Harmlose Mückenstiche? „Häufiger große, ungewöhnliche Reaktionen“
Harmlose Mückenstiche? „Häufiger große, ungewöhnliche Reaktionen“
Auf viele Insektenstiche folgen bei immer mehr Menschen deutliche stärkere Reaktionen. Die Gründe dafür sind allerdings verschieden.
Es ist Hochsommer und damit auch Mückenzeit. In welchem Ausmaß die Stechmücken im Landkreis umherschwirren, ist stark abhängig vom Wetter. „Der Regen im Frühjahr und dann die Hitzewelle, das waren schon perfekte Bedingungen, dass sich die Mückenlarven entwickeln“, sagt Apothekensprecher Christopher Hummel. Er stellt fest: „Sobald die Wetterbedingungen für Mücken günstig sind, kommen mehr Menschen mit Problemen nach Stichen in die Apotheken.“ Eins fällt dabei Ärzten und auch Apothekern auf: Die Häufigkeit der stärkeren Reaktionen auf vermeintlich harmlose Mückenstiche nimmt zu. Die Gründe dafür sind verschieden.
Einige Mücken können Krankheiten übertragen – Beispiel: Tigermücke
„Ich merke von Jahr zu Jahr, dass definitiv mehr Leute stärkere Reaktionen auf Mückenstiche haben. Dadurch, dass es hier immer wärmer wird, kommen auch mehr Mücken, die bisher nur in südlicheren Ländern waren, zu uns“, so Hummel. Und weiter: „Einige dieser Mücken, nur ein Beispiel dafür ist die Tigermücke, können Krankheiten übertragen. Wird man von so einer Mücke, deren Speichel mit Krankheitserregern infiziert ist, gestochen, kommt es nicht selten zu Entzündungen oder stärkeren Schwellungen.“ Dies sei auf die bakterielle Verunreinigung im Speichel der Insekten zurückzuführen.
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Dr. Matthias Bohnenberger ist Sprecher der Tölzer Hausärzte und hat eine Praxis für Allgemeinmedizin in Bad Tölz. Er berichtet: „In der jüngsten Hitzeperiode waren es schon viele Patienten, die mit Stichen die Praxis aufgesucht haben.“ Dies sei im Sommer bei warmem und dampfigem Wetter üblich. Im Gegensatz zu Wespen- oder Bienenstichen sei bei Stechmücken eine echte Allergie allerdings selten. „Aber zu ausgeprägten Lokalreaktionen an der Einstichstelle kommt es häufig“, sagt Bohnenberger. „Gefährlich wird es dann, wenn man sich die Stelle aufkratzt. Dadurch kommt Schmutz in die Wunde.“ Im schlimmsten Fall könne dies sogar zu einer Blutvergiftung führen, mahnt der Hausarzt.
Viele denken, sie haben eine Mückenallergie, aber oft handelt es sich um eine normale Immunreaktion bei empfindlicher Haut oder eine Entzündung.
Das sagt auch Dr. Stefanie Haberger, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Allergologin an der Fachklinik Gaißach. „Viele Menschen denken, sie haben eine Mückenallergie, aber oft handelt es sich um eine normale Immunreaktion bei empfindlicher Haut oder eine Entzündung durch Kratzen.“ Außerdem sei die Haut im Sommer öfter schwitzig oder verschmutzt, was eine Infektion weiter begünstige. Selten gebe es auch Reaktionen auf bestimmte Mückenarten, etwa die Tigermücke, die stärker reizende Stoffe im Speichel haben. „Bei einer seltenen Mückenallergie reagiert das Immunsystem überempfindlich auf Proteine im Speichel der Mücke – und zwar stärker als üblich. Während viele Menschen nur eine kleine Quaddel mit leichtem Juckreiz bekommen, zeigen Allergiker deutlich stärkere Symptome“, erklärt die Ärztin aus Lenggries weiter.
Zusammenhang mit Klimawandel
Auch der Kinderärztin fällt im Berufsalltag allerdings auf, dass sich stärkere Reaktionen auf Mückenstiche häufen würden. „Es gab in den vergangenen Jahren auch mehr Niederschlag in den warmen Sommermonaten. So können sich die Mücken besser vermehren und im feuchtwarmen Klima auch mehr Erreger auf ihren Rüsseln tragen, die Entzündungen auslösen können.“
Überdies erklärt Haberger: „Eine Studie zeigt, dass bei Kindern mit Pollenallergie oder Neurodermitis deutlich häufiger große, ungewöhnliche Reaktionen auf Mückenstiche auftreten.“ Dies bedeute, dass Menschen mit Allergieneigung stärker reagieren, allerdings spricht das laut Haberger nicht zwingend für eine zunehmende Häufigkeit der Mückenallergie. „Die ist an sich selten.“ Sowohl Haberger als auch Bohnenberger erwähnen in diesem Kontext auch, dass es seit vielen Jahren einen Anstieg der Allergien in Deutschland zu verzeichnen gibt. Haberger: „Aktuell ist das Niveau hoch, aber weitgehend stabil. Die längere Pollensaison oder höhere Pollenbelastung durch den Klimawandel verstärken allerdings bei Allergikern die Symptome.“
Abwehrsprays oder ätherische Öle helfen
Wer eine deutliche Reaktion auf einen Mückenstich hat, kann sich in der Apotheke beraten lassen. „Es gibt sehr gute Salben und Mittel für Stiche auf chemischer Basis. Wenn es nicht allzu schlimm ist, und man lieber etwas Natürliches auf die Haut gibt, kann man sich auch mit ätherischen Ölen helfen“, sagt Hummel. Überdies sei es in jedem Fall wichtig, den Stich sauber zu halten und zu kühlen. Zudem rät Hummel dringend zu Präventionsmaßnahmen. „Die Mückenabwehrsprays helfen wirklich gut.“ Auch hier gelte das Gleiche: „Es gibt auch natürliche Mittel und Öle, die die Insekten etwas abhalten.“ Bei stärkeren Reaktionen wie großen Schwellungen, Entzündungen oder gar Kopfschmerzen, Atemnot, Schwindel oder Übelkeit müsse unbedingt ein Arzt aufgesucht werden, unterstreicht der Gaißacher Apotheker.