Kaufhaus ist doch kein Kunstobjekt
Dorfen - Der Kabarettist Alfred Mittermeier wirft einmal im Monat einen satirischen Blick auf das Stadtgeschehen in Dorfen.
Bauträger haben es in Dorfen nicht leicht. Die einen wollen bauen, dürfen aber nicht. Die anderen dürfen bauen, wollen aber nicht. Die Auswirkungen sind jeweils die gleichen. Es geht nix voran.
Während auf dem Meindl-Areal die Behörden am Zug sind, ist beim Schmedererhaus am Wesnertor der Zug bis auf weiteres abgefahren. Der dortige Bau ist seit Monaten komplett eingerüstet und zugehängt. Er ruht still und starr vor sich hin wie das Überlaufbecken bei Windstille.
Um etwaigen Gerüchten entgegenzutreten: Es handelt sich hier nicht um ein Kulturprojekt. Das Schmedererhaus ist nicht Dorfens Antwort auf den verhüllten Reichstag von Christo.
Der verantwortliche Bauträger hat sich höhere Ziele gesetzt. Er ist – laut eigener Aussage – damit beschäftigt, Weltfirmen in Dorfen anzusiedeln und Bevölkerung aus aller Welt in Inning am Holz. Die Dorfener rufen laut „Hurra!“ angesichts der Ewigkeitsbaustelle mitten in der Stadt. Die Inninger sind von der ungerechten Asylbewerber-Verteilung so begeistert wie Monika Gruber von einer Ehrenmitgliedschaft bei den Grünen.
Dabei wäre es so einfach gewesen in der Innenstadt: Bauträger kauft altes Kaufhaus am Kirchtorplatz, reißt es ab und baut es optisch 1:1 mit der dringend benötigten Durchgangspassage wieder hin. Doch plötzlich steht das Denkmalamt vor der Tür und haucht ihm den Begriff „Ensembleschutz“ ins Ohr. In diesem Moment wird es auch dem Laien bewusst, dass dieses einfache Konzept nicht vollständig zu Ende gedacht war.
Denn auch in Dorfen gilt die Regelung: Wer vor dem Notartermin mit dem Denkmalamt spricht, erfährt vorher, was alles geht. Wer nach dem Notartermin mit dem Denkmalamt sprechen muss, bekommt mitgeteilt, was alles nicht geht.
Es wird zwar immer ein Geheimnis der verantwortlichen Beamten bleiben, was genau an diesem Bau trotz Ensembleschutz schützenswert ist. Würde man eine Umfrage machen, welches Haus in der Innenstadt weg kann, dann wäre dieses Gebäude der Topfavorit.
Kurzfristig passiert erst mal gar nix. Mittelfristig auch nicht. Wenn langfristig nix passiert, besteht irgendwann die Gefahr, dass das Gebäude in sich zusammenkracht. Dann werden die Beamten das Gerüst unter Denkmalschutz stellen. Es sind Denkmal-Beamte und nicht Denk-mal-nach-Beamte. Deren höheres Ziel ist die eigene Daseinsberechtigung.
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Der Dorfener Stadtrat hat sich ebenfalls ein höheres Ziel gesetzt. Das Gremium hat eine Resolution für ein Tempolimit auf Bundesautobahnen beschlossen und gestartet. Das ist insofern bemerkenswert, wenn man es gleichzeitig nicht schafft, einen Zebrastreifen zwischen Ausgang Stadtpark und Bäckerei Brugger für die Sicherheit der Schulkinder durchzusetzen.
In diesem Fall ist der Bremser nicht der Denkmalschutz. Eine von der Bahn finanzierte Entlastungsstraße entlang der Gleise wurde vom selben Tempolimit-Stadtrat mehrheitlich abgelehnt. Nach Fertigstellung dieser Straße wären sämtliche innerstädtische Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und Sicherheit sofort möglich. Mit dieser grotesken Ablehnung hat sich der Stadtrat selbst ein Denkmal gesetzt.