Chinas Wirtschaft schwächelt: Gefahr für Deutschland wächst
China hat seine Wachstumsziele erreicht, die Wirtschaft des Landes kommt dennoch nicht richtig in Fahrt. Das wird auch Deutschland zu spüren bekommen.
Man kann es natürlich so sehen wie die chinesischen Staatsmedien: „Chinas Wirtschaft machte 2024 einen neuen Sprung nach vorn“, titelte am Freitag die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Und es stimmt ja auch: Im vergangenen Jahr hatte die Regierung ein Wachstumsziel von „um die fünf Prozent ausgegeben“ und es, wie am Freitag veröffentliche Daten des Pekinger Statistikamts zeigen, quasi mit einer Punktlandung erreicht: Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wuchs 2024 – glaubt man den offiziellen Zahlen, was längst nicht alle Ökonomen tun – um exakt fünf Prozent. Aus deutscher Sicht ein Traumwert.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Von den Corona-Jahren einmal abgesehen, war das chinesische Wirtschaftswachstum nie so schwach wie im vergangenen Jahr. 2023 war die Wirtschaft noch um 5,3 Prozent gewachsen; niedriger als derzeit war die Wachstumsrate zuletzt 1990, als China nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung im Jahr zuvor international weitgehend isoliert war.
„Chinas Wirtschaft leidet immer noch unter den Nachwirkungen der geplatzten Immobilienblase“
Heute sind die Gründe für die maue Wirtschaftslage freilich andere. „Chinas Wirtschaft schwächelt, weil sie immer noch unter den Nachwirkungen der geplatzten Immobilienblase leidet, Staat und Wirtschaft an Verschuldungsgrenzen stoßen und die Menschen über die Zukunftsaussichten so verunsichert sind, dass der private Konsum nicht hinreichend anspringt“, sagt Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) dem Münchner Merkur.
Der strauchelnde chinesische Immobilienmarkt war nach Schätzungen der auf China spezialisierten Beratungsfirma Rhodium Group zeitweise für 20 bis 25 der gesamten chinesischen Wirtschaftsleistung verantwortlich. Seitdem sind die Wohnungsverkäufe allerdings dramatisch eingebrochen, gleichzeitig wächst der Leerstand.

Weil auch der Konsum schwächelt, setzt China immer mehr auf den Export, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Mit Milliardensubventionen kurbelt Peking die Ausfuhren an, im vergangenen Jahr wurden Güter im Rekordwert von umgerechnet 3,5 Billionen Euro exportiert. Der chinesische Handelsüberschuss erreichte mit fast einer Billion Euro ebenfalls ein Rekordhoch.
Chinas Rekordexporte machen Deutschland Konkurrenz
Zu spüren bekommen das zunehmend andere Exportnationen, allen voran die Bundesrepublik. Das Problem: China produziert zunehmend dieselben Güter wie Deutschland, etwa E-Autos, Maschinen, Züge oder Windturbinen – und das in immer besserer Qualität und zu deutlich geringeren Kosten. Deutsche Hersteller haben es angesichts dieser Konkurrenz also immer schwerer, ihre Produkte zu verkaufen. Und ein Ende der chinesischen Subventionen ist nicht in Sicht. Statt den Binnenkonsum zu stärken, der seit den Pandemiejahren nicht in Fahrt kommt, fördert Peking weiter die Produktion. Anzeichen einer Kursumkehr erkennen Ökonomen nicht.
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Für die USA hat Donald Trump angesichts dieser Produktschwemme bereits angekündigt, die Einfuhrzölle auf sämtliche Produkte aus China auf bis zu 60 Prozent zu erhöhen; die EU hatte im vergangenen Jahr chinesische Autobauer mit Zöllen zwischen 7,8 und 35,3 Prozent belegt, andere Branchen könnten folgen. „Es ist absehbar, dass auch die EU ihre Märkte stärker gegen die Welle subventionierter chinesischer Exporte schützen wird, die bei höheren US-Zöllen auf den europäischen Markt umgelenkt wird“, sagt IW-Experte Matthes.
„China ist für Deutschland nicht mehr so wichtig wie früher“
Er warnt allerdings davor, die Bedeutung Chinas für die deutsche Wirtschaft zu überschätzen. „China hat in den letzten Jahren an Bedeutung als Exportmarkt für uns stark verloren. Zwei Jahre in Folge waren die deutschen Exporte nicht nur anteilsmäßig, sondern auch in absoluten Werten rückläufig. Daher ist China nicht mehr so wichtig wie früher“, so Matthes. „Selbst vor einigen Jahren hingen nur rund drei Prozent unserer Arbeitsplätze direkt und indirekt am Export nach China.“
Für das laufende Jahr dürfte China erneut ein Wachstum von rund fünf Prozent anpeilen, das konkrete Ziel wird Premierminister Li Qiang bei der jährlichen Tagung des chinesischen Parlaments im März verkünden. Dafür soll 2025 offenbar auch eine Rekordverschuldung in Kauf genommen werden, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Quellen aus der chinesischen Regierung berichtet. China dürfte also auch in Zukunft die Weltmärkte weiter mit billigen Gütern fluten.