Reparatur der Pipeline: Nordstream-Beben bahnt sich an - und Merz hat sich einen Trick ausgedacht

Manchmal ist Friedrich Merz näher an Putin, als er es vielleicht selber denkt. Zum Beispiel im Fall der Nord Stream-Pipeline, durch die einmal Gas von Russland nach Deutschland geflossen ist, bevor sie vor fast drei Jahren einem Sabotageakt zum Opfer fiel. 

Wer es war, ist bis heute offiziell ungeklärt. Drei der vier Röhren von Nord Stream 1 und 2 sind seither zerstört. Sie ließen sich reparieren, zumal die Betreiberfirma im schweizerischen Zug gegen jede Logik nicht in der Insolvenz gelandet ist. 

Das zuständige Kantonsgericht hat gerade eine sogenannte Nachlass-Stundung gewährt. Das ist brisant, womit die Betriebsgenehmigung für die Pipeline nicht erlischt. Es müsste nur jemand kommen und sie reparieren.

Amerikanische Investoren haben bereits Interesse angemeldet

Die Hoffnung des russischen Eigentümers Gazprom ist, dass sich Investoren dafür finden. Auch deutsche Gläubiger, wie der inzwischen verstaatlichte Versorger Uniper könnten daran Gefallen finden, weil sie dann vielleicht zumindest einen Teil ihres Geldes, das sie in den Bau investiert haben, wiedersehen würden. Amerikanische Investoren haben bereits Interesse angemeldet. 

Matthias Warnig, ein ehemaliger Stasi-Spion und enger Freund Wladimir Putins, habe mit Unterstützung von US-Investoren über eine Wiederaufnahme des Pipeline-Projekts gesprochen, berichtet die "Financial Times". 

Warnig habe versucht, den Wunsch von US-Präsident Donald Trump nach einer wirtschaftlichen Annäherung an Moskau zu nutzen, sagten sie. Von so einer Lösung hätten möglicherweise alle etwas: Russland würde, wenn der Krieg vorbei ist, wieder Gas verkaufen, Deutschland wieder ein billigeres Energie-Angebot bekommen und die Amerikaner verdienten mit. So ein Deal wäre möglicherweise ganz nach dem Geschmack von Donald Trump und Wladimir Putin.

Merz kann die aufkommende Diskussion nicht gebrauchen

Nicht aber nach dem von Merz. Der kann die gerade einsetzende innenpolitische Diskussion dazu gar nicht gebrauchen. In seiner Unions-SPD-Koalition rühren sich Stimmen, die die Idee gar nicht schlecht finden, und in der AfD finden sie sie sowieso klasse. 

Es bahnt sich eine schwer zu kontrollierende Stimmungslage über Brandmauern hinweg an. Dazu kommt europäisches Unbehagen: Die deutschen Gasprofiteure waren bei Ländern wie Polen und eben der Ukraine, die bei dem Deal das Nachsehen hatten, nicht gern gesehen.

Merz hat sich deswegen einen Trick ausgedacht. Er unterstützt ein vorgeschlagenes EU-Verbot der Wiederinbetriebnahme der Nord Stream-Pipeline, um jegliche Bemühungen der USA und Russlands zur Reaktivierung der Gasverbindungen zu stoppen. Ein Regierungssprecher erklärte, man befürworte das Verbot als Teil der bevorstehenden Sanktionsrunde der EU gegen Russland.

Bareiß lobte „die Geschäftsmentalität unserer amerikanischen Freunde“

Merz will damit eine Diskussion beenden. Eine Umfrage von Forsa ergab, dass 49 Prozent der Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns, dem Bundesland, in dem Lubmin, der Endpunkt der Pipeline, liegt, für eine Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen sind. Die AfD fordert die Wiederinbetriebnahme der Pipeline, da Deutschland ansonsten dauerhaft mit hohen Energiepreisen und Stagnation zu kämpfen habe. 

Diese Ansicht teilen auch einige Politiker aus CDU und SPD. Im März erklärte Michael Kretschmer, CDU-Ministerpräsident in Sachsen, die Aufrechterhaltung der Strafmaßnahmen gegen Moskau sei „völlig veraltet und passt überhaupt nicht zu dem, was die Amerikaner derzeit tun“. 

Der CDU-Abgeordnete Thomas Bareiß lobte in einem LinkedIn-Beitrag „die Geschäftsmentalität unserer amerikanischen Freunde“. Dietmar Woidke, SPD-Ministerpräsident des ostdeutschen Bundeslandes Brandenburg, forderte eine Normalisierung der Handelsbeziehungen Deutschlands mit Russland nach einem Friedensabkommen.

Hat Merz Putin einen Gefallen getan?

Merz' Strategie, sein Problem elegant nach Brüssel zu verlagern, bedeutet indessen nicht, dass er niemals wieder russisches Gas haben will. Denn die Sanktionen sind vor allem dafür da, um sie als Pfand in Friedensgesprächen nach und nach wieder lockern zu können. 

So gesehen hat Putin einen Anreiz mehr, über ein Ende des Krieges nachzudenken, wenn er dadurch eine Wiederinbetriebnahme von Nord Stream erreichen kann. Im Grunde genommen hat ihm Merz also einen Gefallen getan.