Deutsche Firmen „wandern ins Ausland ab“ - Kritik am Wirtschaftsstandort Deutschland

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Deutsche Unternehmen investieren immer häufiger im Ausland - und sparen so Geld und Aufwand im Inland. Die Industrie- und Handelskammer wertet das als alarmierendes Signal.

Berlin - Die deutsche Industrie investiert immer öfter aus reinen Kostengründen im Ausland. „Das ist ein alarmierendes Signal und zeigt, dass Deutschland als Produktionsstandort wieder attraktiver werden muss“, teilte die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) am Dienstag in Berlin mit und verwies auf eine Umfrage unter rund 1.900 Unternehmen. 35 Prozent der Firmen mit Investitionsplänen im Ausland nannten Kostenersparnisse als ihr Hauptmotiv. „Einen solch hohen Wert gab es zuletzt im Jahr 2008“, sagte Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung. Bei kleineren Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten sei der Anteil noch etwas höher. „Das ist leider eine Reaktion auf die sich verschlechternden wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen im Land.“ Deutschland habe strukturelle Probleme, die die Regierung angehen müsse.

Überschaubare Investitionsbudgets

Aber auch das Auslandsgeschäft brummt vielfach nicht. Die Investitionsbudgets seien überschaubar. Insgesamt wollen der Umfrage zufolge nur 42 Prozent der Firmen im Ausland investieren, etwas mehr als im Vorjahr, aber im langfristigen Vergleich ein eher unterdurchschnittlicher Wert. Bei der Ausweitung bestehender Auslandsinvestitionen ist auch Vorsicht erkennbar. Nur noch 30 (Vorjahr: 31) Prozent planen Aufstockungen der entsprechenden Budgets. Hingegen planten 23 (Vorjahr: 18) Prozent Kürzungen.

Funken sprühen in einem norddeutschen Werk: Immer mehr Unternehmen aus der Industrie investieren ihr Geld vermehrt im Ausland - und vermeiden Investitionen innerhalb der Bundesrepublik.
Funken sprühen in einem norddeutschen Werk: Immer mehr Unternehmen aus der Industrie investieren ihr Geld vermehrt im Ausland - und vermeiden Investitionen innerhalb der Bundesrepublik. © Klaus-Dietmar Gabbert / dpa

DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen sagte, vor allem Hersteller von Vorprodukten und aus der energieintensiven Industrie würden aus Kostengründen anders investieren. Deutlich überdurchschnittliche Werte gebe es beispielsweise in der Grundstoff- und Gummiindustrie.

Eigentlich seien Auslandsinvestitionen immer auch dem Standort Deutschland zugutegekommen, so Nothnagel. „Doch das Blatt ist dabei, sich zu wenden: Immer mehr Betriebe investieren mittlerweile im Ausland, weil für sie der Standort Deutschland zu teuer und kompliziert ist. Die wandern auf Kosten des Standorts Deutschland ab.“

Asien gewinnt an Bedeutung

Dabei gewinne der asiatisch-pazifische Raum - ohne China - weiter an Bedeutung. Gleiches gelte für die Türkei und den ost- und südosteuropäischen Raum außerhalb der EU. In Nordamerika und China bleibt das Engagement im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert hoch. Die Euro-Zone sei zwar weiter die wichtigste Zielregion für deutsche Unternehmen, verliere aber etwas an Bedeutung. Bei den USA spielt laut DIHK das riesige Subventionsprogramm für mehr Klimaschutz nicht die Hauptrolle, eher der große Markt gepaart mit Planungssicherheit und kauffreudigen Konsumenten.

Sowohl Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten den Standort Deutschland zuletzt als nicht mehr wettbewerbsfähig bezeichnet. Als Hauptgründe gelten hohe Energiekosten, überbordende Bürokratie sowie langsame Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP haben allerdings unterschiedliche Vorstellungen, wie am besten auf die Misere reagiert werden sollte. (reuters, lf)

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