Sieben empfehlenswerte Öle - Zwei Esslöffel Olivenöl am Tag schützen vor Schlaganfall - welche geeignet sind

 

Polyphenole: Die Schutzstoffe im Olivenöl

Ihre segensreiche Wirkung ist wissenschaftlich so abgesichert, dass die Produzenten mit den beiden Stoffen auf dem Etikett Werbung treiben dürfen – mit offizieller Erlaubnis der EU. „Olivenöl-Polyphenole tragen dazu bei, die Blutfette vor oxidativem Stress zu schützen“, lautet der erlaubte Health Claim der EU. Olivenöl ist mithin ein Neutraceutical, eines jener modernen Nahrungsmittel mit pharmakologischer Wirkung. Einfacher gesagt: Eine flüssige Genießer-Pille gegen vieles.

Tatsächlich basiert der EU Health Claim auf einer stark wachsenden Zahl wissenschaftlicher Arbeiten zu Polyphenolen. Polyphenole wirken positiv gegen viele Volkskrankheiten: Entzündungen, Allergien, Arterienverkalkung, Thrombosen, das heißt: Schlaganfall und Herzinfarkt, sowie Krebs. Mehr als 8000 verschiedene Strukturen dieser Stoffgruppe sind bekannt, mehrere 100 aus genießbaren Pflanzen, etwa Früchten, Gemüse, Nüssen und Samen, Wurzeln, Rinde, Blätter, beispielsweise in Tee, Kaffee, Wein – und Olivenöl.

Die Polyphenole sind nicht Teil des regulären Pflanzenstoffwechsels. Die Pflanzen bilden sie, um sich gegen Parasiten, Bakterien oder Pilze zur Wehr zu setzen. Ihre wichtigste Eigenschaft ist der Oxidationsschutz.

Oliven produzieren mehr als 20 verschiedene Polyphenole

Polyphenole sind bei Oliven in Blättern, der Frucht sowie im genussfertigen Extrakt der Früchte enthalten – jedoch in sehr unterschiedlichen Mengen. Während der Anteil der Schutzstoffe im Fruchtfleisch bei zwei bis drei Prozent liegt, was die enorme Menge von 200 bis 300 Gramm pro Kilogramm ausmacht, ist im Öl nur noch gut ein Tausendstel davon übrig, nämlich bei Spitzenölen bis 1000 Milligramm pro Liter.

Entscheidend für einen hohen Polyphenol-Gehalt im Öl ist der gesamte Herstellungs- und Verarbeitungsprozess:

  • Am niedrigsten liegt der Wert bei raffinierten Ölen (null bis fünf Milligramm pro Liter)
  • Es folgen Tresteröl (zehn bis 30 Milligramm/Liter)
  • und einfaches „Olivenöl“ (zehn bis 100 Milligramm/Liter).

Polyphenol-Menge abhängig von Reifegrad, Sorte, Alter und Lagerung

Die enthaltene Polyphenol-Menge im Öl hängt aber auch vom Reifegrad der Oliven, womöglich von der Sorte und vom Alter und den Lagerbedingungen des Öls ab. Polyphenole schützen nicht nur das Herz, sondern auch das Öl selbst vor Oxidation und bauen sich dabei selbst ab. Öl, das in dichten Stahltanks mit Edelgas überlagert ist, hält sich länger frisch und sein Polyphenol-Gehalt bleibt über die Zeit länger hoch als solches, das in einer angebrochenen Flasche in der warmen Küche steht.

Die gesundheitliche Relevanz eines Olivenöls steht also direkt mit seiner Position in der Qualitätspyramide in Zusammenhang – auch das regelt die EU-Verordnung. Erzeuger, die das Gesundheitsversprechen aufs Etikett drucken wollen, müssen damit auf ein Öl verweisen, das mindestens fünf Milligramm Hydroxytyrosol oder Tyrosol pro 20 Gramm Öl enthält. Auf das Kilogramm bezogen entspricht das 250 Milligramm.

Die positive Wirkung stellt sich demnach ein, wenn ein Konsument täglich 20 Gramm eines solchen Olivenöl konsumiert (20 Gramm entsprechen zwei flachen Esslöffeln).  

Sieben empfehlenswerte Olivenöle

Empfehlenswert sind aufgrund ihres Polyphenol-Gehalts besonders folgende Produkte:

  • Francesco Cillo: Coratino Mono 2023
  • Olearia Schiralli: Crudo 2023
  • Tommaso Masciantonio: Crognale 2023
  • Cosmo Di Russo: Itrana Verde Mare 2023
  • Terraliva - Giuseppe Frontino: Nocellara Etnea Cherubino Bio 2023
  • Decimi: N. 51 2023
  • Marfuga: Frontoio Sassente Bio 2023; Moraiolo Láffiorante Bio 2023; Umbria Colli Assisi-Spoleto DOP Riserva Bio 2023

Positive Effekte auf Herz-Kreislaufsystem

Tyrosol und Hydroxytyrosol stellen den größten Mengenanteil an Polyphenolen im Olivenöl. Ihre positiven Effekte auf das Herz-Kreislaufsystem und Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Arteriosklerose, so ergeben Studien, hängt mit ihrem Einfluss auf das Cholesterin im Blut zusammen. Die Substanzen verhindern die Oxidation von LDL (low density lipoprotein) und damit die Verkalkung der Gefäße. Ein oxidiertes LDL kann leichter in die Wände der Arterien eindringen und dort zusammen mit den Makrophagen des Immunsystems den atherosklerotischen Prozess, vulgo: die Verkalkung, starten, der bis zum Gefäßverschluss fortschreiten kann. Im Gehirn steigt das Risiko eines Schlaganfalls und einer Demenz, im Herzen das eines Infarkts.

Zu den positiven Effekten kommt hinzu, dass die Ölsäure, die der Menge nach bis 80 Prozent des Olivenöls ausmacht, den HDL-Wert im Blut erhöht und zusätzlich seine Oxidation verhindert. Auch dieser Vorgang verbessert den Fettstoffwechsel verbessert. Denn umgekehrt ist ein oxidiertes HDL nicht mehr in der Lage freies Cholesterin zu binden und in die Leber zu transportieren, wo es abgebaut werden kann.

Olivenöl-Studien im Check

Gesundheitliche Aussagen zu treffen, bedeutet für Wissenschaftler sehr viel Arbeit. Sie würden – hier ist die Wortwahl entscheidend – auch nie davon sprechen, dass die Zusammenhänge zwischen Polyphenol und Gesundheit „bewiesen“ sind, so wie etwa bewiesen ist, dass die Erde rund ist. Eher sprechen sie von Indizien, Hinweisen oder klarer: Evidenzebenen. Jede Ebene ist für sich mit bestimmten Vor- und Nachteilen verbunden.

Die stärkste Aussagekraft besitzen epidemiologische Daten , etwa für die Bevölkerung eines Landes. So ist bekannt, dass Italiener seltener an Krebs erkranken als etwa US-Amerikaner. Aber niemand weiß, ob wegen der mediterranen Diät, wegen des höheren Konsums an Olivenöl oder dem häufigeren Besuch von Strandbädern.  

Die nächstniedrige Stufe haben klinische Studien mit genau erfassten und instruierten Studienteilnehmern, die sie in großer Zahl über einen längeren Zeitraum beobachten. Aber: Sagen solche Probanden immer die Wahrheit und tun sie genau das, was sie den Forschern versprochen haben? Danach folgen Versuche an Tieren. Doch hier ist nicht immer klar, ob bei ihnen die geprüften Substanzen genauso wirken, wie beim Menschen.  

Auf der untersten Stufe schließlich stehen Zelllinien, die notorisch verschiedene Erkrankungen ausbilden, etwa Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislaufleiden. Studien mit Zellen sind schnell und unkompliziert: Statt übers Weißbrot geben die Forscher eine bestimmte Menge an Olivenöl oder die Polyphenole direkt über die Zellen und prüfen, wie stark dieses Vorgehen im Schnitt etwa die Zuckerkrankheit zu bremsen vermag. Nachteil hier: Die Situation gibt es in Wirklichkeit nicht. Auf Zellen im menschlichen Körper wirkt Olivenöl nie direkt ein und schon gar nicht in einer Konzentration, wie sie etwa im Mund vorherrscht.  

Das wirft die Frage nach der Bioverfügbarkeit auf. Welcher Stoff kommt am fraglichen Gewebe im Körper an und in welcher Menge? Je nach chemischer Struktur kann das sehr unterschiedlich sein.

Die Wirkung von Tyrosol und Hydroxytyrosol auf den Fettstoffwechsel haben das Level I erreicht. Sie haben den klinischen Test an Menschen bestanden – wenn auch noch mit wenigen Studienteilnehmern. Daher und weil Belege auf niederen Evidenzebenen in die gleiche Richtung weisen, gab die EU im November 2011 grünes Licht für den Health Claim.

Einsatz von Olivenöl im Rahmen von Chemotherapien

Ein heißer Kandidat für eine weitere Gesundheitsaussage ist das in Olivenöl enthaltene, bitter schmeckende Oleuropein. Studien haben gezeigt, dass das Polyphenol das bösartige Fortschreiten von Speiseröhrenkrebs, Magenkrebs, Brustkrebs, Lungenkrebs, Leberkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Eierstockkrebs, Prostatakrebs und Gebärmutterhalskrebs wirksam hemmen kann. Der Stoff scheint einen Prozess zu befördern, der das Wachstum von Krebszellen hemmt, ihre Wanderung verhindert und die Apoptose befördert, also eine Art Selbstmord-Programm der Krebszellen.

„Ausgehend von diesen Erkenntnissen kann der Schluss gezogen werden, dass Oleuropein als vielversprechendes chemopräventives und chemotherapeutisches Mittel gegen Krebs fungieren kann“, schreibt eine Gruppe Wissenschaftler um Ahn Kwang Seok von der Kyung Hee University im koreanischen Soul. Seine detaillierten krebshemmenden Wirkungen und die zugrunde liegenden Mechanismen müssen jedoch in zukünftigen präklinischen und klinischen Studien weiter validiert werden.

Anzunehmen ist, dass der Effekt von Oleuropein eher milde ausfällt und sich auf lange Sicht entfaltet. Daher sollte niemand auf die Idee verfallen, Olivenöl als Chemotherapeutikum zu verwenden, betont Magdalena Górska-Ponikowska, die an der Universität Gdansk arbeitet. Ist eine Neubildung entstanden, gilt es, sich an die medizinischen Leitlinien der Krebstherapie zu halten. Allerdings gibt es Hinweise, dass eine zusätzliche Gabe von Oleuropein die Wirkung einer Chemotherapie verbessert, wodurch sich ihre Dosis womöglich senken lässt.

Pharmazeutin rät: regelmäßig Olivenöl essen

Górska-Ponikowska ist ausgebildete Pharmazeutin und rät zu regelmäßigem Genuss von Olivenöl, im Salat, bei Vorspeisen, mit Nudelgerichten und Gemüse – und nicht etwa Polyphenol-Präparaten, wie sie in Form von Pillen oder Pulver im Handel erhältlich sind. Denn das flüssige Gold enthalte neben vielen noch weniger erforschten Polyphenolen auch Vitamine, Mineralien sowie andere Stoffe, welche die Bioverfügbarkeit der Polyphenole im Körper erhöhen würden. Hinzu komme der Effekt der Ölsäure auf des „gute“ HDL-Cholesterin und somit der Schutz vor Arterienverkalkung.                        

Die Studie einer Arbeitsgruppe um den Pharmazeuten Francesco Visioli von der Universität von Mailand stützt die Einschätzung Górska-Ponikowskas. Die Forscher verabreichten Ratten Hydroxytyrosol in drei Varianten: in synthetischer Form eingerührt in Joghurt, in synthetischer Form zugegeben in Olivenöl und schließlich in Form eines (echten) Extra Vergine.

Anschließend überprüften sie, wie viel davon die Tiere mit dem Urin wieder ausschieden. Dieser Wert gilt als Maß dafür, wie viel der Körper tatsächlich aufgenommen hat. Ergebnis: Nur 5,8 Prozent beim Joghurt, wenig mehr beim angereicherten Olivenöl. Beim Extra Vergine waren es jedoch 44,2 Prozent. „Olivenöl ist also tatsächlich die beste Form, um Polyphenole zu sich zu nehmen“, bestätigt Gesundheitsforscherin Maria-Isabel Covas.