Neue Pläne für Gewerbegebiet Moosburg-Unterreit – Stadt zwingt Bauwerber zu „freiwilligem“ Lärmschutz

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Eine rund 220 Meter lange Lärmschutzwand - im Bild mit einer durchgehend roten Linie gekennzeichnet - entlang der St2350 hat die Stadt zur Auflage für das neue Gewerbegebiet gemacht. © heinz pflüger partner Architekten

Die Pläne des neuen Moosburger Gewerbegebiets für BayWa und Post wurden verändert. Der Stadtrat stimmte dem zu – doch die Bauwerber müssen nun eine Kröte schlucken.

Moosburg - Dass in Moosburg-Unterreit ein neues Gewerbegebiet für die BayWa Agrar und die Deutsche Post entstehen kann, dafür hat der Stadtrat im Mai 2023 das Bauleitverfahren auf den Weg gebracht. Die massive Kritik am Vorhaben vor allem von Bonauer Bürgern konnte zwar nicht den Beschluss verhindern, hat nun aber dafür gesorgt, dass die Stadt dem Investor schärfere Lärmschutzmaßnahmen aufbrummt, als gesetzlich nötig.

Am Montag stand das Gewerbegebiet auf der Tagesordnung im Stadtrat, weil die Bauwerber Planänderungen vorstellten. Wie Architekt Andreas Pflüger erklärte, „ist das Bauvorhaben deutlich entzerrter und vor allem im Bereich der BayWa Baustoffe vom Volumen deutlich reduziert“. Die Zufahrt laufe weiter über die Westtangente, neu sei ein Wendehammer im Bereich der Post und eine Begrünung im Zentrum zum Kompensieren der Versiegelung. Wie Thomas Leitner vom Investor Robert Decker Immobilienmanagement GmbH ergänzte, solle die Gesamtbaumaßnahme bei der BayWa in zwei Bauabschnitte aufgeteilt werden. Und er betonte: „Verschiedene Gebäude stehen nach wie vor als Lärmschutz parallel zur alten B11.“

Alter und neuer Planungsstand Gewerbegebiet Unterreit Moosburg
Die Änderungen in den Plänen für das Gewerbegebiet Unterreit betreffen vor allem den Umfang des BayWa-Standorts. In der neuen Variante (r.) ist das Bauvolumen deutlich reduziert, neu hinzu kommt ein Wendehammer. © heinz pflüger partner Architekten

Das reichte dem Bauamt aber nicht. Es hatte in den Beschlussvorschlag geschrieben: „Aus Sicht der Verwaltung sollte zum Schutz der Anlieger in der Bonau ein ,freiwilliger‘ Lärmschutz südlich der Staatsstraße festgesetzt werden.“ Das Wort „freiwillig“ stand in Anführungszeichen. Die 220-Meter-Wand solle von der Kanalbrücke bis zum Kreisverkehr-Bypass reichen, vier Meter von der Fahrbahn entfernt liegen und 2,5 Meter hoch sein. Bezahlen solle sie der Vorhabenträger, also der Investor. In Wortmeldungen bekräftigten mehrere Stadträte diese Forderung.

3. Bürgermeister erinnert Investor an Planungshoheit der Stadt

Für Gerhard Beubl (SPD) etwa „gibt es den Bebauungsplan nur mit der Wand“. 3. Bürgermeister Michael Stanglmaier (Grüne) erinnerte an die Planungshoheit der Stadt und ihre Verantwortung für die Bürger: „Wenn die Stadt sagt, dort kommt eine Lärmschutzwand hin, dann ist das Teil des B-Plans und keine freiwillige Leistung.“ Philipp Fincke (FDP) wunderte sich über den Investor, „wie man sich so vehement gegen die legitime Forderung der Verwaltung stemmen kann. Es ist eine freiwillige Maßnahme – genauso wie unser Beschluss freiwillig ist.“ Martin Pschorr (SPD) erinnerte daran, dass es auch einst bei der Westumfahrung keine Lärmschutzwand gebraucht hätte. „Die Stadt hat sich aber Bedenken der Menschen zu Herzen genommen und eine Wand über die ganze Länge gebaut. Das ist eine ganz andere Dimension als dieses kurze Stück.“ Schließlich sprach sich auch Ortschef Josef Dollinger (FW) dafür aus. Nur Josef Tristl (CSU) bezweifelte die Notwendigkeit und bemängelte die Optik einer Lärmschutzwand.

Bauwerber in einer Stadtratssitzung von Moosburg
Wurden kritisch befragt: (v. l.) Thomas Leitner (Investor), Andreas Pflüger (Architekt) und Jonas Steib (BayWa; stehend). © Forster

Investoren-Vertreter Thomas Leitner erklärte, Verkehrs- und Lärmgutachten hätten ergeben, dass eine Schutzwand unnötig sei. Die Kosten dafür würden auch die Wirtschaftlichkeit des Projekts belasten. Lediglich bei einem Haus ergebe sich durch den Lärm im Bereich des Kreisverkehrs Handlungsbedarf. Dies wurde in der Sitzung von der Gutachterin Claudia Hentschel-Huber bestätigt. Für die übrigen Anwohner gebe es „generiert aus diesem Vorhaben“ keine wahrnehmbare Auswirkungen. Aus ihrer Sicht wäre es sinnvoll, das Tempo von derzeit 100 auf 70 km/h zu beschränken. Dadurch würde es dort „deutlich leiser werden als es heute ist“. Doch auch die Expertin stimmte das Gremium nicht um: Mit 16:3 votierte der Rat für den verpflichtenden Bau einer Lärmschutzwand an der St2350.

Massive Probleme beim Agrarkonzern BayWa – Auswirkungen auf Bauvorhaben?

Eine andere kritische Nachfrage von Gerhard Beubl bezog sich auf die derzeitigen Finanznöte der BayWa. „Ist dieses Bauvorhaben denn noch gesichert?“ Auch Verena Beibl (Grüne) warnte: In einem neuen Gewerbegebiet „kann sich auch ein anderer ansiedeln“. Leitner jedoch erklärte, dass die Schwierigkeiten der BayWa „überwiegend aus der Energiesparte stammen, alle anderen Bereich schreiben operativ schwarze Zahlen“. Man wolle das Projekt weiterverfolgen, „sonst würden wir nicht hier sitzen“. Nachdem Michael Stanglmaier die anwesenden BayWa-Vertreter zu einem Statement aufforderte, meldete sich der Projektleiter Jonas Steib zu Wort. Der Sanierungsplan für den Konzern werde Ende September veröffentlicht, „so lange kann und darf ich nichts dazu sagen“.

Nur wenige Stunden nach der Sitzung wurde dann ein Entwurf des Gutachtens öffentlich: Die BayWa könne unter bestimmten Voraussetzungen saniert werden und mittelfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen, heißt es darin. Der Konzernumbau dauere aber Jahre. Es brauche „zahlreiche operative Einsparmaßnahmen“, auf die BayWa-Vorstandschef Marcus Pöllinger die Belegschaft schon vorbereitet habe, sowie den Verkauf einzelner Geschäftsbereiche.

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