Arche-Sprecher stützt Merz und sieht in manchen Gegenden "Hass auf alles Deutsche"

Eine Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz zu Migration im Stadtbild hat eine hitzige Debatte ausgelöst. Linke und Grüne kritisierten den CDU-Vorsitzenden und forderten eine Entschuldigung. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer stellte sich dagegen hinter seinen Parteifreund. Auch die Meinungen der FOCUS-online-Leser sind unterschiedlich.

Nun pflichtet der Berliner Arche-Sprecher Wolfgang Büscher dem Kanzler bei, schränkt aber gleichzeitig ein. "Herr Merz hat recht. Aber wir bekommen es nicht gelöst, wenn wir ein paar Hundert Leute abschieben", sagt er im Interview mit dem Sender "Welt".

Der Kanzler war bei einem Termin in Potsdam am Dienstag von einem Reporter auf das Erstarken der AfD angesprochen worden. Er sagte daraufhin unter anderem, dass man nun frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und Fortschritte mache. "Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen."

Merz
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Imago

Büscher sieht in Stadtbezirken "unwahrscheinlichen Hass auf alles Deutsche"

"Wenn das Stadtbild so wahrgenommen wird, dann ist das so, dann ist das Fakt. Da hat der Bundeskanzler durchaus recht", so Büscher. Ein Beispiel: "Wir haben in Stadtbezirken wie hier in Berlin, in Neukölln, Antisemitismus, Israelfeindlichkeit und einen unwahrscheinlichen Hass auf alles Deutsche."

Die Konsequenz könne aber nicht sein, einfach einige Hundert Menschen abzuschieben. "Das wird definitiv nicht funktionieren. Es ist ganz wichtig: Die Menschen sind hier. Und wir bekommen sie auch nicht wieder weg.“

Aussage von migrierten Eltern: "Ich räche mich an der Politik, ich wähle AfD"

Im Gespräch mit "Welt" berichtet der Arche-Sprecher von einem Besuch am Standort in München-Moosach, wo "95 Prozent aller Kinder arabische Geflüchtete" seien. Diese Menschen hätten aus seiner Erfahrung vor allem eines: Angst. "Sie haben Angst um ihre Kinder, Angst um ihre Wohnungen, sie fühlen sich bedroht." Was er häufig als Konsequenz in zahlreichen Elterngesprächen erlebt habe, sei die Aussage "Ich räche mich da an der Politik, ich wähle AfD".

Die Konsequenz, die Büscher fordert: Man müsse sich um die Geflüchteten kümmern und sie ausbilden, gerade in Berufen mit zu wenig Nachwuchs wie etwa solchen aus dem Handwerk. Zudem forderte er die Politik dazu auf, die Menschen besser in Deutschland zu verteilen.

Der Berliner S-Bahnhof Neukölln. (Archivfoto)
Der Berliner S-Bahnhof Neukölln. (Archivfoto) Paul Zinken/dpa

"Das alles ist falsch": Arche-Sprecher zerlegt deutsche Migrationspolitik

Den Ansatz der Kommunen sieht Büscher deutschlandweit kritisch, wie er gegenüber "Welt" erklärt. "Da wird ein Haus gebaut mit 80 Wohnungen und dann werden da 75 Familien mit Geflüchteten reingesteckt. Dann werden die Kinder alle auf eine Schule geschickt und wir haben einen neuen Brennpunkt. Das alles ist falsch." 

Die Menschen in Deutschland, die den aktuellen Umgang kritisch sehen, seien nicht allesamt Rechte. "Sie haben einfach nur Angst. Wir müssen langsam anfangen und zwar alle Parteien, über diese Probleme zu reden." Er kenne viele Leute, die eine Meinung zu dieser Problematik hätten, aber nicht mal "einen kennen, der einen kennt, der einen Flüchtling kennt. Und das finde ich entsetzlich und schade."

Büscher über Politiker: "Wenn wir mit Ihnen über die Situation sprechen, flüchten sie" 

Ob er Gelegenheit habe, seine Ideen gegenüber Politikern zu erklären, wird Büscher außerdem gefragt. „Wir haben viele Politiker zu Gast“, sagt der Arche-Sprecher und verweist vor allem auf Fototermine. Mit den Schilderungen der Probleme dringe er aber nicht durch. "Wenn wir mit Ihnen über die Situation sprechen, flüchten sie." 

Zudem kritisierte er, dass es zahlreiche "Wohlstandssozialisten" unter den Politikern gebe, die sich zu den Themen äußern. "Die sagen, sie sollen alle kommen, aber sie sind weit weg. Sie haben mit Ihnen nichts zu tun."