Nach über 30 Jahren: Seltene Vögel müssen umziehen - Ihre bisherige Heimat wird abgerissen
Im Vogelhaus im Stadtwald wird es bald still. Schon im Mai müssen die darin lebenden Vögel nach Karlsruhe umziehen. Das Gebäude wird abgerissen.
Geretsried – Im Moment hören Spaziergänger im Stadtwald noch ein fröhliches witschern und Trällern am Vogelhaus. Bald wird es an dieser Stelle für eine Zeit lang stiller sein – und dann eine Baustelle beginnen. Das Vogelhaus muss der Schulerweiterung weichen. Jetzt ist bekannt: Im Mai ziehen die Vögel um. Sie können nicht in Geretsried bleiben – auch wenn sich das einige gewünscht hatten.
Vogelhaus wird abgerissen - „Stadt hat sich bemüht, aber gab kein geeignetes Grundstück“
„Die Stadt hat sich bemüht, aber es gibt kein geeignetes Grundstück“, sagt Ingrid Brauner. Sie klingt traurig, wenn sie das erzählt. Seit 33 Jahren kümmert sich Brauner um die Vögel. Das Engagement brachte ihr den Spitznamen „Vogelmama“ ein. Die 69-Jährige hat die Tiere in all den Jahren in ihr Herz geschlossen.
Vor kurzem hatte Brauner ein Gespräch mit Bürgermeister Michael Müller – ohne positives Ergebnis. Obwohl sie bereits damit gerechnet hat, kann sie sich Geretsried ohne das Vogelhaus trotzdem nur schwer vorstellen. „Mitte Mai werden die Vögel umgesiedelt“, sagt Brauner. Ende 2024 muss das Vogelhaus leer sein.
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Ein Verein namens „Federnhilfe“ nimmt alle derzeit etwa 120 Vögel aus Geretsried auf und bringt sie in der Nähe von Karlsruhe unter. Die „Federnhilfe“ kümmert sich laut Angaben auf ihrer Internetseite um Papageienvögel und bemüht sich, diese in akuten Notsituationen „schnell sowie tierschutz- und artgerecht unterzubringen.“
Obwohl es einerseits „schon viel Arbeit“ war, jedes Wochenende „bei Wind und Wetter“ am Vogelhaus zu werkeln, sauber zu machen, sowie Wasser und Futter bereit zu stellen, wird der „Vogelmama“ die Arbeit fehlen. „Es war schön und ich habe dadurch viele nette Leute kennengelernt“, sagt die 69-Jährige.

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Dazu zählt Brauner auch die vielen Helfer, die ihr in all den Jahren zur Seite standen. Und obwohl Brauner jetzt viel mehr Zeit für ihre Enkel haben wird, eine Umgewöhnung ist es trotzdem: „Die Liebe zu den Tieren ist bei mir einfach da. Mir tut es auch für Geretsried leid, wenn das Vogelhaus weg ist.“
Was ebenfalls wegfällt, wenn das Vogelhaus nicht mehr da ist, ist die Urlaubsbetreuung, die Brauner in den vergangenen Jahren angeboten hat. Dafür müssen sich Interessierte künftig an umliegende Tierheime wenden.
Für den Umzug der gefiederten Bewohner Mitte Mai kommen Mitarbeiter der „Federnhilfe“ nach Geretsried. „Jeder Vogel wird dann gefangen, beringt und auf Krankheiten getestet“, erklärt Brauner. Bevor sie endgültig umziehen, bleiben sie noch eine gewisse Zeit in Quarantäne. Dann beginnt die Reise in ihr neues Zuhause. Die Kosten für den Transport, berichtet die „Vogelmama“, werden von der Stadt übernommen. Und auch für den Abriss des Vogelhauses kommt die Stadt auf.
Vögel ziehen von Geretsried nach Karlsruhe
Ob sich die Tiere in ihrer neuen Umgebung in Baden-Württemberg schnell wohl fühlen? „Ich denke, ein paar Tage wird es dauern bis sie sich umgewöhnt haben“, vermutet Brauner. Immerhin haben viele der Vögel zehn bis 15 Jahre in Geretsried gelebt. „Insgesamt sollte es aber schon schnell gehen.“
Die „Vogelmama“ ist auch ein wenig erleichtert. „Ich bin froh über die Lösung“, sagt sie. Auch wenn ihr – und sicher auch vielen Geretsriedern – eine Bleibe in der Nähe lieber gewesen wäre. „Mich freut es, dass die Vögel gut untergebracht werden.“ Sie blickt mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die vergangenen 33 Jahre zurück: Geretsried ohne ein Vogelhaus? „Das wird komisch sein.“ oy
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