Die neue Nature-Studie hat gezeigt, dass Fettleibigkeit nicht gleich Fettleibigkeit ist. So erkranken viele adipöse Menschen nicht an einem Typ-2-Diabetes oder Herz-Kreislauf-Problemen, obwohl sie schon als Kind Gewichtsprobleme hatten. Die Erklärung, warum das so ist, liefern die Autoren der aktuellen Publikation: Sie fanden heraus, dass es bei manchen dicken Menschen genetische Unterschiede gibt, die wie ein "Schutzschild" wirken.
Diese mehr als 260 besondere Genvarianten sorgen unter anderem dafür, dass das Fett an Stellen gespeichert wird, wo es weniger Schaden anrichtet (zum Beispiel im Unterhautfettgewebe statt in der Leber oder am Bauch).
Die besten Gene für eine günstige Fettverteilung sorgen dafür, dass das Fett primär als Unterhautfett gespeichert wird (das, was man kneifen kann, zum Beispiel an Hüften und Po) und nicht als Viszeralfett (das gefährliche Fett, das die inneren Organe wie die Leber umgibt). Dadurch haben diese Menschen trotz Übergewicht gesündere Blutwerte und erkranken nicht an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes. Das heißt, nicht jeder Adipöse ist gleichzeitig krank!
Uwe Knop ist Diplom-Ernährungswissenschaftler, Buchautor, und Referent für Vorträge bei Fachverbänden, Unternehmen und auf Ärztefortbildungen. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.
Wieviel Prozent der Fettleibigen sind stoffwechselgesund?
Man geht davon aus, dass etwa 10 bis 30 Prozent der fettleibigen Menschen (also diejenigen mit einem Body-Mass-Index von 30 oder höher) stoffwechselgesund sind. Das bedeutet, ihr Fett stört ihren Stoffwechsel nicht: Ihre Blutzucker- und Blutfettwerte sowie ihr Blutdruck liegen im normalen Bereich. Man nennt sie auch die "Metabolically Healthy Obese" (MHO). Diese Zahl ist aber nicht ganz genau, da die Grenze für "stoffwechselgesund" je nach Arzt oder Studie leicht anders festgelegt wird.
Welche Schlüsse ziehen die Forscher aus diesen Ergebnissen?
Die wichtigste Schlussfolgerung ist: Der Body-Mass-Index (BMI) alleine reicht nicht aus, um die Gesundheit eines Menschen zu beurteilen. Fettleibigkeit muss viel individueller betrachtet werden! Die Forscher möchten, dass Ärzte in Zukunft nicht nur auf das Gewicht, sondern auch auf diese genetischen oder biologischen Unterschiede achten.
Das Ziel ist eine "Maßgeschneiderte Medizin": Wenn man den genetischen Typ kennt, könnte man viel gezielter behandeln oder vorbeugen, um zu verhindern, dass das Fett krank macht, anstatt nur auf die Gewichtsabnahme zu fokussieren.
Oder einfacher: Dick sein beudetet nicht automatisch krank sein. So sind schätzungsweise 10 bis 20 Prozent der Typ-2-Diabetiker normalgewichtig sind. Die neuen Erkenntnisse bestärlen auch das kontrovers diskutierte, aber plausible "Adipositas-Paradoxon".,
Was genau ist das "Adipositas-Paradoxon"?
Das Adipositas-Paradoxon ist eine Beobachtung, die besagt, dass Menschen mit leichtem Übergewicht oder sogar Fettleibigkeit bei bestimmten schweren chronischen Krankheiten (wie Herzschwäche oder Nierenversagen) bessere Überlebenschancen haben als normalgewichtige Kranke. Es klingt paradox, weil Übergewicht "doch eigentlich krank macht".
Eine mögliche Erklärung: Die übergewichtigen Patienten haben mehr Energiereserven ("ein Polster"), die ihnen helfen, in der akuten Krankheitsphase besser zu überleben. Allerdings wird dieses Paradoxon in neueren Studien oft infrage gestellt - in anderen Publikationen hingegen immer wieder auf´s Neue bestätigt. Lesen Sie hier, was es mit dem Adipositas-Paradoxon auf sich hat und warum Dicke oft länger leben als Dünne.
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Bildquelle: Uwe Knop
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