Liana K. (16) vor Zug gestoßen: Gutachten soll klären, ob Muhamad A. schuldfähig war

Hohe Zäune mit Stacheldraht, massive Gittertüren, Überwachungsräume, Isolierzimmer, Panzerglas vor den Fenstern, Pfleger mit Notruf-Telefonen – in diesem Hochsicherheits-Ambiente sitzt derzeit Muhammad A.. 

Regelmäßig erhält der abgelehnte Asylbewerber aus dem Irak Besuch von seinem Pflichtverteidiger. „Nächsten Mittwoch bin ich wieder dort“, sagt der Göttinger Rechtsanwalt Henner Garth zu FOCUS online. Über den gesundheitlichen Zustand seines Mandanten will er nicht sprechen. Er beruft sich auf die „anwaltliche Schweigepflicht“.

Tötung einer 16-Jährigen in Friedland: Beschuldigter in Psycho-Klinik

Am 11. August 2025 soll der 31-jährige Muhammad A. die ukrainische Schülerin Liana K. (16) vor einen fahrenden Güterzug gestoßen und getötet haben. Tatort: der Bahnhof im niedersächsischen Friedland. Überführt wurde der Migrant durch seine DNA-Spuren an der Schulter des Opfers.

Kurz nach dem Tötungsverbrechen wurde der dringend tatverdächtige Iraker in den Maßregelvollzug nach Moringen (Landkreis Northeim) eingewiesen. Das Fachkrankenhaus für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie nördlich von Göttingen ist die größte derartige Einrichtung in Niedersachsen. Hier können mehr als 400 Straftäter mit psychischen Störungen behandelt werden.

Auch Muhammad A. soll krank sein. Laut der zuständigen Staatsanwaltschaft in Göttingen wurde bei dem Mann bereits lange vor dem Tötungsdelikt eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Mehrfach war er in psychiatrischen Einrichtungen, sogar am Tag vor der Tat. Unmittelbar vor dem Gewaltexzess am Bahnhof in Friedland zeigte er ebenfalls psychische Auffälligkeiten, wurde allerdings nicht gestoppt.

War der Iraker Muhammad A. (31) zur Tatzeit schuldfähig?

Die entscheidende Frage ist nun: War der Iraker zum Zeitpunkt der grausamen Tat schuldfähig? Wenn ja, müsste er im Falle einer Verurteilung eine sehr lange Freiheitsstrafe antreten. Wenn nicht, würde er dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden.

Die Staatsanwaltschaft hat einen psychiatrischen Sachverständigen damit beauftragt, ein Gutachten über die seelische Verfassung von Muhammad A. anzufertigen. Der Experte soll prüfen, ob bei dem Iraker die Voraussetzungen für die Paragrafen 20 (Schuldunfähigkeit) oder 21 (verminderte Schuldfähigkeit) des Strafgesetzbuches vorliegen.

Demnach ist ohne Schuld, „wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“

Gegenüber FOCUS online erklärte der Sprecher der Göttinger Staatsanwaltschaft, Andreas Buick, das Gutachten sei noch in Arbeit. Wann mit einer Fertigstellung zu rechnen sei, könne er „nicht sagen“. 

Anwalt des Beschuldigten: "Keine Angaben zum Sachverhalt"

Fakt ist, dass der Beschuldigte bislang zu den Vorwürfen gegen ihn schweigt. Und das wird wohl auch auf absehbare Zeit so blieben. Sein Anwalt Henner Garth zu FOCUS online: „Wir werden weiterhin keine Angaben zum Sachverhalt machen.“ Das könne sich „gegebenenfalls nach Abschluss der Ermittlungen ändern“. 

Wann die Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen zu dem Fall abschließen und Anklage erheben wird, sei noch unklar, so Behördensprecher Andreas Buick. 

Die Tötung des arglosen Mädchens hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt und – mal wieder – eine Debatte um Migrantengewalt, politische Verantwortung und mögliches Behördenversagen entfacht. Dabei steht die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen stark unter Druck. Schließlich war der Beschuldigte vollziehbar ausreisepflichtig und hätte gar nicht mehr in Deutschland sein dürfen.

Verdächtiger von Friedland war am Vortag in Psychiatrie
Ein Zug fährt auf den Bahnhof Friedland im Landkreis Göttingen zu. Moritz Frankenberg/dpa

150 Fragen an rot-grüne Regierung: Warum wurde er nicht gestoppt?

Die Landes-CDU drängt auf lückenlose Aufklärung. Vor knapp vier Wochen, am 18. September, stellte die Fraktion eine Kleine Anfrage an die Landesregierung mit rund 150 Fragen. Carina Hermann, Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Landtagsfraktion, sagte damals zu FOCUS online, die Verantwortlichen müssten endlich „die Karten ungeschönt auf den Tisch legen“. 

In dem mehrseitigen Katalog (Überschrift: „Welche Maßnahmen ergriffen die Behörden, um den mutmaßlichen Täter zu stoppen?“) forderte die CDU unter anderem konkrete Auskünfte über die Einreise von Muhammad A. nach Deutschland, sein kriminelles Vorleben und die Erkenntnisse der Behörden über seinen labilen psychischen Zustand. Auch zur Frage, warum der abgelehnte Asylbewerber nicht schon längst abgeschoben wurde, muss sich die Landesregierung äußern.

Auf die Antworten darf man gespannt sein.