Die Lärche: Grazie im Goldkleid
Im Dietramszeller Bestattungswald „Waldruh“ steht eine der schönsten Lärchen im Landkreis. Förster Robert Nörr schätzt ihr Alter auf über 120 Jahre.
Dietramszell – Oberhalb des idyllisch gelegenen Waldweihers befindet sich in Dietramszell der Bestattungswald „Waldruh“. Die Gemeinde hat das sieben Hektar große Areal bis 2099 gepachtet und den Betrieb in die Hände der von Schilcherschen Forst- und Gutsverwaltung gelegt. Förster Rorbert Nörr ist von den vielen prächtigen Douglasien und Lärchen, die dort wachsen, beeindruckt. Er schätzt ihr Alter auf über 120 Jahre. Derjenige, der sie anpflanzte, habe einen „Glücksgriff gemacht und genau die richtigen Pflanzen bekommen. Da schlägt mein Försterherz ganz hoch.“ Tamo Obser, Mitarbeiter der Forst- und Gutsverwaltung, führt uns heute zu einer dieser schönen Lärchen.
Goldener Glanz in der Oktobersonne
„Man erkennt sie an den hellgrünen Nadeln“, sagt Nörr während er nach oben blickt. „Sie ist die einzige Nadelbaumart, die im Winter ihre Nadeln verliert.“ Diese Tatsache führt dazu, dass er immer wieder von Spaziergängern angerufen werde, die ihn auf einen toten Baum hinweisen. „In vielen Fällen haben sie damit recht“, sagt Nörr mit Blick auf die Bäume, denen der Borkenkäfer den Garaus gemacht hat. „Aber es gibt einige Ausnahmen: Wenn der Baum eine sehr dicke, graubraune Rinde mit tiefen rotbraunen Furchen hat, handelt es sich um eine der selteneren Lärchen.“ Im Gegensatz zu anderen Nadelbäumen werfe sie im Herbst ihre Nadeln ab und ist damit im Winter kahl. Doch davor – im Oktober – glänze sie prachtvoll golden in der Herbstsonne.
Lärche benötigt Gase aus der Luft
Warum behält die Lärche nicht ihre Nadeln, wie jeder andere Nadelbaum auch? „Die Nadeln unserer Nadelbäume haben eine sehr dichte Oberfläche“, holt Nörr aus. Dadurch soll eine Austrocknung durch Wind und Sonne vermieden werden. Auf der anderen Seite müsse der Baum aber auch „atmen“ können. „Er muss gezielt Wasser verdunsten können, um einen Sog zu erzeugen, durch den Wasser von den Wurzeln bis in die Blätter transportiert wird.“ Außerdem benötigt die Lärche Gase aus der Luft – zum Beispiel CO₂. Dieser Steuerung von Wasser und Gasen wird durch kleine „Schleusen“, den sogenannten Spaltöffnungen übernommen. Besonders wichtig sei diese „Regeltechnik“ an sonnigen Wintertagen, an denen ein Wasserverlust an den Blättern wegen des gefrorenen Bodens nicht ausgeglichen werden kann. „Und genau hier liegt das Problem der Lärche“, sagt der Förster. „Bei ihren weichen Nadeln sind die Spaltöffnungen so wenig geschützt, dass viel Wasser verdunstet.“ Wenn der Boden gefroren ist und kein Wasser nachliefert, würden die Lärchen vertrocknen.
Eine echte „Berglerin“
Die Lärche sei anspruchslos, fast schon asketisch: Nährstoffe brauche sie wenige, mit Wasser könne sie gut haushalten. „Nur Licht braucht sie im Überfluss, und zwar von Jugend an.“ Aber auch einer Lärche tue es natürlich gut, wenn sie aus dem Vollen schöpfen kann, meint der Wolfratshauser. „Sie bedankt sich dafür mit einem sehr raschen Wachstum.“
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In unseren eher dunklen Wäldern, die meistens aus Buche, Tanne und Fichte bestehen, habe die Lärche von Natur aus kaum eine Chance. Nur an Rändern oder auf Kahlflächen könne sie sich durchsetzen. Dort werde sie auch gezielt gepflanzt. Als „Berglerin“ bilde sie mit der Zirbe oft die Baumgrenze und „hat gern Wind um die Ohren“. In feuchten Mulden werde sie hingegen häufig vom Lärchenkrebs befallen. In Städten fühlen sich Lärchen laut Nörr meist unwohl, weil sie empfindlich auf die Abgase reagieren.
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Schwer zu bekommen
Das Holz der Lärche ist besonders harzreich und damit witterungsbeständig. Für Außenwandverkleidungen, Balkone, Fuß- und Schiffsböden, Terrassen, Brücken sowie Stallungen „ist es daher erste Wahl“, meint der Revierförster. Die Beständigkeit von Dächern, die mit Lärchenschindeln gedeckt wurden, sei im Gebirgsraum legendär. Nörr: „Auch im modernen Hausbau ist das Holz als Konstruktions- und Fassadenholz inzwischen so beliebt, dass heimisches Lärchenholz nur noch schwer zu bekommen ist.“ Um sicher zu sein, dass das Holz nicht aus illegalen Kahlschlägen aus dem osteuropäischen Raum stammt, sollte man auf eine Zertifizierung des Holzes achten. Ein Siegel für Holz- und Papierprodukte aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern, wie zum Beispiel das PEFC-Siegel, biete Sicherheit.
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Früher wurde zudem die Rinde zum Gerben genutzt. Sie färbt Leder fast schwarz. In der Volksmedizin glaube man an die Heilwirkung des „Venezianischen-“ oder „Lärchen-Terpentins“, das aus Lärchenharz gewonnen wird. Es soll durchblutungsfördernd, wundheilend, desinfizierend und schleimlösend wirken.
Begehrt und stabil
Die Lärche sollte mit großen Abständen gepflanzt werden. Sie soll einen Vorsprung vor anderen Bäumen haben – aber auch keinen zu großen – sowie, wenn es nötig ist, entastet werden, um gute Qualitäten zu erzielen. Da sie anders als beispielsweise die Fichte behandelt werden muss, sollten Interessenten eine Beratung durch die staatlichen Privatwaldförster in Anspruch nehmen. Der Tiefwurzler überstehe übrigens stärkste Winterstürme unbehelligt. „Weil sie keine Nadeln hat, bietet sie keine Angriffsfläche“, erklärt der Experte. Außerdem kenne sie derzeit noch kaum Schädlinge. Nur der Rehbock finde Gefallen an ihr, um sich sein mit Bast überzogenes Geweih an ihren harzigen Ästen zu reiben. „Allerdings ist ihre Zukunft bei stark steigenden Temperaturen etwas umstritten. Im Oberland wird sie aber voraussichtlich weiterhin sehr gute Wuchsbedingungen finden.“
Steckbrief
Nadel: hellgrün und weich, im Herbst leuchtend gelb;
Rinde: im Alter extrem dicke und schuppige Borke;
Früchte: länglich abgerundete kleine Zapfen;
Wurzel: Herzwurzel;
Höhe: maximal 45 Meter;
Altersgrenze: 600 Jahre;
Vorkommen im Landkreis: auf Moränenkuppen, im Gebirge bis 1800 Metern Höhe;
Holzeigenschaften: Kernholz: rötlich, Splint: gelblich, hart, zäh, elastisch, dekorativ;
Holzpreis: stärkere Lärchen bis 150 Euro pro Festmeter, Wertholz sehr gesucht mit bis zu 800 Meter pro Festmeter.