König Ludwig II. war ein Monarch, dessen Persönlichkeit und Wirken viele Menschen fesselt. Es gibt immer noch Bereiche, in denen man Neues erforschen kann – beispielsweise zu den Aufenthalten in den Bergen im Tölzer Land zwischen Vorderriß und Herzogstand. Markus und Vanessa Richter beschäftigen sich intensiv mit diesen Fragen.
Bad Tölz-Wolfratshausen/Füssen - Das Ehepaar Richter kuratierte im vergangenen Jahr die Ausstellung zur König-Ludwig-Themenwoche in der Kochler Tourist-Info und arbeitet auch in diesem Jahr mit der TI zusammen, weil diese – wie berichtet – einen Themenweg zu dem Monarchen am Herzogstand plant.
Markus Richter war Kastellan in Schloss Neuschwanstein und schreibt seit einigen Jahren erfolgreich Neuschwanstein-Thriller, seine Frau Vanessa arbeitete als Kulturvermittlerin im Museum der Bayerischen Könige. In jüngster Zeit hat das Ehepaar auch zu den Aufenthalten des Königs in den Bergen im Tölzer Land geforscht. Franz Herzog von Bayern genehmigte ihnen Einblicke in das Geheime Hausarchiv der Wittelsbacher, berichten sie bei einem Treffen mit dem Tölzer Kurier. Aber auch im Hauptstaatsarchiv spürten sie Unterlagen auf, beispielsweise detaillierte Baupläne der Königshäuser am Herzogstand und dem Altlacher Hochkopf.
Insgesamt gab es 21 königliche Jagdhäuser zwischen Hohenschwangau und dem Berchtesgadener Land. Im Tölzer Land waren dies Hütten auf dem Herzogstand, auf dem Altlacher Hochkopf, in Vorderriß und am Grasberg sowie – angrenzend im Karwendel – das Soiernhaus im Bereich der Schöttlkarspitze und am Gramersberg. Zusätzlich gab es kleinere Schutzhütten im Bereich von Altlach, Jachenau und Dürnberg, die man damals als „Pürschhäuser“ bezeichnete, etwa bei der Sachenbacher Alm, der Luitpolder Alm und am „Markköpfl“. „In diesen Hütten hat der König wahrscheinlich nicht gewohnt“, sagt Vanessa Richter. Teils stehen die Hütten noch, teils sind sie verfallen.
Ludwig II. war ein guter Reiter
Auf Basis der Grundlagenforschung von Dr. Franz Merta bearbeitete das Ehepaar weitere Themenfelder, in denen es um Ludwigs Leben in den Bergen geht. Vor allem die Sichtung der Kassenbücher des Hofs im Geheimen Hausarchiv erwies sich als ergiebig. Aus ihnen geht hervor, dass der König nach dem Tod seines Vaters, Max II., „Jagd- und Pürschhäuser“ beziehungsweise deren Interieur kaufte, um sie in seinen Privatbesitz zu überführen. „Man muss zwischen Staats-, Hof- und Privatkasse unterscheiden“, erklärt Markus Richter.
Ludwig II. war ein sportlicher Reiter, der bis zu 100 Kilometer am Tag im Sattel zurücklegte. Nach seiner Thronbesteigung 1864 regierte er regelmäßig von Schloss Berg aus und machte von dort weite Ausritte. „So erkundete er auch die Hütten seines Vaters am Herzogstand, am Altlacher Hochkopf und in Vorderriß“, sagt Markus Richter. Am Herzogstand errichtete Ludwig 1866 erstmals ein eigenes Berghaus, gelegen ein Stückchen oberhalb der Jagdhütte seines Vaters.
Meine news
Nach einem Leistenbruch Anfang der 1870er-Jahre war es dann vorbei mit den langen Reitausflügen. Von da an, sagt Vanessa Richter, folgte der König bei dem Besuch seiner Jagdhäuser einem festgelegten Rhythmus. Das Frühjahr verbrachte er auf Schloss Berg, in Hohenschwangau und in Linderhof. Dann ging es weiter ins Tölzer Land, zum Herzogstand, auf den Altlacher Hochkopf, nach Vorderriß und zum Gramersberg. Etwa zwei bis drei Wochen, meist im Mai und Juni, hielt er sich in dieser Reihenfolge dort auf.
Die Aufenthalte waren aufwendig und mussten vorbereitet werden. Der Hof engagierte Einheimische als Träger oder auch, um Wasser zu holen oder zu putzen. Sie schleppten zum Beispiel eine Bücherkiste, welche der König immer bei sich hatte, oder Geschirr für die Häuser. „Für die Dorfbevölkerung war das eine gute Einnahmequelle“, berichtet Markus Richter. Die Menschen auf dem Land hätten den König geliebt: Nicht nur, weil er sich zeigte und ihre Nöte anhörte, sondern auch, weil er sehr spendabel gewesen sei: „Oft hat er Uhren oder Geld verschenkt.“
Ludwig II. führte Badewanne mit sich
Den König selbst umgaben etwa zehn Bedienstete und ein Adjutant sowie Pferdeknechte. In seinem Gefolge befanden sich auch ein Koch und dessen Helfer. Weil Ludwig II. Zahnprobleme hatte, aß er weiche Speisen, zum Beispiel Pürees, Gemüse und lange gekochtes Fleisch. Stets wurde eine gewisse Menüfolge eingehalten, von der Suppe bis zum Eis. „Man hat deshalb in der Nähe der Jagdhäuser oft Eiskeller angelegt“, sagt Markus Richter. Am Altlacher Hochkopf sei dies noch gut zu erkennen. Außerdem gab es zu jedem Gang korrespondierende Weine. Was aus heutiger Sicht purer Luxus ist, muss man, bezogen auf die damalige Zeit, mit anderen Augen sehen: „Dieses Essen war spärlich“, sagt Vanessa Richter. „Monarchen tafelten eigentlich wesentlich üppiger.“
Exotisch mutet auch an, dass der König eine Badewanne mit sich führen ließ. Auf dem Herzogstand und am Altlacher Hochkopf gab es damals ein „Badehaus“: „Das waren Holzhütten mit einem Heizkessel“, sagt Markus Richter.
Täglich kam ein Reiter mit Unterlagen
Der König führte von den Jagdhäusern seine Regierungsgeschäfte weiter. „Täglich kam ein Reiter aus der Residenz in München und brachte ihm Unterlagen“, sagt Vanessa Richter. Nach seinem Leistenbruch ließ sich der König eine Art Kutsche, einen Einspänner mit zwei Rädern, bauen. „Man kann ihn sich wie eine Art Bergwagen vorstellen, der sehr wendig war“, sagt Vanessa Richter. Das erste Mal zum Einsatz kam dieses Gefährt am Altlacher Hochkopf.
Interessant zu erfahren ist auch, dass der König kein Jäger war. „Ludwig II. hat die Jagd verboten, wenn er in seinen Häusern weilte“, sagt Markus Richter. „Er wollte durch das Treiben nicht gestört werden.“ Für den gottesfürchtigen Monarchen stand Naturgenuss im Vordergrund, ebenso die ruhige Lektüre. Ludwig II. wird heute, vor allem aufgrund seiner Bauten wie Schloss Neuschwanstein, gerne als „Märchenkönig“ betitelt.
(Unser Bad-Tölz-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.)
Die Richters hadern mit dieser einseitigen Bezeichnung und beschreiben den Monarchen gerne auch mit anderen Worten, nämlich als „König der Berge“: „Ludwig war sehr daran gelegen, die Natur zu schützen und die Stille zu genießen – und damit war er seiner Zeit weit voraus“, sagt Vanessa Richter.