„Leider verstehen es nicht alle“: Papst Leo tadelt Trumps Ukraine-Kurs und spricht von Europas „Chance“

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Trump verschärft den Ton in den Ukraine-Verhandlungen, Selenskyj sucht Hilfe bei Merz und Macron. Auch Papst Leo sprang ihm zur Seite und kritisierte die USA.

Rom – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht sich in den Ukraine-Verhandlungen aktuell enormen Druck durch die USA ausgesetzt: US-Präsident Donald Trump soll von ihm verlangt haben, dass er bis Weihnachten einen Friedensplan mit Russland unterschreibt. Selenskyj betont stets, er wolle ebenfalls Frieden in der Ukraine – aber einen gerechten Frieden, mit Sicherheitsgarantien, ohne freiwillige Landabtretungen an Putin und ohne Angst, dass Russland in wenigen Jahren wieder angreift.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Papst Leo XIV. grüßen die Journalisten während ihres Treffens in Rom am 9. Dezember.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Papst Leo XIV. grüßen die Journalisten während ihres Treffens in Rom am 9. Dezember. © Andrew Medichini/AP/dpa

Selenskyj sucht aktuell in Europa nach Unterstützern, um sich gegen Trumps unberechenbare Ambitionen wehren zu können. Und er stößt auf offenen Ohren: Kanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Macron und der britische Premier Starmer erarbeiteten mit ihm am Dienstag in London eine eigene Friedensplan-Version, in dem sie sich von den Russland-freundlichen Vorstellungen Trumps distanzieren. Sodann flog Selenskyj nach EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und NATO-Chef Mark Rutte. Seine nächste Station war am gestrigen Dienstag in Rom, wo er Papst Leo XIV. traf.

Papst Leo XIV. mit Kritik an Donald Trump und seinen Friedensplan für Ukraine

Der Papst äußerte sich danach zwar vorsichtig, aber dennoch mit unmissverständlicher Kritik an die US-Regierung, dass er die Positionen der Ukraine und Europas nicht genügend beachte: Leo XIV. äußerte sich laut Vatican News skeptisch gegenüber dem von der Trump-Regierung vorgelegten Friedensplan für die Ukraine und mahnte an, Europa mit einzubeziehen.
„Ich bin der festen Überzeugung, dass die Rolle Europas sehr wichtig ist und die Einheit der europäischen Länder wirklich bedeutend, insbesondere in diesem Fall“, so der Papst.

In Richtung auf Trump fügte das Oberhaupt der katholischen Kirche hinzu. „Leider verstehen es nicht alle. Aber ich denke, dass sich hier eine große Chance für alle europäischen Staats- und Regierungschefs bietet, sich zu vereinen.“ Der britische Guardian zitiert den Papst so: „Angesichts dessen, dass der Krieg in Europa ist, ist es unrealistisch, ein Friedensabkommen ohne Einbeziehung Europas anzustreben.“

Donald Trump geht auf Distanz zu Europa – Papst Leo sieht Entwicklung in USA mit Sorge

Trump geht derzeit auf Konfrontationskurs zu Europa. Ein drastisches Beispiel ist die neue nationale Sicherheitsstrategie der USA, die unkommentiert auf der Homepage der US-Regierung erschien und seitdem in Europa für Bestürzung sorgt: Den europäischen Staaten wird darin der moralische Verfall unterstellt, der „wirtschaftliche Niedergang“ und die „zivilisatorische Auslöschung“ prophezeit. Die Behauptungen gleichen in frappierender Weise den Positionen von Wladimir Putin. Auch der Putin-Vertraute und russische Ukraine-Verhandler Kirill Dmitrijew vor wenigen Tagen auf X: „Die EU-Kriegstreiber haben Migration, Kriminalität, Zensur und wirtschaftlichen Niedergang über die Europäer gebracht.“

Papst Leo XIV. sorgt sich angesichts dieser harschen Töne um das amerikanisch-europäische Bündnis, wie er nach seinem Treffen mit Selenskyj sagte: Einige Äußerungen von Donald Trump deuteten auf den Versuch hin, „das zu zerstören, was meiner Meinung nach heute und in Zukunft ein notwendiges Bündnis sein muss“, wird er zitiert. Was er über die nationale Sicherheitsstrategie der USA gelesen habe, würde „eine enorme Veränderung an dem bewirken, was viele, viele Jahre lang ein echtes Bündnis zwischen Europa und den Vereinigten Staaten war“. Einige Amerikaner würden der neuen Strategie wohl zustimmen aber: „Ich denke, viele andere würden die Dinge anders sehen.“

Merz kritisiert Trump-Kurs als „inakzeptabel“ – Eigene Friedensplan-Version mit Selenskyj

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kritisierte die neue Sicherheitsstrategie unter Trump als in Teilen „inakzeptabel für uns aus einer europäischen Perspektive“, wie er am Mittwoch laut Bloomberg zu Reportern sagte. Es bestärke ihn darin, dass Europa in der Sicherheitspolitik unabhängiger von den USA werden müsse. Die Trump-Parole „America First“ sei legitim, aber das Motto „America Alone“ könne nicht im US-Interesse sein: Auch die USA bräuchten Partner in der Welt.

Merz arbeitete mit Selenskyj am Dienstag in London an einer neuen europäischen Version eines Friedensplans für ein Ende des Ukraine-Kriegs. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premier Keir Starmer waren bei dem Treffen dabei. Der Plan soll am heutigen Mittwoch an Donald Trump übersandt werden, wie Selenskyj laut Guardian erklärte.

Wie der US-Präsident den europäischen Friedensplan aufnimmt, wird mit Spannung erwartet. In einem Interview mit Politico zeigte er sich ungeduldig in den Ukraine-Verhandlungen: Selenskyj müsse „in die Gänge kommen und Dinge akzeptieren“, schimpfte Trump. (Quellen: The Guardian, Vatican News, Politico, Bloomberg) (smu)