Geht es nach der Union, soll die Legalisierung noch dieses Jahr rückgängig gemacht werden. „Der gesamte Cannabis-Plan der Ampel ist krachend gescheitert“, heißt es. Auch mit Blick auf die „Mocro-Mafia“.
Das Cannabis-Gesetz ist noch nicht einmal ein halbes Jahr in Kraft, schon gibt es massive Kritik an dem Ampel-Projekt. So verzögern sich wichtige Eckpfeiler des Gesetzes. Die angedachten Cannabis-Clubs dürfen in vielen Bundesländern noch gar nicht öffnen. Und die angekündigte Säule zwei des Gesetzes, also die Abgabe in lizenzierte Geschäften und Modellregionen, kommt wohl gar nicht.
Beide Aspekte sollten vor allem eines: den Schwarzmarkt eindämmen. Doch das funktioniert offenbar nicht wirklich. Die CDU/CSU fordert daher das Ende der Cannabis-Freigabe. Und das noch dieses Jahr.
Union fordert Cannabis-Aus: „Legalisierung war Werbekampagne für deutschen Drogenmarkt“
„Die Legalisierung von Cannabis muss sofort ausgesetzt werden“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge, zu IPPEN.MEDIA. „Sie war bisher nichts anderes als ein Förderprogramm für Gesundheitsschäden und den Schwarzmarkt.“ Sorge spricht unter anderem von den Explosionen in Nordrhein-Westfalen. Dort toben derzeit regelrechte Bandenkämpfe rund um die niederländische „Mocro-Mafia“. Es geht um Macht, Gewalt – und Drogen.
NRW-Innenminister Herbert Reul sieht im Interview mit IPPEN.MEDIA einen klaren Zusammenhang mit dem Cannabis-Gesetz. Die Gewalt schwappe von den Niederlanden nach Deutschland über, sagt der CDU-Politiker. „Wir haben in Deutschland Cannabis legalisiert, und das ist eine Riesenchance für niederländische Drogenbanden, hier einen ganz neuen Markt zu erschließen“, so Reul. „Insofern gibt es da einen Zusammenhang zwischen der Legalisierung und der Gewalt, ja.“
Das Phänomen, das Kriminologen beobachten: Die gestiegene Cannabis-Nachfrage kann der legale Anbau noch nicht ansatzweise decken – für Banden aus den Niederlanden ist der Schwarzmarkt damit nun überaus attraktiv. Zumal der illegale Handel insofern erleichtert wird, als jeder mit einer relativ großen Menge der Droge unterwegs sein darf, was sich Dealer zunutze machen, heißt es aus Ermittlerkreisen.
Auch Sorge sieht einen Zusammenhang: „Die Cannabis-Legalisierung durch die Ampel war eine große Werbekampagne für den deutschen Drogenmarkt.“ Reul müsse „mit den Folgen der verfehlten Ampel-Politik kämpfen“.
„Schon in den kommenden Wochen“: Union fordert Ende von Cannabis-Gesetz
Hier müsse man gegensteuern, sagt Sorge. Schon mehrfach hatten Unionspolitiker angekündigt, das Gesetz im Falle einer Regierungsbeteiligung nach der nächsten Bundestagswahl rückgängig zu machen. Neu ist, dass es noch dieses Jahr passieren soll. „Der Bund sollte den Ländern kurzfristig die Möglichkeit eröffnen, die Legalisierung auf unbestimmte Zeit auszusetzen.“ Demnach könnten die Bundesländer selbst entscheiden, wie sie mit Cannabis umgehen. Legalisierungskritische Länder wie Bayern würden wohl sämtliche Regeln stoppen, andere Länder mit einer offeneren Drogenpolitik wie Berlin könnten alles so lassen wie bisher.
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Inwiefern ein derartiger Flickenteppich an Regelauslegungen sinnvoll und überdies hinaus überhaupt rechtlich haltbar wäre, ist unklar. Um „Drogentourismus“ zu verhindern, müssten wohl alle Länder das Gesetz beenden. Sorge meint in jedem Fall, es könnte schnell gehen: „Ein entsprechendes Gesetz könnte die Ampel im Einvernehmen mit den Ländern schon in den kommenden Wochen durch Bundestag und Bundesrat bringen.“
Damit würde man auch ein Zeichen setzen, meint Sorge: „In Brennpunkten würde das den Behörden eine konsequente Verfolgung von Drogendelikten ermöglichen und ein klares Signal an Dealer und Hintermänner senden.“
Sorge weiter: „Gesundheitsschutz, Strafverfolgung und die Sicherung der öffentlichen Ordnung müssen jetzt Priorität haben – nicht das Interesse einer kleinen Minderheit am Kiffen.“ 2021 hatten in Deutschland mindestens 4,5 Millionen Erwachsenen mindestens einmal im Jahr Cannabis konsumiert. Die Branche geht davon aus, dass sich der Markt mittelfristig auf zehn Millionen Menschen anhebt.
Säule zwei des Cannabis-Gesetzes vor dem Aus: „Ampel-Plan krachend gescheitert“
Viele Freizeitkonsumenten in Deutschland hatten auf die Säule zwei des Gesetzes gehofft und sich in etwa ein Szenario wie in den Niederlanden gewünscht: Rein in den Shop, Joint kaufen, konsumieren. Gerne auch in seriösen Apotheken statt windigen Coffee-Shops. Dass daraus nichts wird, sagt mittlerweile auch die SPD. Deren Berichterstatter fürs Cannabis-Gesetz, Dirk Heidenblut, erklärte unserer Redaktion, dass er aktuell nicht davon ausgeht, dass Säule zwei noch kommt.
Der drogenpolitische Sprecher der Linken, Ates Gürpinar, kritisiert das „gebrochene Versprechen“ der Ampel und meint zu IPPEN.MEDIA: „Die Ziele, den Schwarzmarkt einzudämmen, werden dadurch verfehlt.“ Denn: Wer nicht anbauen möchte oder kann, muss damit weiter zum Dealer gehen. Denn selbst die Cannabis-Clubs dürften nicht alle erreichen. Zumal es einige Freizeitkonsumenten geben dürfte, die sich nicht in einem Cannabis-Club anmelden möchten.
Dass die geplante Säule zwei der Legalisierung vor dem Aus steht, zeigt laut CDU-Mann Sorge: „Der gesamte Cannabis-Plan der Ampel ist krachend gescheitert. Die Legalisierung war ein naives und gutgläubiges Experiment, das jetzt beendet werden muss.“