Junge Union lässt Merz beim Deutschlandtag auflaufen

Friedrich Merz gibt den Renten-Rebellen in der CDU nicht nach. Er werde „mit gutem Gewissen“ für das Rentenpaket stimmen, kündigte er auf dem Deutschlandtag der Jungen Union an. Die 18 „Aufständischen“ können ohne Gesichtsverlust nicht mehr von ihrem Nein abrücken.

Merz zwischen Klartext und Ausweichen: Beim Rententhema verliert er die Junge Union

Friedrich Merz gibt gern den Klartext-Politiker: entschlossenes Auftreten, klare Ansagen, unbequeme Thesen. Beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU) trat am Samstag im Freizeitpark Rust dagegen ein anderer Merz auf: der Ausweich-Kanzler.

Natürlich fehlte es in der Merz-Rede nicht an starken Worten zur notwendigen Wirtschaftswende, zur Abgrenzung gegenüber der AfD oder zu Europa. Da wusste er den CDU-Nachwuchs hinter sich. Beim hoch umstrittenen Rententhema drückte sich Merz dagegen um klare Aussagen. Bezeichnend, dass seine Antworten vom CDU-Nachwuchs mit eisigem Schweigen quittiert wurden.

Die Junge Gruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion – 18 Abgeordnete unter 35 – hat angekündigt, dem vom Kabinett bereits beschlossenen Rentenpaket nicht zuzustimmen. Merz hat mit seinen Wachsweich-Äußerungen diesen 18 Parlamentarier keinen Grund geliefert, von ihrem Nein abzuweichen. 

Der Streitpunkt: Laut Koalitionsvertrag soll das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent bleiben. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hat in ihrem Gesetzesentwurf diese Haltelinie bis zum Jahr 2040 verlängert. Mehrkosten: fast 120 Milliarden Euro.

Merz kontert den Aufstand – doch die JU bleibt unbeeindruckt

Pascal Redding, der Vorsitzende der Jungen Gruppe, hatte noch vor dem Merz-Auftritt unter dem Jubel der 700 Delegierten verkündet, „dieses Rentenpaket ist nicht zustimmungsfähig und wird von uns auch keine Zustimmung bekommen.“ 

Der Kanzler lieferte weder in seiner 45-minütigen Rede noch in der halbstündigen Diskussionsrunde Argumente, die die Renten-Rebellen umstimmen könnten. Im Gegenteil: Er kündigt sogar an, „wir werden dem Paket zustimmen“, weil das Rentensystem nur zusammen mit der SPD geändert werden könne. 

Merz räumte ein, dass die 48 Prozent im Koalitionsvertrag nur bis 2031 festgeschrieben seien „und darüber hinaus nicht“. Doch der Gesetzesentwurf geht über 2031 hinaus. Merz will aber offenbar jeden Streit mit dem Koalitionspartner SPD vermeiden, fürchtet eine öffentliche Diskussion über eine Absenkung des Rentenniveaus. 

Sollte es bei der im Koalitionsvertrag vereinbarten Regelungen bleiben, ginge das Rentenniveau nach 2031 von 48 auf 47 Prozent zurück. Merz hielt dem Parteinachwuchs aufbracht vor, es solle doch niemand ernsthaft glauben, einen Unterbietungswettbewerb beim Rentenniveau gewinnen zu können. „Damit, liebe Freundinnen und Freunde, gewinnen wir keine Wahlen.“

Das Rentenniveau ist eine rechnerische Größe. Demnach erhält ein Rentner, der 45 Jahre lang ein Durchschnittsgehalt bezogen hat, eine Bruttorente in Höhe von 48 Prozent des aktuellen Durchschnittslohns. Dieser Maßstab soll, so Merz, nach einer Rentenreform nicht mehr gelten. 

Eisiges Schweigen: Merz spürt den Stimmungsumschwung

Merz sprach von einer neuen „Kenngröße“, die sich auf die gesetzliche Rente, die Betriebsrente sowie die Bezüge aus privater Vorsorge bezieht. Ob jedoch die SPD zustimmt, auch Betriebsrenten und private Vorsorge beim Rentenniveau mitzuberücksichtigen, erscheint sehr fraglich. Dann hätten die Ruheständler, die allen auf die staatliche Rente angewiesen sind, das Nachsehen. 

Die Junge Union ist nicht zu vergleichen mit den Jungsozialisten. Da wird Merz nicht geduzt, sondern mit „Herr Bundeskanzler“ angesprochen. Da wird auch nicht krakeelt oder persönlich attackiert. Merz wird dennoch gespürt haben, dass die Junge Union mit ihm mehr als unzufrieden ist. Ausgerechnet die Gruppierung, ohne deren Hilfe er weder Parteivorsitzender noch Kanzlerkandidat geworden wäre.  Merz sagte in seiner Rede, die Union habe auch deshalb die Bundestagswahl gewonnen, „weil die Junge Union hinter mir stand.“

Beim JU-Deutschlandtag vor einem Jahr war der Kanzlerkandidat Merz noch umjubelt worden. Jetzt gab es, als er zu „High Hopes“ in die Halle einzog, nur höflichen Applaus. Beifall gab es für Redepassagen zur Migration oder zur Notwendigkeit einer Wirtschaftswende. Seine Antworten zur Rentenpolitik stießen auf eisiges Schweigen.

Vor dem Merz-Auftritt hatte Pascal Reddig betont, auf die Junge Union müsse Verlass sein: „Wir bleiben in dieser Frage stehen.“ Fall die Renten-Rebellen hart bleiben, wäre die Koalition mit ihrer knappen 12 Stimmen-Mehrheit am Ende. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat parallel zum Merz-Auftritt auf dem Landessparteitag der SPD-Baden-Württemberg klargemacht: „An diesem Gesetz wird nichts mehr geändert.“