Verhandlung am Landgericht München: Wer zahlt, wenn Kinder Steine auf ein Auto werfen?

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Weil drei Kindergartenkinder sein Auto beschädigt haben, verklagte nun ein 63-Jähriger den Sankt-Georg-Kindergarten in Hebertshausen. Dessen Erzieherinnen hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt. © David-Wolfgang Ebener

Ein Vorfall vor einem Hebertshauser Kindergarten hat am Dienstag das Landgericht München beschäftigt. Es ging um die Frage: Wer haftet dafür, wenn Kindergartenkinder einen Schaden verursachen?

Hebertshausen/München – Weil Kinder sein Auto beschädigt haben, verklagt der 63-jährige Eigentümer nun den Kindergarten. Ein Schaden von 9000 Euro war entstanden, weil Kinder des Hebertshauser Sankt-Georg-Kindergartens Steine und Stöcke über den Zaun warfen. Das Münchner Landgericht befasste sich nun mit der Frage, ob die Erzieherinnen ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.

„Es sind halt Kinder“, stellte die stellvertretende Leiterin des Hebertshausener Kindergartens Sankt Georg in der Verhandlung am Mittwoch fest und meinte die Unberechenbarkeit ihrer Schützlinge. Der Eigentümer des Autos, auf das drei der Kinder Steine und Äste geworfen haben, wollte sich mit der Erklärung nicht zufrieden geben. Er hat den Rechtsträger des katholischen Kindergartens am Münchner Landgericht auf Schadensersatz verklagt.

Seine Tochter, der er sein Auto geliehen habe, habe ihn mittags angerufen, erinnerte sich der 63-jährige Kläger an jenen Freitag im April letzten Jahres. „Aufgelöst“ habe sie von Steinen, Ästen und Beulen an seinem Auto erzählt. Sie habe das Fahrzeug nur eine Viertelstunde auf einem der für Gemeindemitarbeiter reservierten Parkbuchten neben dem Kindergarten abgestellt, ergänzte die als Zeugin geladene 26-Jährige. Wie es zu dem Schaden gekommen ist, habe sie nicht gesehen.

Drei Kinder der Sternengruppe waren es

Schnell stellt sich heraus: Drei Kinder aus der Sternengruppe, eines sechs, die zwei anderen fünf Jahre alt, waren es. Die beiden Mädchen und der Junge hätten das auch sofort zugegeben, berichtete die stellvertretende Leiterin des Kindergartens.

Der Schaden ist erheblich: Knapp 9000 Euro hat der 63-Jährige eingeklagt. Neben Blechteilen ist offenbar auch die Windschutzscheibe des Autos beschädigt worden.

„Mir tut der Schaden furchtbar leid“, gab die Leiterin des Kindergartens zu, betonte aber: Sie und die zehn weiteren Erzieherinnen, die die 85 Kinder an dem Tag betreut hätten, hätten ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt. In dem als Naturgarten gestalteten Außenbereich gebe es unter anderem Gebüsche, Höhlen, ein Baumhaus und einen Schuppen. Offenbar hatten die drei Kinder rund 20 Steine und Äste auf dem Gelände gesammelt, sich hinter dem Schuppen versteckt und die Gegenstände über den Zaun geworfen.

Es gebe „ganz strenge Gartenregeln“, betonte die Leiterin. Dazu gehöre auch das Verbot, hinter dem Schuppen zu spielen. Über die Regeln werde mit den Kindern zu Beginn eines jeden Kindergartenjahres „und dann immer wieder“ gesprochen. Wie die Einhaltung der Regeln überprüft wird, speziell in „uneinsehbaren Ecken“, wollte die Richterin wissen. Sie und ihre Kolleginnen würden sich im Garten verteilen, sodass auch hinter den Schuppen „immer wieder irgendwer reinschaut“. Der schmale Weg könne maximal 15 Minuten unbeaufsichtigt gewesen sein, war sich die Leiterin sicher.

Richterin: Nicht alles ist eine Haftungsfrage

Ungewöhnlich: Nach der Beweisaufnahme entwickelte sich eine muntere Diskussion mit den Zeuginnen, die als Zuhörer im Gerichtssaal blieben. Die Kinder könnten die Steine und Äste „nicht in einer Minute“ hinter den Schuppen gebracht haben, war sich der Kläger sicher. Doch, entgegnete die Leiterin: nämlich dann, wenn sie sie in Jacken und Eimer gepackt hätten. Außerdem müsse es „ordentlich gescheppert“ haben, als die Steine gegen die Windschutzscheibe geflogen sind, ergänzte die Ehefrau des Klägers. Im Geschrei tobender Kinder sei das Geräusch wohl untergegangen, erwiderte die Kindergartenleiterin.

„Es ist nicht alles ein Haftungsfall“, gab die Richterin zu bedenken, fügte aber hinzu: Sie werde genau prüfen, ob die Kontrollmaßnahmen der Erzieherinnen dem entsprechen, was Gerichte in ähnlichen Fällen als erforderlich angesehen haben. Gleichzeitig regte die Richterin an, mit dem Haftpflichtversicherer des Kindergartens über eine Vergleichslösung zu sprechen. Sollte es zu keiner Einigung kommen, will das Gericht am 16. Mai entscheiden.

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