Schon vor Verkündung der 18-Uhr-Prognose der Hamburg-Wahl ist die Stimmung im Mojo-Club auf dem Kiez, wo die Hamburger Linke ihre Wahlparty feiert, großartig. Luftschlangen, Lichterketten und „FCK-AfD“-Ballons machen auf partytaugliche Weise deutlich, wogegen die Partei ist – Plakate mit Forderungen nach niedrigeren Mieten und besserer Teilhabe, wofür. Die Tanzfläche ist derweil rappelvoll.
Linken-Co-Chefin Heidi Reichinnek wie Popstar gefeiert
Bürgernah, wie sie sind, haben sich der Parteivorsitzende Jan van Aken, die Hamburger Spitzenkandidaten Cansu Özdemir und Heike Sudmann und das Partei-Urgestein Norbert Hackbusch ohne großes Brimborium unter das Publikum gemischt.
Die Co-Vorsitzende Heidi Reichinnek, die zuletzt von ihren Fans wie ein Popstar gefeiert wurde, ist heute nicht vor Ort. Fotos kann man aber auch mit van Aken gut machen.
Als Punkt 18 Uhr die Zahlen in der ARD-Übertragung präsentiert werden – 11,5 Prozent für die Linke, 2,5 Prozentpunkte mehr als bei der vorigen Bürgerschaftswahl –, hält niemand mehr an sich.
„Ist das geil“, brüllt einer, während die anderen vor allem mit Klatschen und Jubeln beschäftigt sind. Rote Luftballons schweben von der Bühne.
"In Hamburg über elf Prozent ist der Hammer"
Wenige Minuten später stehen Sudmann, Özdemir und van Aken schon auf der Bühne, werden bejubelt und freuen sich über das „beste Ergebnis in Hamburg jemals“. Man wolle jetzt „mit voller Kraft“ weitermachen.
Jan van Aken kann es im Gespräch mit der Mopo zunächst gar nicht richtig fassen: „Das ist für mich einfach überwältigend. In Hamburg über elf Prozent ist der Hammer. Aber wir haben es auch verdient.“ Auf der Bühne bitten derweil Organisatoren um Spenden für die Linke.
Cansu Özdemir, die sich freut, dass die Themen aus dem Haustürwahlkampf (zu hohe Mieten, die schlechte Anbindung einiger Stadtteile) jetzt mit noch mehr „Kraft und Power“ in die Bürgerschaft gebracht werden können, steht nach dem Ergebnis nun auch vor einer persönlichen Entscheidung.
Denn sie hat in den beiden Wahlen zwei Mandate bekommen: eins für den Bundestag, eins für die Bürgerschaft.
„Ich habe morgen den Kopf, über meine Zukunft nachzudenken. Ich bin Mama, und diese Entscheidung wird mein Leben und meine Familie stark beeinflussen. Das ist keine Phrase: Ich will genug Zeit haben, das auch parteiintern zu besprechen“, sagt sie.
Als der AfD-Chef zu hören ist, wird sofort der Ton ausgemacht
Immer wieder wird der ARD-Stream eingeschaltet, das Interview mit Jan van Aken, das man wenige Meter weiter hinten auch live und in Farbe miterleben kann, wird wieder bejubelt. Als danach der AfD-Co-Vorsitzende Tino Chrupalla in der Sendung zu Wort kommt, ertönen laute Buh-Rufe, der Ton wird schnell aus- und die Musik eingeschaltet.
Die scheint übrigens, obwohl überdurchschnittlich viele junge Leute im Publikum sind, von Boomern ausgesucht geworden zu sein: Es laufen „Oh Happy Day“ und „We Are The Champions“.
Während die Gäste langsam zur Party übergehen, hat Jan van Aken ein Problem: Genau wie Heike Sudmann möchte er nämlich ins Medienzentrum im CCH abdüsen.
Doch der Schlüssel zum Backstagebereich ist verschwunden – und so steht van Aken noch geschlagene zehn Minuten, nachdem per Mikrofon nach ihm gesucht wurde, etwas verloren in der Gegend herum, bevor er endlich los kann – mit dem Versprechen, dass er nachher zum Feiern wiederkommen wird.
Das Original zu diesem Beitrag "„FCK AfD“, Boomer-Musik und viel gute Laune: So feiert die Linke ihren Triumph" stammt von Hamburger Morgenpost.