"Westextremisten" gegen "Russenstusser": Jetzt eskaliert Machtkampf in der AfD

Seit Tagen brodelt es in der AfD – ausgelöst durch eine Frage, die die Partei schon seit einiger Zeit beschäftigt: Wie eng soll das Verhältnis zu Russland sein? Den jüngsten Auslöser lieferte ein geplanter Besuch mehrerer AfD-Abgeordneter in Moskau. 

Weidel gegen Chrupalla: Interner Machtkampf eskaliert

Während Co-Parteichefin Alice Weidel die Reise ungewöhnlich scharf kritisierte und die „Sinnhaftigkeit“ infrage stellte, verteidigte Tino Chrupalla am selben Tag bei Markus Lanz sowohl die Delegation als auch den Kreml. „Mir hat er ja nichts getan“, sagte der Co-Vorsitzende über Wladimir Putin – ein Satz, der selbst in der eigenen Fraktion Irritationen auslöste.

Wie derbe die Diskussion zwischen den beiden Flügeln geführt wird, berichtet nun der „Spiegel“. So sollen in Fraktionssitzungen Begriffe wie „offene Kriegserklärung“ gefallen sein, nachdem Weidel die Russlandreise kritisiert hatte. 

Abgeordnete aus ihrem Umfeld sprechen von einer überfälligen Grenzziehung – aus Chrupallas Umfeld wiederum heißt es, Weidel falle „den Kollegen in den Rücken“. Auf X und in internen Chats beschimpfen sich die Lager demnach offen: Die eher westdeutsch geprägten Weidel-Anhänger werden als „Westextremisten“ tituliert, während Kritiker der Russlandnähe als „Russenstusser“ verspottet werden.

Laut "Spiegel" vermuten einige zudem eine „späte Rache“ in den Aussagen Weidels: Sie habe verärgert darauf reagiert, dass Chrupalla im innerparteilichen Streit über die Wehrpflicht die Oberhand behalten habe. Der Antrag für eine Wiedereinführung, den Weidel bevorzugt hätte, wurde auf Druck ostdeutscher Verbände gestoppt.

„Missverständnis“: Zwischen Beschwichtigung und Führungszweifeln

In der Bundestagsfraktion wächst unterdessen die Unzufriedenheit mit Chrupallas Auftritten. Zwei Verteidigungspolitiker griffen ihn nach der Lanz-Sendung direkt an und betonten, Russland sei sehr wohl eine Gefahr für die Sicherheit Deutschlands. Besonders stark formiert sich dabei das Netzwerk um Sebastian Münzenmaier, das Weidel unterstützt und verhindern will, dass die AfD zu stark als kremlnah wahrgenommen wird.

Einige Parteifunktionäre versuchen dennoch zu beschwichtigen. Kay Gottschalk, stellvertretender Bundessprecher, sprach laut „Tagesspiegel“-Informationen von einem „Missverständnis“: Chrupallas Lanz-Auftritt sei keine Reaktion auf Weidels Kritik gewesen, da die Sendung bereits am Nachmittag aufgezeichnet wurde. Auch weitere Fraktionsmitglieder betonen, Chrupalla habe von Weidels Statement erst später erfahren.

Andere sehen die Lage ernster. Ein hochrangiger Parlamentarier stellte laut „Tagesspiegel“ sogar die Frage nach Weidels Führungsrolle und warnte, entscheidend seien in der Politik „Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit“. Dass diese Eigenschaften innerhalb der Doppelspitze aktuell so offen infrage stehen, unterstreicht, wie tief der Riss in der AfD reicht.