„Manchmal braucht's einfach mehr“: Mädchen lernen Selbstverteidigung in Wolfratshausen
Unter der Anleitung von Sozialpädagogin Sonja Weißbacher lernen die Mädchen in dem Ferienpass-Kurs zur Selbstverteidigung, sich zu behaupten.
Welche Wirkung kleine Bewegungen haben, fanden sieben Mädchen in Wolfratshausen selbst heraus. Im Ferienpass-Selbstverteidigungskurs – ganz ohne Jungs – steigerten die Teilnehmerinnen ganz schnell ihr Selbstbewusstsein.
Die Kursleiterin war schon mit 19 Trainerin
Sozialpädagogin Sonja Weißbacher ist schon seit ihrem 19. Lebensjahr Trainerin für die Kampfkunst Aikido. Ihr Wissen zum Thema Selbstverteidigung und -behauptung gibt sie seit vielen Jahren im Rahmen der Ferienpass-Aktionen an die Kinder der Region weiter, damit die sich sicher fühlen und sich im Notfall selbst helfen können.
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Die Kursleiterin saß im Schneidersitz auf den Bodenmatten. Die sieben Teilnehmerinnen taten es ihr gleich und bildeten einen großen Kreis. „Selbstverteidigung ist so etwas wie Erste Hilfe“, sagte Weißbacher. Eigentlich sogar noch mehr: Selbstverteidigung sei das erste, was die jungen Teilnehmerinnen tun könnten, um sich aus einer misslichen Lage zu befreien. Jetzt waren die Mädchen neugierig, was sie erwarten würde. „Ihr müsst hier nichts machen, was ihr nicht wollt“, versprach die 57-Jährige, bevor der Kurs richtig startete.
Manche hatten schon Erfahrung
„Ich freue mich schon so lange auf den Kurs“, sagte ein Mädchen. Und damit war sie nicht allein, fast alle Teilnehmerinnen waren gespannt auf die nächsten zwei Stunden. Zwei von ihnen verrieten, dass sie sogar schon Vorerfahrung hatten – nämlich vom Judo und anderen Selbstverteidigungskursen. „Bisher habe ich nur gelernt, wie man sich mit Worten verteidigt, aber manchmal braucht's einfach mehr“, erklärte ein blondes Mädchen.
Die Kinder lernten, an welchen Stellen ein potenzieller Angreifer besonders empfindlich ist. Von Kopf bis Fuß schlugen die Mädchen verschiedene Körperpartien vor, um sich zu wehren. Anschaulich wurde das durch die roten und grünen Aufkleber, die sich eine Teilnehmerin auf Haut und Kleidung kleben ließ. Weißbacher sagte: „Ganz oft ist der kleine Finger euer Hauptziel. Wenn euch jemand greift, müsst ihr nur am Fingerlein nach hinten ziehen und die ganze Hand des Angreifers löst sich.“ Um das zu demonstrieren, hielt die Trainerin eine der Kursbesucherinnen fest. Wie sie es gelernt hatte, zog sie an dem kleinen Finger und befreite sich mühelos. „Oh, der Finger hat sogar geknackst“, stellte sie dabei erstaunt fest.
Die Stimme ist das wichtigste
Die Mädchen lernten, sich mit Fäusten und Füßen zu wehren. Viel wichtiger sei aber ein anderes Organ: Die Stimme sei das Wichtigste beim Schlag. Wenn man kräftig schreie, habe man viel mehr Kraft. Ein paar Kursteilnehmerinnen waren zunächst unsicher. Ein paar Freiwillige trauten sich aber, kräftig auf das Schlagpolster einzuprügeln. Mit jedem Durchgang wurden auch die anderen Mädchen mutiger, bis sie zum Schluss mit aller Kraft zuschlugen und auch mal ihre Stimmen laut nutzten.
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Oft braucht man aber in einer riskanten Situation nur Präzision statt wilder Energie: „Du brauchst gar nicht so eine große Bewegung zu machen. Ganz wenig nur, da braucht's nicht viel“, riet die 57-Jährige einem Mädchen, das sich nach dem simplen Ratschlag des Profis ganz leicht aus einer Umklammerung löste.
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Die Realität kann aber viel gefährlicher sein, als es während der schwungvollen Übungen im Ferienpass-Rahmen wirkte. Auch wenn die sieben Mädchen sich im Notfall ein bisschen besser verteidigen können als noch vor dem Kurs, war es Weißbacher wichtig, ihnen folgenden Rat unbedingt mitzugeben: „Sobald es möglich ist, lauft ihr weg und holt Hilfe.“