Die Würfel sind gefallen: Die Bundesregierung wird weiter Milliarden in die E-Mobilität stecken. Vor allem Dienstwagenfahrer werden mit üppigen Abschreibungsmöglichkeiten, Kfz-Steuerfreiheit bis 2035 und nun auch noch neuen Kaufprämien geködert. Konzerne wie SAP erlauben ab 2026 nur noch Stromer als Dienstwagen. Für den VW Passat, über Jahrzehnte der König aller Dienstwagen, bedeutet das mittelfristig das Todesurteil. Er hat bei VW ebenso wenig Zukunft wie der Dieselmotor, mit dem das Auto immer am besten ausgerüstet war.
Und nun? Ganz einfach: Künftig sollen alle Langstrecken-Fahrer auf den elektrischen ID.7 Tourer umsteigen. Der hat in etwa so viel Platz wie der Passat, kostet ausstattungsbereinigt auch nicht viel mehr und wird ja ohnehin vom Steuerzahler gesponsert. Da fällt die Wahl leicht, sofern man sie überhaupt noch hat. Aber was darf man von dem Auto wirklich erwarten? Wir haben es getestet.
Karosserie und Innenraum
Schick sieht er aus, der ID.7. Ob man die Optik des fast fünf Meter langen Kombis nun eleganter findet als die des Passat, bleibt jedem selbst überlassen, aber von der automobilen Bettkante wird den ID.7 wohl keiner stoßen. Die inneren Werte stimmen auch: Viel Platz vorn und sehr viel Bein- und Kopffreiheit hinten. Optional gibt es ein Panorama-Glasdach. Der Kofferraum schluckt 605 Liter (1714 Liter bei umgelegten Rücksitzen), beim Passat sind es 510 bis 1920 Liter. Einen richtigen Frunk (Front-Kofferraum) hat der ID.7 nicht, allerdings gibt es dafür im Zubehörhandel eine Nachrüstlösung, weil der ID.7 ein sehr beliebter und weit verbreiteter Stromer ist. Übrigens: Während es den ID.7 als Kombi und Coupé-Limousine gibt, fährt der Passat nur noch als Variant vor. Allerdings ist er ein Stückchen kürzer als der ID Tourer, und in engen Parklücken kann das schon etwas ausmachen.
Bedienung und Infotainment
Leider wurde der ID.7 noch in der ausgehenden "Slider"-Phase von VW entwickelt, es fehlt ein normaler Drehknopf für die Radio-/Infotainment-Lautstärke. Das aufs Armaturenbrett gepfropfte Display sieht nicht wirklich schön aus. Immerhin ist es schön groß. Beim Rückwärtsfahren fällt allerdings sofort das grobpixelige Bild der Kamera ins Auge. Das können gerade viele China-Autos heute besser.
Die Navigation selbst gefiel uns gut, vor allem wenn das optionale Head-Up-Display an Bord ist. Dann "fliegen" bei Abzweigungen virtuelle Pfeile über die Scheibe und weisen den Weg, ohne dass man auf die Karte schauen muss. Auch die Kopplung mit dem Smartphone klappte reibungslos.
Irritierend ist, dass der ID.7 zwar noch einen Startknopf hat, man den aber gar nicht braucht. Der Wagen erkennt den Schlüssel und man muss den Drehschalter am Lenkrad nur auf D schalten (oder auf B, wenn man Fahren mit stärkerer Rekuperation wünscht). Das funktioniert ganz gut - meistens jedenfalls: Wenn man sich beim Rückwärtseinparken abschnallt, stoppt der VW nach ein paar Sekunden mitten im Parkvorgang abrupt und stellt die "Zündung" aus - mit dem Gruß "Auf Wiedersehen" im Display. Erst dachten wir, es wäre die automatische Notbremse, doch nein, das Auto macht das immer so. Ein derartiger Eingriff ins Fahren ist ein absolutes No-Go.
Wesentlich besser hat uns der Abstandsregeltempomat mit Tempo-Anpassung gefallen. Der VW hält auf der Autobahn brav den eingestellten Abstand, bremst und beschleunigt dabei weder zu schnell noch zu langsam und passt, wenn man das einstellt, die Geschwindigkeit auch automatisch ans aktuelle Tempolimit an.
Fahrwerk und Fahrverhalten
Zuerst zum Positiven: Eine Fahrt im VW ID.7 ist sehr leise. Zum einen natürlich wegen des E-Antriebs, zum anderen wegen der guten Geräuschdämmung und den niedrigen Windgeräuschen des windschlüpfigen Kombis. Auch das Fahrwerk ist komfortabel, erst recht mit adaptiven Stoßdämpfern. Weniger gemütlich als in einem Passat reist es sich im ID Tourer jedenfalls nicht, eher noch etwas entspannter.
Beim Gewicht allerdings hört der Spaß auf. Satte 2,3 Tonnen bringt das Fahrzeug auf die Waage, während ein Passat Variant zwischen 1,5 und 1,8 Tonnen rangiert. Das hohe Gewicht merkt man in jeder Kurve und wir würden mutmaßen, dass das einem geringen Fahrwerksverschleiß nicht eben zuträglich ist. Traktionsprobleme hat man im heckgetriebenen E-Passat allerdings nicht. Nur wer öfter durch schneereiche Regionen kreuzen muss, sollte überlegen, ob er dann nicht gleich die GTX-Version mit Allradantrieb ordert.
Motor, Antrieb und Verbrauch
Den ID.7 Tourer gibt es in drei Versionen - einmal in der von uns getesteten Heckantriebs-Version mit 210 kW / 286 PS als "Pro", als "Pro S" und als 340 PS starken Allradler. Allein durch die Masse an Auto können die 286 Pferdchen nicht schaden, 545 Newtonmeter Drehmoment sorgen für satten Schub und in 6,6 Sekunden geht es von 0 auf 100 km/h. Da kommt nicht mal der Passat eHbyrid mit seinen 272 PS mit; nur der Passat 2.0 TSI 4Motion ist schneller. Allerdings wirft der elektrische ID.7 schon bei 180 km/h den Anker, elektronisch begrenzt. Das gilt auch für die leistungsgesteigerte GTX-Version.
Der Akku des ID.7 speichert netto 77 Kilowattstunden (86 beim GTX und beim Pro S). Unser Testwagen sollte mindestens 606 Kilometer weit kommen, was er allerdings nicht tat. Realistisch ist eine Reichweite um 400 Kilometer, wenn man nicht gerade vorwiegend in der Stadt oder reine Landstraßen-Strecken fährt. Jeder Fahrer eines Passat TDI liegt bei solchen Reichweiten-Daten natürlich lachend am Boden.
Auch der angegebene Durchschnittsverbrauch von 14,4 Kilowattstunden ist unrealistisch, man muss eher mit 17 bis 18 kWh auf 100 km rechnen. Die Verbrauchsangaben für die Basisversion bedingen übrigens den Einsatz von etwas unschönen 19-Zoll-Rädern.
Im Vergleich zu vielen Elektro-SUV steigt der Stromhunger allerdings auf der Autobahn nicht so stark an, so dass man um die 350 Kilometer auch mit einem halbwegs realistischen Reisetempo zwischen 130 und 150 km/h schaffen kann. Die Ladeleistung am Schnelllader gibt VW mit maximal 175 kW an. Bei uns waren es in der Spitze der Ladekurve 165 kW, manchmal auch nur 90. Ebenfalls nicht so dolle ist die Wechselstrom-Ladeleistung an der Wallbox - der VW schafft da nur 11 kW.
Und wie sieht es nun aus mit dem Diesel-Ersatz auf der Langstrecke? Nun ja, mal so, mal so. Das konnte man während des ID.7 bei einer Fahrt von München nach Kassel und zurück gut feststellen.
Schnellladen an der Autobahn? Kann super funktionieren...
Auf dem Hinweg klappte alles weitgehend problemlos mit zwei berechneten Ladestopps. Die dauerten wie üblich länger als es Autohersteller und Ladesäulenbetreiber suggerieren - so waren es zum Beispiel trotz Akku-Vorkonditionierung mit vom System in Aussicht gestellten 164 kW Ladeleistung einmal doch nur 90. Das oft ins Feld geführte Argument, dass das in der Regel an der Ladesäule liegt, ist dem durchschnittlichen Autofahrer ziemlich wurscht: Es funktioniert halt nicht so wie gedacht. Aber immerhin: Zur eigentlichen Fahrtstrecke kamen "nur" 70 Minuten Ladezeit hinzu und die angesteuerten Ladeparks hatten alle genügend freie Säulen.
...oder auch gar nicht
Auf der Rückfahrt passierte dann das, was man bei der stetig steigenden Anzahl von E-Autos leider immer öfter erlebt. Der nötige Ladestopp im Raum Nürnberg geriet zum Desaster. Zum einen, weil das VW-Navi bei der Anzeige von freien Ladesäulen offenbar nicht immer aktuelle Daten hat, zum anderen, weil diese Funktion in der Realität auch wenig bringt: In den 10 bis 20 Minuten, bis man an einer vermeintlich freien Säule ist, kann die schon belegt sein.
Das war der Fall bei allen angesteuerten Ladesäulen - Allego, Fastned, sogar die zur Not ausgewählten gammeligen und vermüllten Ladesäulen an Rastplätzen waren im Umkreis belegt. Drei Säulen - eine bei EWE, eine an einem Rastplatz und eine bei Allego - funktionierten überhaupt nicht. Alternativ hätte man einen Tesla Supercharger ansteuern können. Dafür braucht es aber die Tesla-App - danke nein. Schließlich, nach rund 45 Minuten Herumkurverei, fand sich eine Aral-Tankstelle mit zwei Aral Pulse-Schnellladern, von denen einer nach fünf Minuten zum Glück frei wurde.
Preise und Ausstattung
Gleich vorweg: Aktuell sollte man sich überhaupt kein Elektroauto kaufen, sondern noch etwas warten, bis die neuen Kaufprämien da sind. Dann schießt der Staat - also die Steuerzahler - wieder ein paar Tausender zu. Das gilt auch für Gebrauchtwagen, wobei es die vom ID.7 (kam 2024 auf den Markt) natürlich noch kaum gibt. Einen neuen VW ID.7 Tourer bekommt man ab 54.905 Euro ("Pro" mit 77 kWh-Akku, der Pro S mit größerem Akku liegt bei knapp 60.000 Euro). Zum Vergleich: Einen VW Passat Variant bekommt man als Basis-Benziner ab 41.690 Euro, mit Diesel ab 43.515 Euro und als Plug-In-Hybrid beginnen die Preise bei 52.430 Euro. Ausstattungsbereinigt schrumpft die Preis-Distanz allerdings. Zur Serienausstattung des ID.7 Tourer gehören unter anderem Sitzheizung, Rückfahrkamera, Abstandsregeltempomat, Head-Up-Display und LED-Scheinwerfer.
Fazit
Die Einstiegsfrage - kann dieses Auto den Diesel ersetzen - lässt sich schnell beantworten: Nein. Allein die Zeit, die wir warten mussten, bis der Schnellader an der Tankstelle frei wurde, hätte gereicht, einen Diesel-PKW aufzutanken. Und nicht mal das wäre nötig gewesen für eine Strecke von knapp 500 Kilometern. Kurzum: Die E-Mobilität erfordert nach wie vor eine Umstellung, zumindest dann, wenn sie unbedingt auf der Langstrecke erfolgen soll und man auf öffentliches Laden angewiesen ist. Während man die reine Ladezeit immerhin als Arbeitszeit planen und nutzen kann - sofern man einen Beruf hat, den man per Laptop oder Handy erledigen kann - spiegelt sich die schnell steigende Zahl von E-Fahrzeugen immer öfter in der Besetzung der Ladesäulen wider. In den kommenden Jahren werden wir ein Hase- und Igel-Rennen zwischen Zahl der E-Autos und dem Wachstum der Ladeinfrastruktur erleben.
Was das Fahrzeug selbst angeht: Wenn man einmal von der bescheidenen Höchstgeschwindigkeit absieht, ist das Fahren im VW ID.7 mindestens genau so komfortabel wie im Passat und letztlich noch ein bisschen relaxter. Man gleitet superleise und durch sauber arbeitende Assistenzsysteme unterstützt über die Bahn. Das Platzangebot des Elektro-Kombis stimmt auch. Der höhere Preis ist eher nebensächlich, da ein Fahrzeug wie der ID.7 wohl fast immer als Dienstwagen unterwegs ist und dann die Steuervorteile entscheidender sind als der Kaufpreis. Zumal ja künftig auch noch mehr Subventionen dazu kommen.
VW ID.7 Tourer - Plus und Minus
Pluspunkte
- Sehr gutes Platzangebot
- Gutes Infotainment- und Navigationssytem
- Hoher Fahrkmofort und gute Geräuschdämmung
- Hilfreiche Assistenzsysteme, gerade auf der Autobahn
- Gute Fahrleistungen
Minuspunkte
- Reichweite nur zufriedenstellend
- Durchschnittliche Ladeleistung
- Hohes Gewicht
- Hoher Einstiegspreis
Technische Daten VW ID.7 Tourer Pro
- Motor: E-Motor
- Leistung: max. 210 kW / 286 PS
- Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h (abgeregelt)
- Beschleunigung 0 – 100 km/h: 6,6 Sekunden
- Antrieb: Heckantrieb (Allrad optional)
- Leergewicht: 2180 kg
- Normverbrauch: 14 kWh / 100 km
- Reichweite (Herstellerangabe): max. 606 km
- Reichweite (im FOCUS online-Test): 400 km
- Preis: ab 54.905 Euro
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