Schwache deutsche Wirtschaft: „Viele Unternehmen suchen ihr Glück im Ausland“
Die deutsche Wirtschaft kommt nicht aus der Krise. Gleichzeitig nähert sich der Dax immer mehr dem Rekord. Liegt das daran, dass immer mehr deutsche Firmen ins Ausland investieren?
Wiesbaden – Gesunkene Investitionen, Krise am Bau und sparsame Verbraucher – es sieht nicht gut aus: Der deutschen Wirtschaft droht nach einem leichten Schrumpfen im Frühjahr der Rückfall in die Rezession. Im zweiten Quartal sank das Bruttoinlandsprodukt gemessen am Vorquartal um 0,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt diese Woche mitteilte. Damit bestätigte sich eine erste Schätzung von Ende Juli. Mit dem Minus schnitt Deutschland schlechter ab als viele andere europäische Länder. Ökonomen erwarten vorerst wenig Besserung.
Deutsche Wirtschaft hat sich wieder abgekühlt
Einer der Gründe für die schrumpfende Wirtschaft im zweiten Quartal waren den Statistikern zufolge mangelnde Investitionen in Ausrüstungen – also vor allem in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge. Sie sanken um 4,1 Prozent zum Vorquartal und damit noch deutlicher als die Investitionen in Bauten (minus 2,0 Prozent).
„Nach dem leichten Anstieg im Vorquartal hat sich die deutsche Wirtschaft im Frühjahr wieder abgekühlt“, sagte die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand. Im ersten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent zum Vorquartal gestiegen. Auch vom Außenhandel fehlen Impulse: Exportiert wurden im Frühjahr 0,2 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen als im ersten Vierteljahr. Das trifft die deutsche Industrie.
„Viele deutsche Unternehmen suchen ihr Glück im Ausland, nicht mehr in Deutschland“
Da wirkt es auf den ersten Blick überraschend, dass sich der Dax nach dem Kurseinbruch zu Monatsbeginn nun erholt hat und immer weiter zulegt. Der deutsche Leitindex stieg am Dienstag (27. August) ein Stück Richtung Rekord – und zwar um 0,35 Prozent auf 18.681,81 Punkte und erreichte damit das höchste Niveau seit Mitte Juli. Dann hat der Dax auch im frühen Handel am Mittwoch (28. August) leicht zugelegt.
Der Kapitalmarktanalyst Robert Halver von der Baader Bank AG erklärt dazu im Gespräch mit der Welt: „Wir sind im Dax nicht mehr weit vom Allzeithoch entfernt, weil viele deutsche Unternehmen ihr Glück im Ausland suchen, nicht mehr in Deutschland.“ Die Dax-Konzerne würden 80 Prozent ihrer Umsätze nicht mehr in Deutschland generieren, so Halver. „Sie gehen da hin, wo man noch was verdient.“ Es gebe Länder, in denen man „Probleme anpacken und lösen möchte“ und da gehe die deutsche Industrie hin, auch die mittelständische Industrie. Der Experte geht weiter von einer positiven Entwicklung des Dax aus.
Deutschland droht eine Rezession
Denn abseits des Dax sieht es in Deutschland wirtschaftlich gerade nicht rosig aus: Mit dem Minus im zweiten Quartal droht hierzulande erneut eine Rezession. Schrumpft das Bruttoinlandsprodukt in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen, sprechen Ökonomen von einer technischen Rezession. Schon 2023 war die Wirtschaftsleistung leicht zurückgegangen. Zuletzt hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft noch verschlechtert: Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel im August das dritte Mal in Folge.
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Die Bundesbank rechnet damit, dass sich die Konjunkturbelebung hinauszögert. Sie erwartet eine Konjunkturflaute, aber keinen breiten und länger anhaltenden Rückgang der Wirtschaft. Im Juni hatte die Bundesbank für dieses Jahr ein Wachstum von 0,3 Prozent prognostiziert.
Ampel-Koalition uneinig – Lindner: „Deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle“
„Die aktuellen Zahlen zeigen, dass die deutsche Wirtschaft auf der Stelle tritt“, kommentierte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Das zeige, wie nötig die Wachstumsinitiative der Bundesregierung sei. Die Ampel-Koalition hat sich 49 Maßnahmen vorgenommen, um die Wirtschaft anzukurbeln – umgesetzt ist davon aber bisher kaum etwas.
Das liegt auch an den unterschiedlichen Vorstellungen der Koalitionspartner, wie das Wachstum angekurbelt werden soll. Anders als Lindner und die FDP wollen nämlich SPD und Grüne alle Möglichkeiten für neue Kredite im Etat für 2025 nutzen und zum Beispiel wegen des Ukraine-Kriegs eine Notlage erklären. SPD und Grüne setzen auf eine Reform der Schuldenbremse nach der nächsten Bundestagswahl. Lindner hält dagegen an der jetzigen Schuldenbremse fest. Mit Material der dpa