"Bastarufe oder Rote Linien sind nicht angemessen“, sagt Jens Spahn und verweist auf die Verfassung: Der Gesetzgeber sitze im Deutschen Bundestag. Mit dieser Kritik zielt er unverhohlen auf den SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil, der vor Tagen noch sagte, dass am geplanten Rentenpaket nichts mehr geändert werde und damit basta.
Die Uhr zum Renten-Showdown tickt
Ruft man dieser Tage in Abgeordnetenbüros und in Landesverbänden der CDU und ihrer Jugendorganisation an, spürt man: Die Uhr tickt. Läutet die Weigerung von 18 jungen Bundestagsabgeordneten, für das Rentenpaket zu stimmen, das Ende der Koalition ein?
Am Donnerstag droht ein Showdown im Koalitionsausschuss. Seit Wochen wissen die Beteiligten von der drohenden Gefahr, und trotzdem rasen zwei Züge frontal aufeinander zu. Da ist die SPD, die meint, im Koalitionsvertrag vereinbart zu haben, dass das Rentenniveau auch nach 2031 noch bei 48 Prozent liegen wird.
Und da ist die Union, die die Rente grundsätzlich reformieren will und ausnahmsweise den 48 Prozent bis 2031 zugestimmt hat. So heißt es im Koalitionsvertrag: "Deshalb werden wir das Rentenniveau bei 48 Prozent gesetzlich bis zum Jahr 2031 absichern.“
Der Doktor-Seltsam-Satz hat es in sich
Im Rentenentwurf der SPD-Vorsitzenden und Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas steht hingegen ein Doktor-Seltsam-Satz: "Auch nach 2031 liegt das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht.“ Die Junge Union liest darin eine heimtückisch versteckte Verlängerung der 48 Prozent nach 2031.
Der Vorsitzende der JU in NRW, Kevin Gniosdorz, kritisiert gegenüber FOCUS online die Unionsführung: "Die Parteiführung müsste erklären, warum der jetzige Kabinettsentwurf dem Koalitionsvertrag entspricht. Das konnte bislang aber niemand plausibel erklären.“ Es sei kaum nachvollziehbar, eine Festschreibung auf 48 Prozent für nach 2031 zu treffen: "Dann braucht es für diese wichtige Frage keine Kommission mehr.“
JU-Politiker: "Von der Lösung trennt uns nur ein Satz“
Gniosdorz war es auch, der beim Deutschlandtag der Jungen Union den anwesenden Friedrich Merz öffentlich daran erinnert hatte, dass er seine Kanzlerschaft auch der JU-Anhängerschaft zu verdanken habe.
"Wir sind eigentlich nur einen Satz von der Lösung entfernt“, sagt Gniosdorz und meint damit den Satz aus dem Kabinettsentwurf. Wenn der entfalle, sei der Weg zur Zustimmung frei, denkt er.
Wie aber kam dieser Satz, der nicht unbedingt vom Koalitionsvertrag gedeckt ist, überhaupt in den Gesetzentwurf? Abgeordnete, die nicht namentlich zitiert werden möchten, geben gegenüber FOCUS online unverhohlen zu Protokoll, dass der Union bei diesen Formulierungen "etwas durchgerutscht sei.“
War der Rentendeal ein Handshake von Merz und Klingbeil?
Ebenso wird in der Fraktion kolportiert, Friedrich Merz und Lars Klingbeil hätten den Deal über die 48 Prozent höchstpersönlich gewissermaßen als Handshake-Vertrag vereinbart. Das würde die Vehemenz erklären, mit der Merz die jungen Kritiker angeht.
Nach FOCUS online-Informationen soll die Kompromiss-Suche bizarre Vorschläge hervorgebracht haben: So sei überlegt worden, den Steuerzuschuss, der ab 2031 im Falle von 48 Prozent nochmals anwachsen würde, mit einer Kappung zu versehen – was bei einer Garantieleistung wie der Rente juristisch gar nicht machbar ist.
Faktisch gibt es also zwischen den beiden Zielen von Union und SPD keinen Kompromiss: Entweder gelten die 48 Prozent auch nach 2031 als festgeschriebener Maßstab oder eben nicht.
Jens Spahn wiederum redete zwar gestern Abend zum ersten Mal offen gegen das "Basta!" Klingbeils. In der Sache allerdings bleibt er hart. Als Kompromiss soll die JU jetzt mit der bald schon eingesetzten Rentenkommission gelockt werden, in der ihr ein Platz gewährt werden könnte.
Und es könnte parallel zur Abstimmung über das Rentenpaket ein Entschließungsantrag im Bundestag beschlossen werden, wonach tiefgreifende Reformen – also das Rentenpaket II - bereits 2026 beschlossen werden sollen – auch im Sinne der Nachhaltigkeit wie sie die JU einfordert. Die Frage ist aber, ob die SPD da mitzieht.
Showdown innerhalb der Union am Mittwoch
Es kommt offenbar auch innerhalb der Union zu einem Showdown: Laut "Politico" soll es am morgigen Mittwoch nach der Generaldebatte im Bundestag einen Termin der "Jungen Gruppe“ mit Jens Spahn und Thorsten Frei geben. Für den Austausch sei eine Stunde vorgesehen.
Dabei könnte es um das sogenannte Rentenpaket II gehen, von dem Jens Spahn spricht. Die großen Kompromisslinien zeichnen sich hier bereits ab: So hat Bärbel Bas bereits erklärt, sich ein höheres Renteneintrittsalter vorstellen zu können.