Neue Mirage-Kampfjets für die Ukraine im Krieg gegen Putin – doch es gibt Zweifel an Wirksamkeit
Die ersten Mirage-Kampfjets sind in der Ukraine angekommen. Nur wenige Maschinen, aber die ersehnte Hilfe. Sie soll Sicherheit bringen – aber wie?
Kiew – „Der ukrainische Himmel wird sicherer!“, sagte Rustem Umerow. Der ukrainische Verteidigungsminister begrüßte in einem Post auf Facebook die Ankunft der Mirage-2000-5F-Kampfjets aus Frankreich als sehnlichst erwartete Verstärkung. Weniger als ein Jahr nach Ankündigung der Übergabe sei nun der erste Deltaflügel-Jet französischer Produktion in der Ukraine eingetroffen, berichtet auch das Magazin The War Zone (TWZ). Wladimir Putins Invasionstruppen sehen sich jetzt einem neuen starken Gegner gegenüber. Am interessantesten seien vielleicht die neuen Luft-Boden-Fähigkeit der Mirage, vermutet TWZ-Autor Thomas Newdick.
Nach den bereits längst im Dienst stehenden F-16-Kampfjets aus Nato-Geberländern wird der noch aus Zeiten Sowjetrusslands bestehenden Luftwaffe der Ukraine der zweite Fremdflieger an die Seite gestellt. Die Begeisterungsstürme jedoch klingen verhaltener, nachdem die F-16 kaum versprochen hat, was sich die Ukraine erhofft hatte. Abhängen werden die Leistungen des Jets neben den neu an dem Flieger ausgebildeten ukrainischen Piloten vor allem von den Waffen. TWZ-Autor Thomas Newdick wagt lediglich, Vermutungen anzustellen, welche Waffen kommen könnten. Bis zum 20. Januar sollten wahrscheinlich die ersten drei Maschinen den Besitzer gewechselt haben. Letztlich würden rund zehn Flugzeuge dieses Typs ukrainische Markierungen tragen, schreibt das französische Flieger-Magazin Avions Legendaires.
„Keines der beiden Flugzeuge wird der Ukraine in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt, um die Luftkampffähigkeiten zu gewährleisten, die die Ukraine in dieser Phase ihres Krieges mit Russland braucht.“
„Man kann viele schnelle Jets haben, aber wenn diese nicht über wirksame Waffen verfügen und die Besatzungen nicht in der Lage sind, sie mit wirksamen Taktiken einzusetzen, werden sie einfach in großer Zahl abgeschossen“, sagt Justin Bronk. Wie viele andere bezweifelte auch der Analyst des Royal United Services Institute (RUSI) von Anfang an die schnelle Wirksamkeit der westlichen Kampfjets im Ukraine-Krieg, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete; und was sich als richtig erwiesen hat.
Mirage-Waffen: Als Alternative oder Ergänzung zur SCALP die raketengestützte Präzisionsbombe Hammer
Was TWZ als erste Option anbietet, sei der Marschflugkörper SCALP-EG („Système de Croisière Autonome à Longue Portée – Emploi Général“ – English: „Long Range Autonomous Cruise Missile System – General Purpose“), der in andere Mirage 2000-Versionen integriert wurde und bereits von ukrainischen Su-24 Fencer-Kampfflugzeugen eingesetzt würde, wie Newdick schreibt. Als Alternative oder Ergänzung sieht er die raketengestützte Präzisionsbombe Hammer. Zwar sei die noch nie an einer Mirage gesichtet worden, allerdings würde sie bereits in der Ukraine eingesetzt. Fraglich ist, ob die Hammer zuvor bereits an der Mirage 2000 getestet wurde, aber die in Frankreich hergestellte Waffe wird auch in der Ukraine eingesetzt. Frankreich hat versprochen, erhebliche Mengen davon zu liefern, zunächst für den Einsatz in Kampfflugzeugen aus der Sowjetzeit.
Anfang vergangenen Jahres hatte Frankreich angekündigt, pro Monat 50 Stück liefern zu wollen, insgesamt 600 bis zum Jahresende 2024. AASM HAMMER ist die französisch-englische Abkürzung für („Armement Air-Sol Modulaire“ – Englisch: „Highly Agile Modular Munition Extended Range“). Wie das Magazin futurezone erklärt, steckt hinter Hammer ein Tuning-Kit, um normal frei fallende Bomben in Bewegung zu setzen: „Bei Hammer wird die Bombe aber nicht nur mit einem Zielsuchkopf und Leitwerk ausgestattet, sondern auch mit einem Raketenantrieb. Die Bombe wird somit zu einem Marschflugkörper. Hammer ist für mehrere Bombengrößen verfügbar. An die Ukraine wird vorerst wohl nur die Standardversion mit einer 250 Kilogramm schweren Bombe geliefert.“
Putins neuer Gegner: Viele glauben, dass die Maschinen eher zur Luftabwehr eingesetzt würde
Das Magazin futurezone stellt ebenfalls die Frage der Trägersysteme – Frankreich nutzt für diese Waffe eher ihren neuen Standard-Flieger Dassault Rafale – die von Frankreich zugesagten Mirage-Jets könnten diesen Waffentyp wohl ohne Modifikationen nicht tragen; ob die Flieger modifiziert werden, bleibt offen. Die AASM bietet auch entwickelte Versionen, die sollen laut der Kiew Post 125, 500 und sogar 1.000-Kilogramm tragen können. Die Herstellerfirma Safran behauptet demzufolge, die Waffe würde den „taktischen Gamechanger“ darstellen und hätte eine Erfolgsquote von 99 Prozent.
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Die Maschine soll insgesamt etwas mehr als sechs Tonnen Waffenlast aufnehmen können. Insgesamt verfügt die Mirage über neun Waffenaufnahmen – zwei unter jeder Tragfläche und fünf unter dem Rumpf. Zwei äußere Plätze belegen die Zusatztanks. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) vermutet, dass die Maschinen eher zur Luftabwehr eingesetzt würde, dann wäre die Bewaffnung eine andere. Eine typische Luftpatrouillen-Konfiguration umfasse zwei externe 2.000-Liter-Treibstofftanks und sechs Luft-Luft-Raketen, schreibt der Defense Express.
Das Magazin führt als Luft-Luft-Bewaffnung vor allem die MICA-Raketen (“Missile d‘Interception, de Combat et d‘Auto-défense“ – Englisch, frei übersetzt: „Interception Missile – Combat and Self-protection Missile“) auf sowie Super 530D-und R550 Magic 2-Raketen. Die MICA seien mit 80 Kilometern die reichweitenstärkste Bewaffnung für den Luftkampf; die Super 530D fliegen 40 und die R550 Magic 2-Raketen bis zu 20 Kilometer weit. Allerdings berichtet TWZ, dass die Ukraine noch keine MICA-Raketen bekommen hätte, obwohl das die Standard-Bewaffnung der Maschine sei.
Neuer Streit: Experte erachtet Mirage für die Luftverteidigung als besser geeignet als die F-16
Peter Layton erachtet die Mirage für die Luftverteidigung als besser geeignet als die F-16, wie er dem US-Sender CNN gegenüber geäußert hat. Nach Meinung des ehemaligen Offiziers der Royal Australian Air Force könnte die F-16 dann andere Aufgaben lösen. Layton begründet seine Ansicht damit, dass die Mirage schneller in der Luft sei als die F-16 und damit besser geeignet, Marschflugkörper und beispielsweise Shahed-Drohnen zu neutralisieren.
Über die Eskalationsstufe der Einsätze scheint keine klare Regelung getroffen worden zu sein, berichtet die F.A.Z.. Das Magazin Politico hatte Ende November geschrieben, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die USA beglückwünschte, dass der demokratische Ex-Präsident Joe Biden die Zügel gegenüber der Ukraine gelockert und die Aufhebung der Beschränkungen für ukrainische Raketeneinsätze beschlossen hätte. Macron hielt das für eine „gute Entscheidung“, so Politico. Ohnehin gab sich Frankreichs Präsident von jeher als der Nato-Hardliner und kritisierte die Zurückhaltung der USA, da sich Moskau mit eigenen Langstrecken-Fähigkeiten fast gefahrlos hinter der eigenen Grenze in Stellung bringen konnte.
Putins Antwort: Russen gezwungen ihren Top-Kampfjet aufzubieten: die SU-57
Das Magazin Army Recognition hatte Mitte vergangenen Jahres gemutmaßt, dass selbst wenige geübte Piloten aufgrund der Qualitäten der Maschine die Russen dazu zwingen sollten, ihren Top-Kampfjet aufzubieten: die Su-57. Damit könnten die Russen gegenüber der Mirage 2000 die Luftüberlegenheit behaupten, allein aufgrund der Tarnkappen-Fähigkeiten der russischen Maschine sowie ihrer Manövrierfähigkeit. Obwohl Russland nur über wenige Exemplare verfügt und kaum einen Verlust wird riskieren können. Laut dem offiziellen Index der globalen Luftstreitkräfte verfügt Russland aktuell über 14 Maschinen des Typs Su-57.
TWZ-Autor Newdick spielt darauf an, dass mit der ersten Charge der Weg geebnet wäre für nachfolgende Maschinen. Griechenland hat welche im Bestand, Taiwan oder die Vereinigten Arabischen Emirate – insgesamt acht Länder sollen die Maschine fliegen. Nachschub wäre also gesichert, obwohl die Ukraine eigentlich von der F-35 träumt, auf die F-16 geschielt hat, und die eigentlich auch wieder die Dassault Rafael favorisiert hatte und sich jetzt mit der Mirage 2000 begnügen muss, obwohl sie dann doch viel lieber die Saab Gripen der Schweden fliegen wollte.
Cedric Leighton geht davon aus, dass, laut Schätzungen, die Ukraine insgesamt 95 F-16 und bis zu 24 Mirages-Kampfjets erhalten werde, wie der Militäranalyst gegenüber CNN geäußert hat. „Keines der beiden Flugzeuge wird der Ukraine in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt, um die Luftkampffähigkeiten zu gewährleisten, die die Ukraine in dieser Phase ihres Krieges mit Russland braucht.“ Leighton kritisiert, idealerweise sollte die ukrainische Luftwaffe mindestens 200 Maschinen erhalten.
Mit Rückgriff auf den RUSI-Analysten Justin Bronk hat Jake Epstein für den Business Insider geschrieben, dass die Wahl der Mittel wahrscheinlich ziemlich egal sein wird: „Die Mirage 2000-5 ist wie ihr F-16-Gegenstück ein guter Kampfjet der vierten Generation, der die ukrainische Flotte alternder Kampfflugzeuge aus der Sowjetära um einige zusätzliche Fähigkeiten erweitern wird. Doch angesichts der aktuellen Bedingungen auf dem Gefechtsfeld ist keines der beiden Flugzeuge unbedingt die beste Wahl für Kiew.“