Hat sich Merz mit der Kirche überworfen? Berichte über „Irritationen“ im Migrationszoff

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Der Gesetzentwurf von Friedrich Merz zur Migrationspolitik in Deutschland sorgt vor der Bundestagswahl 2025 weiter für Aufregung. Die Kirchen distanzieren sich von der Union.

Berlin – Die Migration bestimmt den Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025 (23. Februar) omnipräsent. Das veranschaulichte einmal mehr das erste TV-Duell zur Neuwahl, der „Schlagabtausch“ im ZDF am Donnerstagabend (6. Februar).

Zoff zwischen Kirchen und der Union: Friedrich Merz‘ Migrationspolitik im Fokus

Die in Friedrich Merz‘ Migrationsanträgen formulierten Punkte dürften die Asylpolitik des Sauerländers prägen, sollte der 69-Jährige nach mutmaßlich zähen Koalitionsverhandlungen, wohl mit der SPD oder den Grünen, auch wirklich Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden. Was Merz Ende Januar und Anfang Februar 2025 mit seinem Wahlkampfteam ausformuliert hat, sorgt indes für tiefe Gräben zwischen der Union und den Kirchen.

Ausgerechnet, sind CDU und CSU seit ihren Gründungen doch eng mit katholischer und evangelischer Kirche verbandelt. Kommt es im Umfeld des Migrationszoffs sogar zu einem geradezu historischen Bruch? Auch Tage nach einem Protestbrief der Berliner Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz zum „Zustrombegrenzungsgesetz“ scheint sich der Zwist nicht zu legen.

Im Fokus: Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz von der CDU.
Im Fokus: Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz von der CDU. © IMAGO / Fussball-News Saarland

Zwist zwischen Kirchen und CDU/CSU: Bischöfe kritisieren Vorgehen von Friedrich Merz

In dem Schreiben hatten Berliner Katholiken und Protestanten zum Zustrombegrenzungsgesetz kritisiert: „Der Gesetzentwurf ist aus Sicht der Kirchen (...) nicht geeignet, zur Lösung der anstehenden migrationspolitischen Fragen beizutragen.“ Die Folgen seien nicht nur „Irritationen“ bei der CDU und der bayerischen CSU gewesen, schreibt die „Tagesschau“ der ARD auf ihrer Nachrichten-Website, sondern auch innerhalb der Kirche selbst. Wie die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles, berichtete, hatten sich das Berliner Büro und die Deutsche Bischofskonferenz im Allgemeinen im Vorfeld der Veröffentlichung nicht abgestimmt.

Anders formuliert: Die Zentrale des kirchlichen Zusammenschlusses in Bonn wurde von Berlin nicht über den polarisierenden Vorstoß informiert. Hinterher widersprachen zwei Bischöfe dem Papier. Einigkeit sieht wohl anders aus. Zumal die 28-jährige Anna-Nicole Heinrich, sogenannte Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, laut „Tagesschau“ auf ihrem Instagram-Account Fotos postete, die sie auf einer CDU-kritischen Demonstration zeigten.

Die katholische und die evangelische Kirche haben gestern in einem Brandbrief eindringlich vor Ihren Vorschlägen gewarnt, Herr Merz!

Migrationspolitik von Friedrich Merz: CDU/CSU irritiert von der Kritik der Kirchen

Der sozialdemokratische Kanzlerkandidat und amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nutzte die kirchliche Quervorlage in der hitzigen Bundestagsdebatte zur Migration: „Die katholische und die evangelische Kirche haben gestern in einem Brandbrief eindringlich vor Ihren Vorschlägen gewarnt, Herr Merz!“, richtete sich der Chef der aus der Ampel-Koalition verbliebenen und geschäftsführenden rot-grünen Bundesregierung direkt an seinen Widersacher von der CDU.

CDU und CSU sollen dem Vernehmen nach indes selbst irritiert sein von der Kritik der Kirchen mitten in dieser heiklen Phase des Wahlkampfes, der vom Thema Asyl mittlerweile sehr stark dominiert wird. Laut Süddeutscher Zeitung (SZ) hatte sich etwa der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer in der Zeitschrift Communio von dem Schreiben distanziert, weil er eine „parteipolitische Positionierung von Bischöfen für falsch“ halte. Die Initiatoren des Schreibens, die Kirchenvertreter Anne Gidion und Karl Jüsten, kritisierten unter anderem, dass unter Anträgen Merz‘ Anträgen Punkte enthalten seien, „die unserer Auffassung nach rechts- beziehungsweise verfassungswidrig sind oder geeignet erscheinen, die Grundpfeiler der Europäischen Union zu erschüttern“.

CDU/CSU vor der Bundestagswahl 2025: Glätten sich die Wogen mit der Kirche wieder?

Kritik gab es hinterher auch an der gemeinsamen Abstimmung zu den Anträgen mit der rechtspopulistischen AfD im deutschen Parlament. Laut SZ warf die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, Merz hinterher vor, „wissentlich in der Frage des Asylrechts den Boden des Grundgesetzes zu verlassen“. Die Urherber des Schreibens befürchten dagegen mit Blick auf gemeinsame Stimmen mit der AfD „massiven Schaden“ für Deutschlands Demokratie.

Die hitzigen Diskussionen dürften weitergehen, und zwar wohl über die Bundestagswahl hinaus. In manchen Medienberichten ist sogar von einer Entfremdung zwischen den Parteien und der Kirche die Rede. Und das nach jahrzehntelanger Zusammenarbeit. Die CDU erklärt sich in ihrer Tradition dem christlichen Menschenbild gegenüber ausdrücklich verpflichtet. Bei der bayerischen CSU findet sich die christliche Ausrichtung in allen Grundsatzprogrammen seit Gründung und Bestehen nach dem Zweiten Weltkrieg. (pm)

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