Im Wartezimmer brauchen die Menschen Geduld, und sie haben Zeit. Dieses Potenzial hat eine Freisinger Firma erkannt – und nutzt es zugunsten von Praxis und Patienten.
Freising - Die „drei Wochen alte Illustrierte“ hat ausgedient – zumindest wenn es nach der TV-Wartezimmer Gesellschaft für moderne Kommunikation MSM GmbH & Co. KG geht. Das Freisinger Unternehmen arbeitet seit 20 Jahren daran, Wartezimmer in Arztpraxen nicht nur digitaler, sondern auch unterhaltsamer und lehrreicher zu machen – und die Beziehung zwischen Ärztinnen und Patienten zu stärken.
Das beruht laut Geschäftsführer Christian-Georg Siebke, der selbst seit 19 Jahren im Team ist, auf einem Geschäftsmodell aus drei Säulen: Erstens gehe es um Unterhaltung: „In deutschen Wartezimmern hält man sich im Schnitt 40 Minuten auf – deutlich länger als im Behandlungsraum.“ Um diese Zeit so angenehm wie sinnvoll zu gestalten, gebe es die Bildschirme, die die Freisinger Firma in die Wartezimmer bringt. Zu sehen sei ein buntes Infotainment-Programm: „Nachrichten, was für Kinder, Berichte über Kunst, Reisen, Tiere und Natur sowie Themen, die sich mit einem bewussten Lebensstil beschäftigen“, zählt Christian-Georg Siebke auf.
Bibliothek aus über 950 selbst produzierten Filmen
Ein großer Teil bestehe aus medizinischen Hintergrundinformationen. „Wir legen Wert darauf, dass Menschen aktiv an ihrer Gesunderhaltung beziehungsweise am Gesundwerden arbeiten können. Außerdem wissen wir aus Studien, dass über 60 Prozent über eine unzureichende Gesundheitskompetenz verfügen“, erklärt Siebke. Dem wolle man entgegenwirken – und die Patienten zusätzlich auch über ihre Rechte und Pflichten aufklären.
Die zweite Säule: Jede Praxis könne aus einer Bibliothek von über 950 selbst produzierten Filmen wählen, je nachdem, wie sie ihren Schwerpunkt setzen möchte. Verfügbar sind Kurzvideos etwa über Palliativmedizin, Patientenvollmacht oder Mythen rund um die Medikamenteneinnahme. Erarbeitet werden sie zusammen mit medizinischen Fachverbänden wie der Bayerischen Zahnärztekammer.
Säule Nummer drei: Der Bildschirm könne eine Art Schaufenster für die Praxis sein. „Die Gesichter der Mitarbeitenden, die die Patienten dort sehen, sollen eine Identität bekommen, um die Bindung zwischen Patient und Praxis zu stärken.“ Nicht zuletzt gehe es um den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, so der Geschäftsführer.
„Im berühmten Keller eines Wohnhauses“ gegründet
Gegründet wurde die Firma im Jahr 2004 in der Domstadt. „Im berühmten Keller eines Wohnhauses“, sagt Siebke schmunzelnd. „Den ersten Bildschirm hat Gründer Markus Spamer aus dem Kofferraum seines Autos geholt und in Dresden an die Wand gedübelt. Da gab‘s einen einzigen Film, mit Elefanten“, erinnert er sich.
Über die Jahre vergrößerte sich das Angebot deutlich, und auch der Keller von einst hat längst ausgedient: Nach einem Zwischenstopp an der Erdinger Straße hat das Unternehmen inzwischen ein eigenes Gebäude in Attaching und beschäftigt rund 50 Mitarbeitende. „Wir wachsen nach wie vor. Jedes Jahr gewinnen wir etwa fünf Prozent mehr Standorte dazu“, sagt Siebke.
Ein Ende sei noch nicht in Sicht: Inzwischen läuft das Programm von TV-Wartezimmer bereits in weit über 7000 Praxen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Aber allein in Deutschland gibt es über 100.000 niedergelassene Ärzte.“ In der Stadt Freising sind aktuell elf TV-Wartezimmer-Bildschirme verbaut, in einem Umkreis von 35 Kilometern sind es etwas mehr als 300.
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Allgemein- und Zahnmedizin, Gynäkologie und Orthopädie machen laut Siebke die größten Kundengruppen aus. Auch die Verteilung sei bunt gemischt: „In großen, modernen Praxen und Medizinischen Versorgungszentren sind wir ebenso vertreten wie in der kleinen Dorfpraxis.“ Jede Praxis solle selbst entscheiden, ob und wenn ja welchen Sinn und Nutzen sie in dem Angebot sehe. „Wir streben keinen Schwerpunkt an, sondern freuen uns über die durchmischte Struktur“, sagt Siebke. „Das hält uns frisch.“