Sie forderte die katholische Kirche heraus: Ilse Sixts sehnlichster Wunsch blieb unerfüllt
Ilse Sixt, eine tiefgläubige Katholikin, widersetzte sich dem Pflichtzölibat. Sie schrieb unzählige Briefe und Bücher, doch ihr Wunsch blieb unerfüllt. Jetzt ist sie im Alter von 88 Jahren gestorben.
Oberpframmern – Auf dem Schreibtisch von Ilse Sixt steht ein Karteikasten. Die Kärtchen in seinem Inneren tragen in geschwungener Handschrift über 3000 E-Mail-Adressen von Priestern, Pfarreien, Bischöfen und Kardinälen in Bayern, Deutschland und der Welt. Drei, vier Stunden ihres Tagwerks widmete die Christin aus Oberpframmern den Nachrichten an die Geistlichen und Redaktionen in der Region und darüber hinaus. Wann immer etwas zu Priestermangel, Gläubigenschwund, oder Missbrauchsskandalen in der Ebersberger Zeitung stand, setzte sie sich hin und schrieb einen Leserbrief. Gefiel ihr eine Predigt im Fernsehen, schrieb sie dem betreffenden Bischof. Gefiel sie ihr nicht, schrieb sie ihm auch.
Herzensthema Pflichtzölibat: Post
Ihr Herzensthema: der Pflichtzölibat, der Zwang, dass katholische Priester sexuell enthaltsam leben müssen. „Der katholische Glaube ist der schönste, den es gibt“, sagte die tiefgläubige Katholikin einmal der EZ. Um über die Kirchenspitze anzufügen: „Es wäre so schön, wenn sie ihn nicht kaputtmachen würde.“ Gegen den Zölibat kämpfte die katholische Laiin, Hausfrau, Mutter von vier Kindern, über ein halbes Jahrhundert. Schrieb mehrere Bücher, ungezählte E-Mails, hunderte Leserbriefe.
Am 23. Januar ging ihre letzte Nachricht im Postfach der Ebersberger Zeitung ein. „Gott hat Mann und Frau erschaffen und ihnen die Erde anvertraut. Solange die Amtskirche behauptet, seit 1000 Jahren nur aus zölibatär lebenden Männern zu bestehen, bleibt sie eine Lügenburg, die auf Tonfüßen steht“, stand darin. Zwei Wochen später ist Ilse Sixt mit 88 Jahren gestorben. Die Abschaffung des Zölibats, die Erfüllung dieses Herzenswunsches, blieb ihr zeitlebens verwehrt. Ihr Schreibtisch, ihr Karteikasten sind nun verwaist.
Der katholische Glaube ist der schönste, den es gibt. Es wäre so schön, wenn sie ihn nicht kaputtmachen würde.
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Viele andere Wünsche haben sich erfüllt. Die Pframmingerin war lange und glücklich verheiratet, pflegte ihren Mann Johann (†93) bis zu seinem Tod vor zweieinhalb Jahren. Ihre vier Kinder, zehn Enkel, fünf Urenkel liebte sie innig. „Für uns Kinder war sie der Fels in der Brandung“, sagt ihr Sohn Bernhard (65). Auch als Erwachsene. „Wenn was ist, kommt‘s heim“, sei immer ihr Versprechen gewesen. Selbstbestimmt bis zum Schluss habe sie nach einer Sturzverletzung und einem schweren Infekt eines Abends gesagt: „Jetzt hab ich alles gsagt. Jetzt stirb i.“ So einfach sei das nicht, habe der Sohn gemeint. So einfach war das schon. Am nächsten Morgen war die Mutter friedlich gestorben.
Stur und lästig konnte und wollte Sixt sein. Immer schwang ihr freundliches Wesen und die tiefe Liebe zum Glauben in ihren Zeilen mit. Das schuf Vertrauen – immer wieder schütteten sich Priester ihr gegenüber am Telefon über ihre Nöte mit ihrer unterdrückten Sexualität aus. Sie nahm diese Beichten ab, verkörperte Absolution für diejenigen, denen sie ihrer Weihen wegen verwehrt blieb. Durch ihre Verbindungen und Gespräche hätte sie Stoff für ein Enthüllungsbuch über die Amtskirche gehabt. Der eine oder andere Bischof betet vielleicht dieser Tage, dass sie es nicht geschrieben hat.
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am Samstag, 22. Februar, ab 10.30 Uhr in St. Andreas Oberpframmern mit anschließender Beisetzung im Gemeindefriedhof. Gesammelte Texte stehen weiterhin online: www.ilsesixt.de