Medienberichten zufolge sind neben AfD-Chefin Alice Weidel offenbar auch Spitzenpolitiker wie Alexander Dobrindt (CSU) betroffen. Ausgelöst hat die Debatte der Journalist Alexander Wallasch.
Er schrieb früher ebenfalls Texte für „The European“. Auf seinem Blog heißt es in Bezug auf Weidel, es sei der Anschein erweckt worden, die Politikerin wäre für das Blatt als Autorin tätig oder hätte zumindest eine Erlaubnis für die Zweitverwertung ihrer Beiträge erteilt.
Kritik an Weimer
Weidel prüft nun rechtliche Schritte gegen Weimer – wegen Urheberrechtsverletzung. Ihr Sprecher Daniel Tapp erklärte auf Nachfrage von „t-online“: "Weder war Frau Weidel als Autorin für 'The European' aktiv, noch wurde sie um Erlaubnis gefragt, sie als Autorin mit den entsprechenden Texten auf der Plattform zu veröffentlichen."
Außerdem sagte er: "Die 'Weimer Media Group' wirbt mit dem Slogan 'Heimat für Qualitätsjournalismus' – daran lässt sich zumindest zweifeln." Inzwischen gibt es auch eine öffentliche Reaktion der AfD-Bundestagsfraktion.
Deren kulturpolitischer Sprecher und parlamentarischer Geschäftsführer Götz Frömming erklärte in einem Statement, dass Weimer ein „ernsthaftes Problem“ habe, sollten sich die Vorwürfe gegen ihn erhärten. Könne er sie nicht ausräumen, fordert Götz-Frömming den Kulturstaatsminister zum Rücktritt auf.
Kulturstaatsministerium verweist auf Weimer Media Group
In Bezug auf Alexander Dobrindt hieß es aus dem Bundesinnenministerium: "Bundesminister Dobrindt ist nicht als Autor für 'The European‘ tätig und hat daher auch keinerlei Honorar von dort erhalten."
Anfragen verschiedener Medien zu den Vorwürfen lehnte das Kulturstaatsministerium ab und verwies auf die Weimer Media Group. Am Samstagabend veröffentlichte "The European" eine Stellungnahme.
Stellungnahme von "The European"
Darin heißt es, „The European“ verstehe sich als kuratiertes Debattenportal. „Wir publizieren von Autoren aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien mit unterschiedlichen weltanschaulichen Perspektiven. Die dokumentarische Publikation von Politikerreden geschieht im Rahmen der Urheberrechtsschranken immer honorarfrei und unter Angabe von Quellen.“
So sei man auch mit Weidels Äußerungen aus den Jahren 2017 bis Anfang 2021 verfahren. „Wenn es in jenen Jahren einzelne Fälle gegeben haben sollte, in denen die Quellenangabe unterblieb, bedauern wir dies. Streitigkeiten oder Klagen wegen etwaiger Urheberrechtsverletzungen lagen damals nicht vor und liegen auch dem aktuellen Chefredakteur nicht vor.“
Und weiter: „Texturen“ aus den Jahren vor dem „European-Relaunch“ 2021 seien seinerzeit weitgehend gelöscht worden. Zahlreiche andere Publikationen und Autorenprofile wurden nach Bekanntwerden der aktuellen Vorwürfe offline genommen. „The European“-Herausgeber Ansgar Graw rechtfertigte den Schritt gegenüber „t-online“ mit der Prüfung der „teilweise mehr als 15 Jahre zurückliegenden Genese“.
Zur Frage, ob Weimer in seiner Eigenschaft als Verleger von der Praxis Bescheid wusste, sagte Graw zu FOCUS online: "Chefredakteure handeln bei der Weimer Media Group autonom. Seit dem 1. September 2025 bin ich als Chefredakteur und Herausgeber von The European tätig. Für die hier diskutierten Vorgängen in den Jahren 2017 und danach bin ich darum nicht verantwortlich."
Weiter sagte Graw: "Dass die Autoren von Reden oder Pressemitteilungen etc. als Autoren benannt und zu einer kurzen Vita verlinkt wurden, hat nichts zu tun mit einer Vereinnahmung als „Autoren von TheEuropean“. An keiner Stelle wurde der Eindruck erweckt, es handele sich bei diesen Personen um Mitarbeiter des Portals, sondern es wurde nur darauf hingewiesen, dass sie die Autoren der entsprechenden Äußerungen sind."
Verlag wehrt sich gegen Alice Weidel
Ein Sprecher des Verlages teilte FOCUS online mit: "Alice Weidel hat kein Recht zu entscheiden, ob öffentlich gehaltene Reden über Tagesfragen im The European veröffentlicht werden. Aus gutem Grund muss die freie Presse hier weder um Erlaubnis fragen noch Honorar zahlen. Bislang fanden alle im Bundestag vertretenen Parteien es sehr gut, dass sie mit ihren Meinungen Verbreitung fanden. Das ist ein demokratischer Beitrag zur Debattenkultur. Es handelt sich hier um einen Angriff auf die Pressefreiheit aus rechten Kreisen."
Wolfram Weimer ist seit diesem Jahr Kulturstaatsminister. Er war unter anderem Chefredakteur der "Welt", des FOCUS und des "Cicero". 2012 gründete er mit seiner Ehefrau die Weimer Media Group. Wolfram Weimer gab seine Verlags-Aufgaben im Frühjahr 2025 ab, als sich sein Wechsel in die Politik abzeichnete. Seine Frau führt die Verlags-Geschäfte nun alleine. Einige Publikationen der Gruppe, darunter auch The European, sind im Partnernetzwerk von FOCUS online