Zwischen Naturschutz und Misstrauen: Landwirte fürchten Kontrollverlust durch neue Schutzverordnung

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Eingebracht, was geht: Kreisobmann Josef Huber (r.) berichtete im Saal des Miesbacher Bräuwirts, wie die Vorberatungen zum vorliegenden Entwurf abliefen. Nicht alle Hinweise wurden berücksichtigt. © THOMAS PLETTENBERG

Landwirte im Landkreis Miesbach sehen die geplante Landschaftsschutzgebietsverordnung mit Sorge. Beim Infoabend des Bauernverbands wurde deutlich: Die Angst vor bürokratischem Kontrollverlust ist groß – obwohl man in Teilen mitreden durfte.

Landwirte wollen mitreden – und nachbessern

Die Neuausweisung der Landschaftsschutzgebiete im Landkreis Miesbach ist voll im Gang. Zuletzt wurden die Verordnungen für die betroffenen sechs Schutzgebiete im Arbeitskreis am Landratsamt besprochen. Mit dabei waren auch Vertreter der Landwirte. Welche Veränderungen die neuen Verordnungen, Stand jetzt, für die Bauern mit sich bringen würden, wurde am Montag bei einem Infoabend des Bauernverbands im Miesbacher Bräuwirt erörtert.

„Wir wollten uns wie die Gemeinden von Anfang an in diese Entwicklung einbringen und zeigen, was gut und was schlecht ist für die Landwirtschaft“, erklärte Kreisobmann Josef Huber zu Beginn. Vieles habe man untergebracht, doch einiges habe man nicht durchbringen können. „Das wollen wir nun nachreichen.“

Bearbeitbar, aber mit Hürden: Was die neue Verordnung mit sich bringt

Beim Blick auf die Entwürfe der sechs fast identischen Landschaftsschutzgebiete – die Egartenlandschaft rund um Miesbach, das oberste Leitzachtal und Umgebung bei Bayrischzell, Schliersee und Umgebung, Spitzingsee und Umgebung, Tegernsee und Umgebung sowie das Weißachtal und Umgebung im westlichen Mangfallgebirge – zeigte Franz Sedlmeier, Referent für Umwelt und Bewertungsfragen bei der Hauptgeschäftsstelle in München, auf, welche Hürden für Landwirte das Regelwerk aktuell aufweise. Generell sei das Thema „bearbeitbar. Man kann erfolgreich sein, wenn man sich einsetzt.“

Als besonderen Hebel hat er dabei die Landschaft ausgemacht, die auch durch ihre Vielfalt, das Landschaftsbild und ihre kulturhistorische Bedeutung definiert werde. „Das ist unser Thema.“ Ein Vorteil sei dabei, dass hier der Landkreis zuständig sei und nicht die Europäische Union. Damit seien Grenzen verhältnismäßig leicht zu verschieben.

Kritik an bürokratischen Hürden und Genehmigungspflichten

Allerdings nicht so leicht, wie sich das viele der rund 100 Teilnehmer im Saal wünschen würden. Der Umstand, dass eine Vielzahl von Verboten formuliert werden, von denen Landwirte dann wieder Ausnahmen beantragen oder generell eine Erlaubnis einholen müssten, missfiel. „Die reden überall mit und machen es nicht einfach“, stellte ein Landwirt fest.

Beleuchtung als Beispiel für überregulierte Detailvorgaben

Es sind einige Punkte, die aus Sicht der Bauern übertrieben geregelt würden – etwa die Beleuchtung in der freien Natur. Was manch einer als überzogen ansieht, habe aber durchaus seine Berechtigung, erkärte Kreisbäuerin Brigitta Regauer, die mit Huber im Vorfeld auf Kreisebene am Entwurf der Verordnung mitgearbeitet hatte. So habe man bei der Beleuchtung vor allem die Häuser des Alpenvereins im Blick gehabt und auch die ein oder andere Haslberger-Version. Bei der Genehmigung gehe es „um den Insektenschutz vor heller Beleuchtung, nicht um einzelne Lampen“.

Sorge vor Kontrollverlust und Willkürentscheidungen

An verschiedenen Punkten zeigte sich, dass die Landwirte den Kontrollverlust fürchten. Was ist, wenn Ansprechpartner im Landratsamt wechseln? Was passiert, „wenn einer entscheidet, dem du ned zur Nasn stehst“? Ein anderer stellte fest: „Warum brauchen wir das? Wir können uns das sparen, weil wir das eigenverantwortlich regeln.“ Fazit: „Wir machen uns das Leben immer schwerer mit immer mehr Vorschriften.“

Forderungen an die Gemeinden – aber auch klare Grenzen

Auch Forderungen an die Gemeinden wurden laut, die sich für eine Abschwächung des Landschutzes stark machen sollen. „Dann hätten wir den ganzen Scheißdreck nicht am Hals. Wir sind Grundbesitzer, und das ist unser Eigentum!“, so eine Feststellung aus dem Publikum. Wobei Regauer einbremste: „Kein Landrat wird ein Schutzgebiet verkleinern.“ Und Sedlmeier betonte: „Der Naturschutz hat viele Anhänger, und die Landwirte machen nicht mal zwei Prozent der Bevölkerung aus.“ Eigenverantwortlichkeit sei gut, aber sie müsse sich die Frage stellen: „Warum wird die Artenvielfalt dann schlechter?“

Unklarheiten und Definitionsspielräume

Vieles sei auch eine Frage der Definition und Interpretation, stellte Sedlmeier fest. Etwa beim Brauchtumsfeuer, wie Regauer ergänzte und auf die Frage verwies, wer nun künftig für die Erlaubnis zuständig sei: Feuerwehr oder Landratsamt? Was einer im Publikum so kommentierte: „Dann frag ich halt nicht.“

Warnung vor Regelungen mit gegenteiliger Wirkung

Dass zu viele und zu starre Regeln genau das Gegenteil hervorrufen von dem, was sie erreichen wollen, sehe man in Miesbach dank der Baumschutzverordnung, warnte ein anderer. Dort gebe es nur „sehr alte und sehr junge Bäume, weil die Bäume umgelegt werden, bevor sie größenmäßig unter Schutz stehen“.

Zwischen Naturschutz, Freizeitdruck und Landwirtschaft

Das große Problem, das die Landschaftsschutzverordnung lösen muss, ist das Unter-einen-Hut-Bringen von Naturschutz, Freizeitnutzung und Landwirtschaft, die gewissermaßen zwischen diesen beiden Extremen steht. Um den Erholungscharakter in der Natur zu gewährleisten, müssen beispielsweise Drohnenflüge angemeldet werden, berichtete Regauer. Grundsätzlich eine sinnvolle Regelung, was aber den unkomplizierten Einsatz bei der Suche nach Rehen und Kitzen aus der Luft im Vorfeld der Mahd erschwere. „Das“, ergänzte Huber, „sind Hürden, die dem Einzelnen wehtun.“

Letzter Appell: Eingaben machen – mit konkreten Beispielen

Regauer, Huber und Sedlmeier rieten den Anwesenden, auf jeden Fall ihre Eingaben zu machen – belegt mit konkreten, individuellen Situationen. Die Entwürfe der Landschaftsschutzgebietsverordnung und der Schutzgebietskarten liegen noch bis einschließlich Montag, 11. August, im Landratsamt und in den Rathäusern zur öffentlichen Einsichtnahme aus.

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