Werden die USA erstmals seit 1992 auf Anweisung von Donald Trump wieder Atomtests starten? Will der Präsident in Nigeria islamische Gruppen bekämpfen lassen, die dort seit 20 Jahren, von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet, Christen massakrieren? Und will er im erdölreichen Venezuela das sozialistische Maduro-Regime stürzen?
Begibt sich Trump jetzt endgültig auf Kriegspfad?
Schlagzeilen zu allen drei Themen hat Trump binnen weniger Tage produziert. Diese schnelle Abfolge außen- und sicherheitspolitischer Eskalationen irritiert, zumal sich Trump schon in seiner ersten Amtszeit als Präsident neuen Typs zu profilieren versuchte, der nicht mehr „Weltpolizist“ ist und Kriege wie in Afghanistan beendet, um die amerikanischen Soldaten heimzuholen.
In seiner zweiten Amtszeit wirbt er für sich als Friedensbringer, der nach seiner eigenen Zählweise bereits acht Kriege beendet hat und darum den Friedensnobelpreis verdiene. Dieses Jahr hat es nicht geklappt, aber für 2026 sagten ihm Regierungsvertreter von Israel, Pakistan, Kambodscha, Armenien, Aserbaidschan, Gabun und Ruanda ihre Unterstützung zu. Und nun begibt sich der Republikaner plötzlich auf Kriegspfad?
Zurück zu den Atomwaffentests?
Der Reihe nach: Verwirrung auch in der eigenen Regierung hat die Ankündigung des Präsidenten auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social ausgelöst, die USA würden wieder Nukleartests aufnehmen. „Ich habe unser Kriegsministerium angewiesen, unsere Atomwaffen zu testen“, schrieb der Präsident am Mittwoch. Umgehend versuchte US-Energieminister Chris Wright die Öffentlichkeit zu beruhigen. „Ich denke, die Tests, über die wir jetzt sprechen, sind Systemtests. Das sind keine nuklearen Explosionen. Wir nennen das nicht-kritische Explosionen“, sagte Wright auf Fox News.
Doch Trump äußerte sich am Sonntag gegenüber dem TV-Sender CBS in einer Weise, die nach echten atomaren Tests klingt. „Russland nimmt Tests vor, China nimmt Tests vor, aber sie sprechen nicht darüber“, sagte Trump in dem Interview.
„Man weiß nicht unbedingt, wo sie testen. Sie testen weit unter der Erde, wo die Menschen nicht genau wissen, was bei den Tests vor sich geht“, so der Präsident weiter. Trump behauptete zudem, auch Nordkorea und Pakistan würden nukleare Sprengsätze testen. Seine Schlussfolgerung: „Ich möchte nicht das einzige Land sein, das keine Tests durchführt.“
Warum unterirdische Tests kaum unentdeckt bleiben
Trumps Behauptungen sind mit vielen Fragezeichen zu versehen. Auch unterirdische Atomtests lassen sich kaum geheim halten. Moderne, weltweite Überwachungsnetze (vor allem seismische Netze) entdecken fast alle Explosionen ab kleinen bis mittleren Sprengstoff-Äquivalenten; zusätzliche Systeme (Infraschall, Hydroakustik, Radionuklide, Satelliten-/InSAR) helfen, Explosionen zu dokumentieren. Führend dabei ist das Global Seismographic Network (GSN) des Albuquerque Seismological Laboratory in den USA.
Würden die Vereinigten Staaten, die bei dieser Waffentechnologie einen globalen Vorsprung haben, nun erneut Atomwaffen zünden, obwohl sie für viele Milliarden Dollar Systeme zur exakten Simulation derartiger Kettenreaktionen entwickelten, wäre dies ein Freibrief für China und Russland und andere, ihrerseits nachzuziehen. Die USA würden so ihren nuklearen Vorsprung gefährden.
Ob Trump sich von derartigen Argumenten überzeugen lässt, ist offen. Aber möglicherweise ging es ihm nur darum, mit dem nuklearen Säbel zu rasseln, nachdem der russische Präsident Wladimir Putin mehrfach mit dem Einsatz von Atomwaffen im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg gedroht hat. „Was du kannst, kann ich schon lange“, wäre dann die Botschaft aus dem Weißen Haus an den Kreml.
Christenverfolgung in Nigeria
Amerikas Medien mokierten sich dieser Tage darüber, dass Trump wegen eines einzigen Beitrags über Massaker an Christen in Nigeria durch islamische Terroristen, den er am Freitag auf dem Weg nach Florida auf Fox News gesehen habe, mit militärischen Maßnahmen drohte.
Die „New York Times“ tadelte: „Trump gab nicht an, auf welche Angriffe auf Christen (in Nigeria, Anmerkung der Red) er sich bezog und nannte keine Beweise für die Behauptung, die in den letzten Wochen von mehreren seiner politischen Verbündeten aufgestellt wurde, dass Christen in Nigeria ins Visier genommen werden.“
Derartige Rückfragen nach Beweisen sind fragwürdig. Denn seit 20 Jahren gibt es islamischen Terror in Nigeria gegen Christen. Nicht nur die berüchtigte Gruppe Boko Haram ist daran beteiligt, sondern auch die muslimisch geprägten Fulani-Milizen greifen regelmäßig christlich geprägte Siedlungen mit brutaler Gewalt an.
Vergessene Opfer: Christliche Gemeinden unter Beschuss
Die Vatican News vermeldeten im April 2023, allein seit 2009 seien 52.250 nigerianische Christen ermordet und 18.000 Kirchen sowie 2200 Schulen niedergebrannt worden. Inzwischen hat sich die Zahl der getöteten Christen weiter erhöht. Irritierend ist darum nicht, dass der US-Präsident sich wegen eines einzelnen Fernsehbeitrags dieses Themas annimmt – sondern dass über derartige Massaker nicht alle amerikanischen, aber auch europäischen und deutschen Medien regelmäßig berichten.
„Wenn die nigerianische Regierung weiterhin die Tötung von Christen zulässt“, drohte Trump,„werden die USA jegliche Hilfe und Unterstützung für Nigeria sofort einstellen und möglicherweise mit Waffengewalt in dieses nun in Ungnade gefallene Land einmarschieren, um die islamischen Terroristen, die diese schrecklichen Gräueltaten begehen, vollständig auszulöschen.“
Der Einsatz von Drohnen gegen Nigerias radikale Muslime wäre eine denkbare Option. Aber ob der leicht ablenkbare Trump dieses Thema im Blick behält, ist offen. Immerhin, das brutale Vorgehen gegen die Christen in Afrikas bevölkerungsreichstem Staat (200 Millionen Einwohner) hat Trump vorübergehend in die Schlagzeilen der Weltpresse gebracht.
Trump stationiert Flugzeugträger vor Venezuela
Schon seit Wochen wird spekuliert, ob Trump das korrupte Regime des Sozialisten Nicolás Maduro in Venezuela stürzen will. Mindestens zehn Schnellboote aus dem mittelamerikanischen Land wurden bereits von der US-Navy torpediert.
Der (nicht belegte) Vorwurf: An Bord seien Drogenschmuggler mit dem Ziel USA gewesen. Völkerrechtlich ist ein solches Vorgehen kaum zu rechtfertigen. Die Militäraktionen fanden allesamt in internationalen Gewässern statt.
Inzwischen ist der größte Flugzeugträger der Welt, die USS Gerald R. Ford, auf dem Weg vom Mittelmeer in die Karibik. Weitere Militärschiffe, zehn F-35 Kampfjets und MQ-9 Reaper-Drohnen sind in der Region stationiert, die von B-52-Langstreckenbombern überflogen wird.
US-Bodentruppen scheint es nur wenige zu geben – ein förmlicher Einmarsch ist also weniger wahrscheinlich als ein Angriff mit Drohnen und Raketen.
Trump bestreitet eher halbherzig, dass er einen Militärschlag gegen Maduro vorbereite, den die US-Regierung wegen offenkundiger Manipulationen bei der Wahl 2024 nicht anerkennt und auf dessen Kopf sie eine Belohnung von 50 Millionen Dollar ausgesetzt hat.
Drogenkrieg als Vorwand für Militärmanöver
Es gehe vielmehr um die Drogenkartelle, in deren Schmuggel Maduro verwickelt sei. „Wir behandeln die Kartelle endlich als die zentrale nationale Sicherheitsbedrohung, die sie tatsächlich darstellen. Die Kartelle führen Krieg gegen Amerika“, sagte Trump dieser Tage im Weißen Haus. Und: „Ich glaube nicht, dass wir unbedingt eine Kriegserklärung (vom Kongress, Anmerkung der Red.) fordern werden. Ich denke, wir werden einfach die Leute töten, die Drogen in unser Land bringen. Okay? Wir werden sie töten. Versteht ihr? Sie werden tot sein.“
Doch die meisten Drogen für die USA kommen aus anderen Ländern: Fentanyl aus Mexiko, Kokain weiterhin aus Kolumbien und aus Peru und Bolivien. Dafür, dass Maduro oder sein Regime in irgendeiner Form den Drogenhandel steuert, haben die US-Geheimdienste bislang keine Beweise vorgelegt – auch wenn zwei Neffen von Maduros Frau 2016 inhaftiert wurden bei dem Versuch, Kokain in die USA zu schmuggeln.
Wenn es also nicht um Drogen geht, was ist dann der Hintergrund für Trumps Truppenaufmarsch vor Venezuela? Gern wird darauf verwiesen, dass in dem Land die größten Ölreserven der Welt identifiziert wurden, mehr als in Saudi-Arabien. Trump hat wiederholt kritisiert, dass die USA keinen Zugriff auf Iraks Ölreserven nach der Invasion 2003 bekamen.
Will er in Venezuela einen „besseren Deal“ hinbekommen mit einer Opposition, die er an die Stelle von Maduro setzen will? Bislang verkauft das Regime den Großteil des Öls nach China. Das dürfte Washington wenig gefallen.
Niemand weiß also, ob sich die Welt auf neue Atomtests oder US-Militäreinsätze in Nigeria und Venezuela einstellen muss. Niemand – das dürfte auch den sprunghaften Trump mit seinen rasch wechselnden Ideen einschließen.