In ZDF-Doku über kaputtes Rentensystem: Rentner genießen 13. Kreuzfahrt – „Und ihr müsst arbeiten dafür“
Steigende Beiträge und weniger Rente: Die Zukunft des Rentensystems sieht düster aus. Ein Ehepaar zeigt in der neuen ZDF-Doku aber ein anderes Bild.
München – „Das derzeitige Rentensystem, das wir in Deutschland haben, könnte uns in den Abgrund führen“, prognostiziert Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier in der neuen ZDF-Doku „Die Wahrheit über unsere Rente“. Der Grund: Rund 15 Millionen Babyboomer gehen in den nächsten Jahren in Rente. Die neue Generation ist nur zwei Drittel so groß. Es kommen also immer weniger Beitragszahler auf einen Rentner – eine Entwicklung, vor der Experten schon lange warnen.
Ute und Thomas aus dem Ruhgebiet kann das kaltlassen. Das Ehepaar empfängt das Team des ZDF auf dem Kreuzfahrtschiff MSC. Sie nutzten ein Angebot der Politik, um vorzeitig abschlagsfrei in den Ruhestand zu gehen: die sogenannte Rente mit 63. Laut einer Umfrage will die Mehrheit der Deutschen bis maximal 63 Jahre arbeiten. Allerdings kann nicht jeder nach 45 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen – zumal das Modell mit dem aktuellen Rentensystem keine Zukunft mehr hat.
„Körperlich schwer war das nicht“: Rentner-Ehepaar genießt Früchte ihrer Arbeit
Das Ehepaar aus dem Ruhrgebiet ist froh, in ihrer Generation zu leben. „Auf unsere Kinder und Enkelkinder kommen andere Zeiten zu“, erklärt Ute. Beide haben Karrieren in der Mittelschicht hinter sich: Er war Fachkraft in der Chemieindustrie, sie in der Logistik – beides Bürojobs. „Also ich habe mir nicht die Wolle aus dem Popo gearbeitet“, so Ute. Beide hätten weiterarbeiten können, denn „körperlich schwer war das nicht“, meint Thomas. Aber nun wollen sie die Früchte ihrer Arbeit genießen.
„Nein, ich habe kein schlechtes Gewissen, um die Frage zu beantworten“, führt Thomas nach kurzem Zögern aus. Dabei wurde die Frage gar nicht gestellt. Er habe fast 48 Jahre gearbeitet. Irgendwann habe er für sich beschlossen, es reicht. Und das können sie sich leisten: Das Ehepaar bekommt insgesamt 3800 Euro gesetzliche Rente im Monat, dazu private Vorsorge und ein eigenes Haus. Laut dem ZDF-Reporter Jochen Breyer sind die beiden aber „weiß Gott keine Luxus-Rentner“.

Ehepaar genießt Rente auf Kreuzfahrt: „Prost, auf eine tolle Zeit, die wir haben werden“
Obwohl das Ehepaar in der ZDF-Doku also eher den Durchschnitts-Rentner repräsentieren soll, waren sie in diesem Jahr bereits in Japan und mit dem Wohnwagen in Spanien unterwegs. Nun steht die nächste Kreuzfahrt auf dem Programm. Laut Passagierin Ute sei es schon die 13. mit MSC. Diesmal handelt es sich um einen echten Klassiker: Skandinavien mit Spitzbergen und Nordkap. 15 Tage in der Balkonkabine. Als die Breyer das Schiff zeigen, kennen sie sich bereits blendend aus.
Ute und Thomas möchten die verbleibende Zeit auskosten. Auf Frage des ZDF-Reporters, ob dies der Grund für ihren vorzeitigen Ruhestand war, antworten beide mit einem klaren „ja“. Sie stoßen an. „Prost, auf eine tolle Zeit, die wir haben werden“, frohlockt Ute gegenüber Breyer. „Und ihr müsst arbeiten dafür.“ Das sei schließlich der sogenannte Generationenvertrag. Dass genau dieser wegen der demografischen Entwicklung einem auslaufenden Fass gleicht, lassen sie außen vor.
Was ist der Generationenvertrag?
Der Generationenvertrag regelt die gesetzliche Rente in Deutschland. Dabei finanzieren die Arbeitenden durch ihre Beiträge die Renten der älteren Generation. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung basiert dieses System auf dem Solidaritätsprinzip und dem Vertrauen, dass die nachfolgende Generation später ebenfalls Beiträge leistet. Ziel ist eine finanzielle Absicherung im Alter, ohne dass individuelle Rücklagen entscheidend sind.
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Rentensystem steht vor dem Kollaps: Laut Wirtschaftsweisen fehlen Politikern die Anreize
In der ZDF-Doku wird klar: Das Rentensystem steht in seiner jetzigen Form vor dem Kollaps. Darum fordern die Wirtschaftsweisen unter anderem ein höheres Renteneintrittsalter, Rentensteigerungen mit der Inflation sowie eine Aktienrente nach schwedischem Vorbild. Nichts davon ist in naher Zukunft in Aussicht. Obwohl die Ampel-Koalition sich bei dem Thema die Zähne ausgebissen hat, setzt Olaf Scholz (SPD) bei den Neuwahlen im Februar auf die Stimmen der Rentner.
„Das ist Wahlkampf“, erklärt die Vorsitzende des Rats, Monika Schnitzer. Wirtschaftsweiser und Rentenexperte Martin Werding führt aus: „Die Anreize für Politikerinnen und Politiker, wirklich 15, 20 Jahre in die Zukunft zu denken, sind sehr gering.“ 40 Prozent der Wähler in Deutschland sind über 60 Jahre alt. Das spiegelt sich in den Wahlprogrammen. „Das heißt, im Grunde bestimmen ältere Personen in Deutschland, was die Politik machen kann“, fasst Werding zusammen. (cln)