Was modernes Krafttraining wirklich effektiv macht

Muskelkraft bildet die Grundlage jeglicher körperlichen Aktivität. Im erwachsenen Skelettmuskel entsteht Kraft durch die Kontraktion spezialisierter Muskelzellen, den sogenannten Muskelfasern. Diese Fasern unterscheiden sich in manchen Eigenschaften sowie in ihrem Durchmesser und in ihrer Länge. 

Skelettmuskelfasern besitzen die bemerkenswerte Fähigkeit, sich an unterschiedliche physiologische Zustände, insbesondere an Veränderungen der funktionellen Belastung, anzupassen.

Wichtig: Trainingsreiz sowohl qualitativ als auch quantitativ exakt erfassen

Solche muskulären Anpassungen können sich in einer Verlängerung oder Verkürzung der Fasern, einer Zunahme oder Abnahme des Faserdurchmessers sowie in einer Veränderung der Expression von Genmodulen äußern, die den Fasertypus bestimmen. 

Präzise Erfassung und Steuerung des Trainingsreizes

Umfang und Art dieser Adaptationen hängen maßgeblich von der spezifischen molekularen und zellulären Antwort auf das Training ab, die wiederum durch die Art und Intensität des gesetzten Reizes beeinflusst wird.

Um den Zusammenhang zwischen Reiz, Anpassung und funktionellem Effekt zu verstehen, ist es essenziell, den Trainingsreiz sowohl qualitativ als auch quantitativ exakt zu erfassen. 

Das Zählen von Gewicht, Wiederholungen und Sätzen reicht nicht aus 

Im klassischen Krafttraining wird der Trainingsreiz in der Regel durch die Höhe des Trainingswiderstandes, die Anzahl der Wiederholungen und Sätze, die Pausenzeiten zwischen den Sätzen, die Trainingsfrequenz pro Woche sowie die Gesamtdauer der Trainingsintervention beschrieben. Diese herkömmliche Beschreibung greift jedoch zu kurz. 

Ein vollständiges Verständnis der Trainingswirkung erfordert eine detailliertere Erfassung und Steuerung weiterer Einflussgrößen wie Bewegungsgeschwindigkeit, Wiederholungstempo, Spannungsdauer unter Last sowie das subjektive Belastungsempfinden. 

Nur durch eine präzise Charakterisierung und Individualisierung des Trainingsreizes können Anpassungsprozesse im Muskel optimal ausgelöst und langfristige Effekte wie Kraftzuwachs, Muskelerhalt und funktionelle Verbesserungen gezielt erreicht werden. 

Muskelkraft ist ein zentraler Indikator funktioneller Gesundheit

Als Bewegungswissenschaftler und Sportphysiologe betone ich die fundamentale Bedeutung einer präzisen Erfassung und Steuerung des Trainingsreizes für die Optimierung muskulärer Anpassungsprozesse. 

Muskelkraft ist nicht nur Basis jeder Bewegung, sondern auch ein zentraler Indikator funktioneller Gesundheit über die gesamte Lebensdauer.

Entscheidend ist eine differenzierte Trainingsgestaltung, die auch Bewegungsdynamik, Spannungsdauer und subjektive Belastungswahrnehmung systematisch berücksichtigt. 

Nur durch eine solche umfassende Trainingssteuerung können individuell angemessene Anpassungsprozesse initiiert und nachhaltig gesichert werden.

Prof. Dr. David Aguayo, Leiter der Forschung bei Kieser Zürich, erforscht seit Jahren die Wirkung von Muskeltraining, verbindet Wissenschaft mit Praxis und gestaltet Training und Therapie evidenzbasiert weiter. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.