Das lange Warten aufs Wohngeld: Münchnerin bekommt Unterstützung erst in 21 Monaten
Eine Münchnerin schockiert: Die Bearbeitung ihres Wohngeld Antrags dauert bis zu 21 Monate. Im Sozialreferat fehlt Personal zur Bearbeitung.
Sie versprach mehr Geld für zahlreiche Geringverdiener in München: Als die Wohngeld-Plus-Reform im September 2022 angekündigt wurde war auch Nina Eichner erleichtert. Doch dann kam die Schocknachricht: Beinahe zwei Jahre könnte es dauern, bis ihr Antrag bearbeitet ist und sie ihr Geld bekommt!
Mutter lebt mit ihrem Sohn in Zwei-Zimmer-Wohnung
Die alleinerziehende Mutter lebt mit ihrem fast 15-jährigen Sohn in einer bescheidenen Zwei-Zimmer-Wohnung in Milbertshofen in einem Mietshaus der städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Im Frühjahr 2022 hatte sie einen Antrag auf Wohngeld gestellt. Schon da verging eine ihr fast endlos erscheinende Wartezeit.
Nina Eichner glaubte schon kaum mehr, noch etwas von der Wohngeldstelle zu hören, als im Juni 2023 endlich doch noch der Bescheid und die Nachzahlung für mehr als ein Jahr ins Haus trudelte.
Referat schreibt von einer „deutlichen Verzögerung)
2022 bezog sie Arbeitslosengeld, 2023 Wohngeld und jetzt Krankengeld. Im Juli vergangenen Jahres stellte sie daher einen neuen Antrag für das „Wohngeld-Plus“ – und bekam eine Bestätigung, in der von davon die Rede war, dass sich die Bearbeitung ihres Antrags „deutlich verzögern“ würde. Als sie bis zum 15. Januar noch nichts vom Wohnungsamt gehört hatte, rief sie dort an – und erfuhr, was eine deutliche Verzögerung konkret heißt: nämlich bis zu 21 Monate!
Für die Milbertshofenerin war das ein regelrechter Schock, den sie erst einmal verdauen musste. „Ich muss womöglich bis 2025 warten! Das kann doch wohl nicht sein“, sagt sie. Das Wohngeld sollte Nina Eichner helfen, besser über die Runden zu kommen. Im Moment lebt sie von Kindergeld, Unterhalt, Kinderzuschlag und Krankengeld. Das Wohngeld bräuchte sie dringend, um wenigstens ein wenig finanziellen Spielraum zu haben. „Im Moment muss ich mit etwa 500 Euro auskommen“, berichtet sie. „300 Euro Wohngeld würden mein Leben immens erleichtern.“
Bürgergeld zu beantragen, lohnt sich nicht
Immerhin: Für ihren Sohn, der noch Schüler ist, können über das Programm „Bildung und Teilhabe“ wenigstens ein paar notwendige Dinge finanziert werden. Aufstockend Bürgergeld zu beantragen, lohnt sich für Nina Eichner nicht – zumal ihr bei einem Bürgergeldbezug eine Wohngeldrückzahlung droht (siehe Kasten unten).
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Nina Eichner wollte ihre prekäre finanzielle Situation verbessern, indem sie Lebensmittel von der Tafel bezieht. Aber dort wurde sie abgewimmelt – „mit fadenscheinigen Begründungen“, wie sie sagt.
Niemand kann Nina Eichner finanziell unter die Arme greifen
Familie und Freunde können ihr finanziell nicht unter die Arme greifen. Ein kleiner Trost: Wenigstens muss sie von ihrem städtischen Vermieter keine Kündigung befürchten.
Nina Eichner ist kein Einzelfall. Auf Nachfrage unserer Zeitung begründet eine Sprecherin des Sozialreferats die immens langen Wartezeiten mit der stark gestiegenen Zahl von Anträgen durch die Wohngeld-Plus-Reform. Das Hauptproblem seien die vielen aussichtslosen Anträge und die vielen bürokratischen Hürden, die bei der Wohngeldberechnung zu berücksichtigen seien.
Fast 17 000 Anträge offen
Allein 2023 seien 20 254 Anträge gestellt worden. 2022 waren es noch 14 089. Zu Ende Dezember waren rund 16 900 Anträge offen oder befanden sich in Bearbeitung. Laut Referat können mit dem derzeitigen Personal – von 56 Stellen seien sieben unbesetzt – durchschnittlich zwischen 1000 und 1200 Anträge pro Monat bearbeitet werden.
Um die Verzögerungen zu verkürzen, hat im Juni 2023 eine Beratungsstelle zum Thema Wohngeld-Plus ihre Arbeit aufgenommen. „Durch diese Beratung soll vermeiden werden, dass immens viele Anträge beim Wohnungsamt ankommen, die keine Chance auf Bewilligung haben“, heißt es aus dem Referat. Auch beim Personal scheint es Entlastung zu geben, 16 neue Mitarbeiter würden demnach in den ersten Monaten 2024 eingestellt. Das Antragsverfahren soll zudem vereinfacht werden, ein vereinfachter Antrag sei bereits entwickelt worden und warte auf die Freigabe der Aufsichtsbehörde.
Bürgergeld und Wohngeld gibt es nicht gleichzeitig
Mit dem Wohngeld-Plus-Gesetz erhalten mehr arme Haushalte in München finanzielle Unterstützung. Die Zahl der Berechtigten stieg von 4100 auf gut 12 000 Haushalte. Es gibt aber immer noch viele, die kein Wohngeld beziehen können – und trotzdem Anträge stellen. Nicht wohngeldberechtigt sind laut Homepage der Stadt Haushalte, die Grundsicherung, Bürgergeld, Sozialgeld oder Hilfe zum Lebensunterhalt laut Sozialgesetzbuch bekommen.
Für Nina Eichner bedeutet das: Während sie auf die Bearbeitung ihres Antrags wartet, kann sie auch kein Bürgergeld beziehen. Sie würde sonst ihre Berechtigung für den Bezug von Wohngeld verlieren.