Doppel-Demo in Ebersberg: Wie Querdenker jetzt Gegenwind machen

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Bereits im Dezember 2020 standen die Corona-Leugner auf der Straße. Damals in Grafing. Die Initiative „Bunt statt Braun“ hat daraufhin ein Banner über der Urtel angebracht. © Stefan Rossmann

Im Landkreis Ebersberg firmieren sich die Coronaleugner jetzt zu Forstschützern um: Bei einer Demo am kommenden Wochenende richten sich aus der Querdenker-Szene bekannte Personen nun gegen Windräder im Forst. Eine weitere Demo der Initiative „Bund statt Braun“ hat sich angekündigt.

Ebersberg – Zwei Demonstrationen sind für den Samstagmittag, 18. Januar, in Ebersberg angemeldet: Am Marienplatz protestiert ab 13 Uhr das Bündnis „Wald statt Windräder“ unter dem Motto „Hände weg vom Ebersberger Forst“ gegen die dort geplanten fünf Rotoren. Fast zeitgleich, um 12.30 Uhr, startet am Landratsamt ein Demo-Zug des Bündnisses „Bunt statt Braun“ unter Beteiligung weiterer Organisationen wie etwa der Pfadfinder und der Parteien CSU, SPD, Grüne, Linke und Volt.

Zeitliches Zusammentreffen der Demos kein Zufall

Marthe Balzer, Organisatorin der Veranstaltung unter dem Titel „Es lebe die Demokratie! - Gegen jeden Extremismus!“, sagt: „Wir wollen vor der Bundestagswahl ein Zeichen für Demokratie, etwas Positives in die Welt setzen.“ Die Veranstaltung mit Abschlusskundgebung am Marienplatz sei nicht als reine Gegendemo zu jener der Windkraftgegner zu verstehen.

Dennoch ist das zeitliche Zusammentreffen der beiden Veranstaltungen kein Zufall. „Wald statt Windräder“ entstand als Ausgliederung der Impfgegner-, Coronaleugner- und Querdenkerszene im Landkreis Ebersberg.

Coronaleugner und Querdenker sorgen für Prozessflut am Amtsgericht

Während der Pandemie hatte diese landkreisweit mit unangemeldeten Montagsspaziergängen sowie Demonstrationen mit Schwerpunkt in Poing für Aufsehen und Polizeieinsätze gesorgt. Das Geschehen wirkte in einer Prozessflut vor dem Ebersberger Amtsgericht nach, wegen zahlreicher Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz und Verurteilungen bis hin zur Volksverhetzung. Mehrere umtriebige Mitglieder jener Gruppe, die sich im sozialen Netzwerk Telegram organisiert, sind nun federführend mit der Organisation des Windkraft-Widerstands beschäftigt.

Angesichts des prophezeiten und dann ausgebliebenen „Impf-Genozids“ scheinen sich die Verschwörungstheoretiker neue Betätigungsfelder gesucht zu haben; in ähnlich apokalyptischer Stimmungslage und weiterhin unterlegt vom Geraune vom Widerstand gegen eine „Neue Weltordnung“ und Falschinformationen und -zitaten. Geprägt ist die Debatte inzwischen neben dem Dauerbrenner Coronaimpfung vom Hass auf Migranten, E-Autos und die Grünen, der Leugnung des Klimawandels und unverhohlener Verehrung für Donald Trump, Putin und die AfD. Medien, Politik und speziell Windkraftbefürworter gelten im Telegram-Kanal wahlweise als „Volksverräter“, „geisteskrank“, „Ökofaschisten“ und „Neo-Nazis“. Letzteren Begriff verwendet der Organisator der Ebersberger Demo.

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Demo-Organisator aus Querdenker-Szene bekannt

Der vollzogene Schwenk der Gruppe vom eher esoterischen ins rechtspopulistische bis rechtsextreme Lager und ihre justiziable Vorgeschichte erklärt auch, weshalb so gut wie gar kein Zuspruch der anderen Gegner des Rotorenvorhabens im Forst aus dem demokratischen Spektrum erfolgt. Lediglich die hiesige AfD in Person von Kreisrat Manfred Schmidt ließ sich bereits für eine Demo einspannen. Ihr Organisator gilt als einer der führenden Coronaleugner-Köpfe aus dem Münchner Südosten, organisierte und moderierte etwa Querdenker-Demos im Raum Wasserburg und handelte sich selbst Anzeigen wegen des Verdachts auf gefälschte Gesundheitszeugnisse und Ordnungswidrigkeiten im Corona-Zusammenhang ein.

Die Polizei rechnet für die Anti-Windkraft-Demo mit etwas mehr als den 50 angemeldeten Teilnehmern. Der Umzug des Demokratiebündnisses ist derzeit laut Inspektionssprecher Stephan Raab mit 150 Teilnehmern angemeldet. „Natürlich ist Konfliktpotenzial da“, sagt der Polizeihauptkommissar über die gegensätzlichen Veranstaltungen, die mit einer Pufferzone am Marienplatz zusammentreffen. Die Beamten seien mit erhöhter Präsenz vor Ort, rechnen aber damit, dass sich beide Seiten friedlich verhalten.

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