US-Militärgeheimdienst warnt vor chinesischem Atomschlag gegen Taiwan

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Xi Jinping will Taiwan und China „wiedervereinigen“, notfalls mit militärischer Gewalt. Laut einem US-Geheimdienst bedeutet das: auch ein Atomschlag ist denkbar.

Ein neuer Bericht des US-Militärgeheimdienst DIA warnt vor zunehmenden nuklearen Bedrohungen für die USA. China, Russland und Nordkorea würden ihre Arsenale weiter ausbauen, der Iran großen Menge von angereichertem Uran horten, heißt es in dem Bericht mit dem Titel „Nuclear Challenges“. Die vier Länder würden durch die Entwicklung neuer nuklearfähiger Trägersysteme, durch fortschrittlichere Marschflugkörper, ballistische Raketen und Hyperschall-Gleitflugkörper „die militärischen Vorteile der USA“ bedrohen.

Im Fokus der Analyse steht die Volksrepublik China. Peking verfüge über mehr als 500 einsetzbare Atomsprengköpfe und damit über deutlich mehr als noch im Jahr 2018, als der Bericht zum ersten Mal erschienen war. „Wir schätzen, dass China bis 2030 über mehr als 1000 einsatzbereite nukleare Sprengköpfe verfügen wird, von denen die meisten auf Systemen eingesetzt werden, die das Festland der Vereinigten Staaten erreichen können“, so die Analysten. „Peking rüstet weiterhin Hunderte von Silos für ballistische Interkontinentalraketen (ICBM) aus, die zur Unterstützung der größten nuklearen Expansion in der chinesischen Geschichte gebaut wurden.“

Angriff auf Taiwan: „Peking würde auch den Einsatz seiner Nuklearstreitkräfte in Erwägung ziehen“

Zudem arbeite China „wahrscheinlich“ auch an nuklearen Sprengköpfen mit geringerer Reichweite, „um verhältnismäßige Reaktionsmöglichkeiten zu haben, die seine Sprengköpfe mit hoher Reichweite nicht bieten können“. Die Befürchtung der DIA-Analysten: Peking könnte atomar bestückten Mittelstreckenraketen, etwa vom Typ DF-26, im Kriegsfall in der näheren Nachbarschaft der Volksrepublik einsetzen. Ein mögliches Szenario wäre ein eskalierender Konflikt um Taiwan, den demokratisch regierten Inselstaat, den Peking als abtrünnige Provinz betrachtet. Laut Staatschef Xi Jinping soll eine „Wiedervereinigung“ mit Taiwan möglichst friedlich erfolgen. Falls dies aber nicht möglich ist, werde China militärische Gewalt anwenden.

Laut Einschätzung der DIA schließt das auch einen Atomangriff nicht aus: „Peking würde wahrscheinlich auch den Einsatz seiner Nuklearstreitkräfte in Erwägung ziehen, wenn eine konventionelle militärische Niederlage in Taiwan das Überleben des Regimes ernsthaft gefährden würde“, heißt es in dem Bericht. Denkbar ist etwa ein Szenario, in dem Taiwan zusammen mit seinen Verbündeten, vor allem den USA und Japan, einen konventionellen Gegenschlag der Volksrepublik abwehrt und der chinesischen Volksbefreiungsarmee große Verluste zufügt. Eine drohende Niederlage könnte die Macht der chinesischen Kommunistischen Partei massiv gefährden und Xi Jinping dazu bringen, Atomwaffen gegen seine Gegner einzusetzen.

China übt Blockade Taiwans

Die meisten Analysten gehen allerdings davon aus, dass China – zumindest in naher Zukunft – keinen großangelegten Angriff auf Taiwan starten wird. Als wahrscheinlichere Szenarien gelten etwa eine Quarantäne der Insel oder eine Blockade. Mit Militärmanövern hatte Peking in den vergangenen Jahren mehrfach geprobt, Taiwan von der Außenwelt abzuschneiden. Sollte Peking Taiwan tatsächlich mit einer Blockade in die Knie zwingen wollen, sei das ein „kriegerischer Akt“, sagte Taiwans Verteidigungsminister Wellington Koo am Mittwoch. Betroffen wäre davon nicht nur Taiwan, sondern die gesamte Weltwirtschaft, weil ein Fünftel des gesamten Welthandels durch die Taiwanstraße verlaufe. „Die internationale Gemeinschaft könnte nicht tatenlos zusehen“, so Koo.

Ballistische Mittelstreckenraketen vom Typ DF-26 bei einer Militärparade in Peking 2015.
Ballistische Mittelstreckenraketen vom Typ DF-26 bei einer Militärparade in Peking 2015. © Andy Wong/AFP

Taiwans Präsident Lai Ching-te gibt sich derweil selbstbewusst. Am Freitag besuchte Lai die Insel Kinmen, die von Taiwan verwaltet wird, aber unmittelbar vor der chinesischen Küste liegt. „Wir schätzen eine demokratische und freie Lebensweise, und wir können und werden nicht zulassen, dass eine äußere Macht die Zukunft Taiwans verändert“, sagte Lai an der Frontlinie zwischen der kommunistischen Volksrepublik und dem Inselstaat. (sh)

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