Schongauer Stadtmauer: Neuer Zugang zum historischen Wehrgang

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Rechts vom Leichenschauhaus im Schongauer Stadtfriedhof wurde bereits im August diese Treppe platziert. © Elke Robert

Seit August führt im Stadtfriedhof eine Treppe hinauf zur Stadtmauer. Weit kommt man bisher aber nicht, noch verschließt eine Türe den Durchgang.

Schongau - Schon einmal gab es Planungen, den Wehrgang der Schongauer Stadtmauer besser zu erschließen und damit erlebbar zu machen. Geht man zurück in die Corona-Zeit, wurden damals Planungen angeschoben, die Aussegnungshalle auf der Nordseite der Stadtmauer mit einem Balkon zu umgeben aus ähnlichem Material, wie er bereits wenige Meter weiter beim Münzgebäude verwendet wird: aus Cortenstahl.

Rund 50 Meter sollten so überbrückt werden, um letztlich eine Verbindung zu schaffen vom Zugang zum Wehrgang über die Außentreppe des Münzgebäudes bis zur Aussegnungshalle, außen in luftiger Höhe um diese herum und wieder hinein auf den Wehrgang. Damit hätte man die gesamte Strecke des historischen Wehrgangs vom Münzgebäude bis zum Serenadenhof erschlossen.

Ende des Jahres 2020 musste sich der Stadtrat dann aber erst einmal aus finanziellen Gründen von dem Vorhaben verabschieden. Man beschloss, den Entwurf des Planers zwar bis zur Genehmigung voranzutreiben, dann aber auf Eis zu legen, bis man den Außenbalkon finanzieren könne.

„Damit der Wehrgang trotzdem begehbar wird, haben wir nun die kleine Treppe gebaut“, erklärt Robert Thomas, der stellvertretende Stadtbaumeister, auf Anfrage der Schongauer Nachrichten. Dies sei ohne Abstimmung auf dem „kleinen Dienstweg“ in Zusammenarbeit mit dem Schongauer Bauhof geschehen.

Der Weg den Wehrgang entlang bietet auch einen Blick auf das Gräberfeld im Schongauer Stadtfriedhof.
Der Weg den Wehrgang entlang bietet auch einen Blick auf das Gräberfeld im Schongauer Stadtfriedhof. © Elke Robert

Eigenleistung des Bauhofs

Dieser habe in Eigenleistung die neue Treppe östlich des Leichenschauhauses in Teilen vorgefertigt und dann Anfang August aufgestellt. Thomas schätzt den Materialaufwand mit rund 4000 Euro, hinzu kämen die Stunden der Bauhofmitarbeiter. Eine Rechnung liege noch nicht vor, der stellvertretende Stadtbaumeister geht von einer Gesamtsumme von 5000 bis 7000 Euro aus.

In Form und Aussehen habe man die Treppe angelehnt an die Aufgänge im Serenadenhof und bei der Tiefgarage. Alles Weitere sei Sache des Tourismus, „aber die Stadtführer sind ganz glücklich“, weiß Thomas. „Sie können jetzt eine zusammenhängende Führung machen.“

„Der Wehrgang der Stadtmauer ist etwas ganz Besonderes, wir freuen uns schon sehr, das unseren Gästen zeigen zu können“, sagt Stadtführer Jürgen Erhard. Er begrüßt die neue Treppe zum Wehrgang sowohl als Standortförderer der Stadt Schongau, als auch als Stadtführer unter anderem von der Themenführung „Die wehrhafte Stadt“. Damit verdoppele sich die Länge des erschlossenen Wehrgangs der Stadtmauer.

„Die Anwohner haben Angst vor Vandalismus“,

Noch ist der Zugang jedoch nicht geöffnet. Sowohl vonseiten des Friedhofs, als auch vom Aufgang an der Tiefgarage in der Amtsgerichtsstraße kommt man nur wenige Meter weit, da sich dort jeweils deckenhohe Tore befinden, die mit einem starken Vorhängeschloss versehen sind.

Während die Türe weiter südlich beim Serenadenhof von einem freiwilligen Helfer aus dem Heiliggeist-Spital regelmäßig abends geschlossen wird – „dafür sind wir sehr dankbar“, so Erhard –, müsse man für diesen Abschnitt der Stadtmauer erst noch eine Lösung finden.

Derzeit versperrt vom Friedhof aus noch eine Türe den Zugang zum Wehrgang.
Derzeit versperrt vom Stadtfriedhof aus noch eine Türe den Zugang zum Wehrgang. © Elke Robert

Auch von dort aus kann man in die unmittelbar angrenzenden Gärten und Wohnungen schauen, worauf kürzlich ein Nachbar aufmerksam machte, der Erhard und Daniel Felsmann, den Leiter der Friedhofsverwaltung, bei einem Pressetermin am Stadtfriedhof direkt angesprochen hatte. Der Anwohner wünscht nicht, dass Besucher in seinen privaten Bereich sehen könnten, und forderte Erhard und Felsmann dazu auf, das vor der Öffnung des Teilstücks zu klären.

„Die Anwohner haben Angst vor Vandalismus“, weiß auch Maximilian Geiger, Leiter der Tourist Information Schongau. Allerdings sei die Stadtmauer mit ihrem Wehrgang öffentlicher Grund, das Geländer fungiere in diesem Fall wie ein Gartenzaun. „Man muss den Anwohnern aber eine gewisse Sicherheit bieten“, betont Geiger. Vielleicht könne man mit einem Zeitschloss an der Türe arbeiten.

Freude bei den Stadtführern

In der Tourist Information Schongau freut man sich aber riesig über den neuen Zugang. „Das ist eine super touristische Attraktion“, so Geiger. In geradezu jeder Stadtführung komme der Wehrgang vor. Und auch der separate Stadtmauerrundgang sei weiter in Arbeit. Es fehle noch die Überarbeitung der Beschilderung durch den Historischen Verein. Dieser hatte die Vorgaben des Historikers und Forschers Joachim Zeune als zu allgemein und teilweise fehlerhaft bemängelt (wir berichteten). „Dieses Thema ist nun an mich übergeben worden, spätestens bis zur 800-Jahr-Feier der Stadtmauer im Jahr 2026 muss es da etwas geben“, findet Geiger.

Stichworte zur Schongauer Stadtmauer

Stadtführer Jürgen Erhard hat für seine Führungen einige Daten zur Schongauer Stadtmauer zusammengetragen. Die Stadtmauer ist 1,6 Kilometer lang und damit um ein paar Meter länger als die Mauer der Stadt München bei ihrer Errichtung. Baubeginn war 1224. Die Schongauer Stadtmauer ist zu 80 Prozent erhalten. Lediglich an der Südseite (beim Kasselturm) fehlt ein Stück. Die ständigen Lech-Hochwasser (das letzte große war 1910) destabilisierten den Prallhang im Süden, weshalb der Mauerabschnitt abgetragen werden musste.

Die Stadtmauer hatte einst zehn Türme. Das Lechtor wurde 1877 zugunsten des Verkehrs abgebrochen.

Die Fronveste (Münzgebäude) war ursprünglich ein Torturm namens Kesselturm, der mit dem Tor des Polizeidienerturms die Nord-Süd-Achse bildete. Das Lechtor und das Frauentor bildeten die Ost-West-Achse. Im Mittelalter kam das Maxtor (Hoftor) hinzu, und das Tor im Kesselturm verlor an Bedeutung und wurde stillgelegt. Bahnhofstor und Münztor wurden in den 1950er Jahren zugunsten des Verkehrs installiert.

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