BayWa in der Krise: Auf den Agrar-Riesen kommen harte Jahre zu

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Der vorläufige Entwurf des Sanierungsgutachtens bringt unerwartet positive Signale für den angeschlagenen Agrarkonzern BayWa – das spiegelte sich auch an der Börse wider.

München – Der führende Agrarhandelskonzern Deutschlands steckt in einer schweren Krise. Hohe Schulden und ein Aktienkurs auf Rekordtief haben die BayWa stark unter Druck gesetzt. Im Sommer wurde bekannt, dass die finanzielle Lage so angespannt ist und so hohe Schulden vorliegen, dass ein Sanierungsgutachten nötig wurde, um die Kreditwürdigkeit des Agrarkonzerns zu sichern. Zwar konnte ein 550-Millionen-Euro-Finanzierungspaket die Situation vorerst stabilisieren, doch bis Jahresende muss eine langfristige Lösung gefunden werden.

Nun gibt es erstmals Neuigkeiten zur aktuellen Lage des Unternehmens – und die wirken sich auch auf der Börse aus.

BayWa-Krise: Hoffnung für den krisengebeutelten Agrarkonzern?

Das Beraterteam von Roland Berger, das mit dem Sanierungsgutachten beauftragt wurde, macht dem krisengebeutelten Konzern nun Hoffnung. Denn die Sanierungsberater seien in einem vorläufigen Urteil zu dem Schluss gekommen, dass die BayWa „unter bestimmten Voraussetzungen saniert“ werden kann und das Agrarunternehmen mittelfristig die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen könne, schreibt Wiwo. Allerdings: Der Umbau des Konzerns werde viele Jahre lang in Anspruch nehmen. „Zahlreiche operative Einsparmaßnahmen“ sind notwendig, wie der Verkauf von einzelnen Unternehmensbereichen. Vorstandschef Marcus Pöllinger habe die Mitarbeiter bereits auf die geplanten Sanierungsmaßnahmen eingestimmt, heißt es. 

„Die Verhandlungen mit den Finanzierungspartnern (...) über das Sanierungskonzept sowie die Neuordnung der Finanzierung verlaufen weiterhin konstruktiv“, teilte die BayWa mit. Das Sanierungsgutachten von Roland Berger bildet dabei die Basis für die Verhandlungen mit den Banken. Der Vorstand zeigt sich zuversichtlich, dass diese erfolgreich sein werden. Das endgültige Sanierungsgutachten wird jedoch erst vorliegen, wenn die Finanzierungsvereinbarungen endgültig abgeschlossen sind.

Baywa
Der Verkauf von Unternehmensbeteiligungen soll der Baywa helfen, den hohen Schuldenberg abzubauen. © David-Wolfgang Ebener/dpa

BayWa Aktienkurs profitiert von den Neuigkeiten trotz Krise, BayWa trennt sich von Beteiligungen

Der vorläufige Entwurf des Sanierungsgutachtens sorgte am Dienstag (24. September) für einen starken Anstieg der BayWa-Aktien. Der Kurs stieg um fast 16 Prozent auf 12,74 Euro, berichtet Börse Express in Bezug auf die Deutsche Presseagentur. In den letzten Tagen hatte sich der Kurs bereits auf niedrigem Niveau stabilisiert. Noch vor zwei Monaten lag der Wert mit 9,50 Euro auf dem tiefsten Stand seit über 20 Jahren. Aber auch mit dem jüngsten Anstieg beträgt der Wertverlust seit Jahresbeginn noch 59 Prozent.

Die auf den Konzern zukommenden Sanierungsmaßnahmen betreffen auch Beteiligungen an Unternehmen. Abstoßen könnte die BayWa etwa die Mehrheitsbeteiligung an der Solartochter BayWa r.e., denn die schweizerische Energy Infrastructure Partners (EIP), bisheriger Minderheitseigentümer, signalisierte bereits Interesse an einem größeren Anteil. Das Geschäft mit Solar- und Windprojekten hat in den letzten Jahren Unsummen verschlungen und die Schulden der BayWa auf über fünf Milliarden Euro anwachsen lassen, während die Gewinne aus dem Weiterverkauf dieser Projekte deutlich gesunken sind. Den Handel mit Solarmodulen möchte die BayWa jedoch weiter beibehalten.

Chief Restructuring Officer: Wer ist der neue Manager bei der BayWa?

Der Agrarkonzern hat auch personell umstrukturiert. Neuester Clou: Der Vorstand der BayWa AG hat mit Mitte September Michael Baur zum Chief Restructuring Officer und Generalbevollmächtigten der BayWa AG ernannt. Baur ist Managing Director und Global Vice Chair der Unternehmensberatung AlixPartners und hat als Interim-Manager bereits Restrukturierungsprojekte begleitet. Das bestätigt auch der BayWa-Aufsichtsratsvorsitzende Gregor Scheller: „Michael Baur ist Experte für die finanzielle und operative Restrukturierung und Transformation von Unternehmen. Er hat schon viele Restrukturierungsprojekte bei mittelständischen Unternehmen und börsennotierten Konzernen erfolgreich geleitet. In der jetzigen Situation ist er die richtige Wahl.“ 

Baur ist für alle Maßnahmen im Zusammenhang mit der Restrukturierung der BayWa Gruppe verantwortlich und arbeitet direkt mit dem Vorstand der BayWa AG zusammen. „Gemeinsam haben wir die BayWa in den vergangenen Wochen bereits erfolgreich stabilisiert. Jetzt arbeiten wir an einem umfangreichen Restrukturierungskonzept. Dieses gilt es konsequent und zielorientiert umzusetzen und die BayWa wieder in eine nachhaltige Unternehmenssituation zu führen”, so Baur in einer Pressemitteilung des Unternehmens. 

Roland Berger kam 2008 zu einem vernichtenden Urteil über BayWa

Erst letztes Jahr feierte die BayWa ein großes Jubiläum: In 2023 wurde die BayWa 100 Jahre alt. Der Agrarkonzern blickt dabei eigentlich auf eine große Erfolgsgeschichte zurück. In weniger als zwei Jahrzehnten schaffte es das Regional-Unternehmen zum internationalen Agrarkonzern. Und das, obwohl es in einer Roland Berger Analyse aus dem Jahr 2008 eigentlich hieß, dass die BayWa – wenngleich damals sehr erfolgreich – ein reiner „Gemischtwarenladen“ sei – zwar mit vielen Beteiligungen in vielen Branchen, aber ohne Geschäftsmodell für die Zukunft, verriet der ehemalige BayWa-Vorstandsvorsitzende Klaus Josef Lutz 2022 im bayerischen Genossenschaftsblatt.

Am Höhepunkt der Wirtschaftskrise in 2008, musste sich auch die bereits erfolgreiche BayWa neu ausrichten. Ein Jahr später fand der Einstieg in die erneuerbaren Energien statt. 

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