Nordkorea-Söldner fehlen: Putins „wilde Krieger“ plötzlich verschwunden

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Rückzug festgestellt – und neuer Aufmarsch erwartet. Bei Kursk bereiten sich die nordkoreanischen Söldner offenbar auf eine zweite Welle vor; und sind dabei, ihre alten Fehler auszumerzen. © dpa

Russland hat offenbar seine Nordkoreaner aus Kursk abgezogen. Vermutlich kommen sie bald sehr viel stärker wieder – dann auch gegen Drohnen gestählt.

Kursk – „Ukrainische Soldaten, die gegen Nordkorea gekämpft haben, beschreiben diese als wilde Krieger“, notieren Michael Schwirtz und Julian E. Barnes. Laut der New York Times (NYT) seien Wladimir Putins „wilde Krieger“ plötzlich verschwunden. Die Offensivkräfte in der Ukraine hätten wohl festgestellt, dass die vom nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un an Russland verliehenen Söldner offenbar von der Front abgezogen worden seien, wie auch die Ukrainska Prawda meldet.

Der Abzug sei demnach von Oberst Oleksandr Kindratenko bestätigt worden. „Vermutlich waren sie nach schweren Verlusten zum Rückzug gezwungen“, sagt der Sprecher ukrainischer Spezialeinsatzkräfte. Der britische Independent erinnert daran, dass kürzlich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj behauptet haben soll, rund ein Drittel der mehr als 10.000 in Kursk stationierten nordkoreanischen Soldaten seien bereits verwundet oder getötet worden.

Ukraine-Krieg wird eskalieren: Dass die Nordkoreaner wiederkommen, gilt als sicher

Dass die Nordkoreaner wiederkommen, gilt als sicher. Pjöngjang habe ein eigenes konkretes Interesse an der Beteiligung seiner Soldaten am Ukraine-Krieg, schreibt Alina Hrytsenko. Die Analystin des Thinktanks Atlantic Council legt nahe, dass Nordkoreas Diktator Kim Jong-un vor allem seine Bodentruppen kriegstüchtig machen will, um einen Konflikt mit Südkorea erfolgreich bestreiten zu können. „Eine Entfernung von etwas mehr als drei Kilometern ist alles, was die unterschiedlichen Welten auf der koreanischen Halbinsel trennt“, schreibt beispielsweise auch der britische Sender Sky News in einer Überlegung, wie ein künftiger Krieg zwischen beiden Ländern aussehen könnte.

„Wir intensivieren die taktische Ausbildung, verstärken die militärische Ausrüstung und verdoppeln die Zahl der Militärdolmetscher im Vergleich zum ersten Einsatz, um die Kommunikation zwischen russischen und nordkoreanischen Soldaten während der Durchführung von Operationen zu maximieren.“

Vielleicht ähnlich, wie der letzte Korea-Krieg, als der nordkoreanische Führer Kim Il-sung im Sommer 1950 Truppen über den 38. Breitengrad in Marsch gesetzt hatte – unterstützt von Josef Stalin in der Sowjetunion und Mao Zedong in China, woran Sky erinnert. Nordkorea hat rund 1,3 Millionen Kräfte aktiv unter Waffen, der Süden etwas mehr als die Hälfte davon. Abgesehen von den Reserven hätte Kim also an marschierenden Truppen zunächst einen wesentlichen Vorteil.

Zudem stünden in Grenznähe mehr als 6.000 Artillerie-Einheiten auf nördlicher Seite; deren Reichweite zielt neben Seoul auch auf andere Metropolen. Der US-Thinktank RAND hatte im Jahr 2020 veröffentlicht, dass ein einstündiges Bombardement mit Mittel- und Langstreckenartillerie mehr als 200.000 Opfer fordern könnte – darüber hatte beispielsweise die Korean Times berichtet. Jede Minute führe prognostisch mindestens zu 4.000 Opfern. Möglicherweise sei die umkämpfte Landmasse geografisch zu eng, um beispielsweise mit taktischen Atomwaffen große Vorteile generieren zu können. Insofern gewännen die Bodentruppen um so größere Bedeutung.

Kim geht gegen Verluste an: „Eine zweite Welle nordkoreanischer Infanterie ist unvermeidlich“

„Eine zweite Welle nordkoreanischer Infanterie ist unvermeidlich und wird eintreffen, bevor die verbleibenden 12.000 Soldaten ausgelöscht sind“, sagt Oleksandr Kovalenko. Den Politikwissenschaftler des Netzwerks Information Resistance Group zitiert jetzt das Magazin Defense Express. Unter der Prämisse, dass das nordkoreanische Engagement einen Testlauf für Kim Jong-uns Ambitionen gegenüber Südkorea darstelle, könnte Nordkorea Wladimir Putins Invasionstruppen tatsächlich umfangreicher unterstützen. Sky News zufolge rechnen ukrainische Kräfte an der Kursk-Front damit, dass die Nordkoreaner sich umgruppieren und neu auf ihre Gegner einstellen würden.

Interview-Partner zur Lage an der Kursk-Front hat der britische Nachrichtensenders Sky beispielsweise im Kommandeur des 1. Kampftaucherbataillons der Spezialeinsatzkräfte der Ukraine gefunden „Puls“ und seine Kameraden, die gegenüber Sky weitgehend namenlos bleiben, hätten demnach den Eindruck gewonnen, die Nordkoreaner griffen an „wie im Zweiten Weltkrieg“, wie Sky schreibt; was wohl meint, sie seien blindwütig auf die Geschützrohre und die Drohnen der Ukraine zugelaufen. Offenbar erinnerte das an permanente Stoßtrupp-Angriffe aus feuernden und bewegenden Gruppen, wobei die Nordkoreaner die Stärke und Bewaffnung ihrer Gegner unterschätzt haben könnten. Die 20, 40 und bis zu 60 Mann starken Gruppen sollen dabei leichte Ziele abgegeben haben, berichtet Sky aufgrund von Augenzeugenberichten von „Puls“ und seinen Kameraden.

Ebenfalls thematisiert das Magazin Voice of America (VOA) gerade, dass die nordkoreanischen Truppen wohl tatsächlich Taktiken aus dem Korea-Krieg anwendeten, die mindestens seit dem massiven Einsatz von Drohen und neuerer Waffen als überholt gelten. Diese sollen wohl auch einen Großteil der massiven Verluste verschuldet haben. Der VOA zufolge seien die nordkoreanischen Soldaten leicht zu erkennen gewesen, „da sie in Dreiergruppen in einer Reihe durch den Wald marschierten, mit einem Abstand von drei bis fünf Metern zwischen den Soldaten. Auf offenem Gelände bewegten sie sich in verstreuten Formationen von fünf bis 15 Soldaten, was sie verwundbar machte und zu schweren Verlusten führte“, schreibt VOA.

Russland profitiert weiter: Mittlerweile könnten die nordkoreanischen Soldaten wohl mit Drohnen umgehen

„Ein Großteil ihrer Militärdoktrin und Ausbildung basiert auf Strategien und Erfahrungen von vor über einem halben Jahrhundert“, sagt Glib Voloskyi gegenüber VOA. Laut dem Militäranalysten des ukrainischen Thinktanks CBA Initiatives Center konnten Infanteristen in größeren Gruppen marschieren, als die Artillerie noch deutlich weniger treffsicher schoss und das Schlachtfeld weniger gläsern war als heute, wo First-Person-View-Drohnen alles und jeden im Blick behalten und inzwischen auch schon Wärme-Strahlung identifizieren können. Jeder, der ohne Deckung auf dem Gefechtsfeld auftauche oder das in Gruppen durchstreife, würde sofort entdeckt, stellt Voloskyi klar.

Mittlerweile könnten die nordkoreanischen Soldaten aber wohl mit den Drohnen umgehen, stellt Voice of America heraus – „aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie die notwendigen Fähigkeiten erwerben, um ihre Kampfkraft zu verbessern. In Verbindung mit ihrer Disziplin und Ausbildung könnte dies sie zu einer bedeutenden Militärmacht machen“, sagte Voloskyi.

Putins Herausforderungen: „Chaotischer Start der Waffenbrüderschaft von Russen und Koreanern“

Die Schlacht um die besetzten Gebiete in Russland ist noch lange nicht geschlagen und die internen Herausforderungen für die Russen bleiben, wie kürzlich uepo.de gemeldet hat: das Nachrichtenportal von Übersetzern für Übersetzer – demnach gestalte sich das strukturierte Miteinander zwischen den russischen, tschetschenischen und den nordkoreanischen Truppen „wegen der verschiedenen Sprachen grundsätzlich schwierig“. Gerade diese beiden Ethnien sollen die Region Kursk von den Ukrainern wieder loseisen.

Wie uepo.de meldet, hätte der ukrainische Geheimdienst bereits im Oktober Audios abgefangen, „die auf einen chaotischen Start der Waffenbrüderschaft von Russen und Koreanern“ hingedeutet hätten. In den Aufnahmen „beschwerte sich ein russischer Soldat darüber, dass die Führung ,keinen verdammten Plan‘ habe, wie die Nordkoreaner einzusetzen seien. Außerdem gebe es lediglich einen Dolmetscher pro 30 Soldaten“, wie das Portal festhält.

Auch das will Nordkorea optimieren, wie Lee Sang Yong für Daily Nk seine anonyme Militär-Quelle zitiert: „Wir intensivieren die taktische Ausbildung, verstärken die militärische Ausrüstung und verdoppeln die Zahl der Militärdolmetscher im Vergleich zum ersten Einsatz, um die Kommunikation zwischen russischen und nordkoreanischen Soldaten während der Durchführung von Operationen zu maximieren.“

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