Fit ist das neue Schön. Krafttraining ist längst nicht mehr nur Sache von Exzentrikern – von CrossFit bis Calisthenics, von Hyrox bis Functional Training: Starke Muskeln sind zum Lifestyle-Statement geworden. Doch während die Fitness-Community an der perfekten Übung feilt, läuft im Hintergrund ein leiser Prozess ab, der alle betrifft: Ab etwa 50 Jahren baut der Körper Muskelmasse ab. Der Fachbegriff dafür ist Sarkopenie.
Dieser altersbedingte Muskelabbau bedeutet nicht nur, dass die Klimmzüge schwerer fallen oder die Bestzeit beim Laufen stagniert. Mit den Jahren kann der Kraftverlust so stark werden, dass er Mobilität und Lebensqualität spürbar einschränkt. Die gute Nachricht: Man kann gegensteuern – nicht nur mit Training, sondern auch mit der richtigen Ernährung.
Der natürliche Muskelaktivator Oleuropein
Olivenöl gilt seit Jahrhunderten als Herzstück der mediterranen Ernährung. Heute wissen wir: Es steckt voller bioaktiver Substanzen, die weit mehr können, als den Salat lecker machen. Eine der spannendsten ist Oleuropein, ein Polyphenol aus Olivenöl und Olivenblättern.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Padua und Nestlé Lausanne haben entdeckt, dass Oleuropein direkt in den Energiehaushalt der Muskelzellen eingreift. Es aktiviert den sogenannten Mitochondrial Calcium Uniporter (MCU) – ein Molekül, das den Calciumfluss in die Mitochondrien steuert. Mehr Calcium bedeutet mehr Energieproduktion in den „Kraftwerken“ der Zellen – und damit mehr Muskelkraft.
Das Beeindruckende: In Tierversuchen zeigte sich dieser Effekt bereits zwei bis acht Stunden nach der Gabe. Die Muskeln arbeiteten messbar leistungsfähiger, die Ausdauer verbesserte sich.
Olivenöl im Alltag
Die in der Studie verwendete Oleuropein-Menge entspricht etwa 285 Milligramm pro Tag für einen 70-Kilo-Menschen – das ist mit Olivenöl allein schwer zu erreichen. Wer gezielt nachhelfen möchte, kann auf standardisierte Olivenblattextrakte zurückgreifen, die als Kapseln erhältlich sind.
Dennoch lohnt es sich, Extra Vergine Olivenöl fest in den Speiseplan einzubauen. Ein bis zwei Esslöffel am Tag sind ein guter Richtwert. Es passt nicht nur zu Salaten, sondern auch als Finish über Gemüse, Pasta oder Hülsenfrüchte – oder einfach pur.
Mehr als nur Energie: Regeneration und Muskelqualität
Oleuropein und andere Polyphenole aus Olivenöl wirken nicht nur auf die Energieproduktion. Sie unterstützen die Zellen auch bei der Reparatur von Proteinen, wirken entzündungshemmend und verbessern die Reaktion der Muskeln auf Trainingsreize.
Das heißt: schnellere Regeneration, weniger Muskelkater und bessere Anpassung an Krafttraining. Auch die für Muskelwachstum wichtigen Signalwege AMPK und mTOR werden günstig beeinflusst – ein Vorteil nicht nur für ältere, sondern auch für jüngere Sportlerinnen und Sportler.
Mediterran essen, stark bleiben
Wer regelmäßig trainiert, sollte Olivenöl nicht als bloßen Geschmacksträger sehen, sondern als funktionellen Bestandteil seiner Ernährung. Es liefert nicht nur gesunde Fettsäuren, sondern auch bioaktive Substanzen, die den Muskelabbau bremsen und die Leistungsfähigkeit fördern.
Das Fazit: Krafttraining plus mediterrane Ernährung ist das perfekte Duo für alle, die stark bleiben wollen – egal ob mit 30, 50 oder 70. Ein kleiner Löffel Olivenöl am Tag kann ein Baustein für mehr Energie, mehr Muskeln und ein aktives Leben sein.
Werner Siefer ist Biologe, Wissenschaftsjournalist und Autor, der sich auf Hirnforschung und Erzählfähigkeit spezialisiert. Er ist Chefredakteur der HCP Publishing Group, früher leitete er die Redaktion von Focus Gesundheit und die deutsche Ausgabe von National Geographic. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.