Freude am Beruf: Drei Senioren berichten, warum sie trotz Ruhestand noch immer arbeiten

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Heißes Eisen: Franz Reiner (66) arbeitet weiterhin in seiner Schmiede in Ebersberg. © Stefan Rossmann

Immer mehr Menschen arbeiten im Landkreis Ebersberg auch nach ihrem Renteneintritt weiter. Der EZ haben drei Senioren erzählt, warum sie immer noch einem Beruf nachgehen.

Landkreis – Immer mehr Menschen arbeiten im Landkreis auch nach ihrem Renteneintritt weiter. Sie arbeiten, weil sie aufgrund von Fachkräfte-Mangel gebraucht werden, weil sie den Erwerb zum Leben brauchen oder weil sie einfach Freude an ihrem Beruf haben. Im letzten Jahr haben im Ebersberger Land so 711 Menschen der Altersgruppe 67+ ihre Rente durch sozialversicherungspflichtige Arbeit, heißt durch Voll- oder Teilzeitanstellungen, aufgestockt (2022: 640). Einem Minijob sind 1739 Personen nachgegangen (2022: 1682).

Laut der Agentur für Arbeit Ebersberg steigen die Zahlen seit Jahren kontinuierlich an. „Der Landkreis bietet zahlreichen Menschen eine Arbeit nach ihren Bedürfnissen – auch im Rentenalter“, erklärt Kathrin Stemberger, zuständige Pressesprecherin der Behörde, die möglichen Gründe. Dass es in Ebersberg und Umland gute Voraussetzung für eine längere Karriere gibt, bestätigen auch drei Senioren. Sie haben der Ebersberger Zeitung verraten, warum sie noch immer arbeiten.

Beschäftigung für Körper und Geist: Das motiviert Hanni Orel (83) aus Grafing

Für Hanni Orel sind es nur ein paar Meter durchs Treppenhaus zu der Arztpraxis, in der sie regelmäßig nach Feierabend einmal durchgefegt, die Behandlungsräume gewischt und den Empfangsbereich gesäubert hat. „Für mich ist das praktisch, ich brauche bloß einen Stock tiefer gehen“, berichtet sie schmunzelnd. 13 Jahre lang hat die mittlerweile 83-Jährige in jener Grafinger Praxis geputzt – nicht weil sie das Geld so dringend benötigt, sondern weil sie die beständige Beschäftigung liebt. „Man braucht was, wenn man im Rentenalter ist. Ich kann nicht einfach die Hände in den Schoß legen und nichts tun“, erklärt Orel lachend.

Fast 13 Jahre lang hat Hanni Orel (83) während ihrer Rente in einer Arztpraxis in Grafing gewischt.
Fast 13 Jahre lang hat Hanni Orel (83) während ihrer Rente in einer Arztpraxis in Grafing gewischt. © Stefan Rossmann

Nach ihrem Renteneintritt im Jahr 2001 arbeitet Hanni Orel daher zunächst als Aushilfe bei ihrem damaligen Arbeitgeber in der Buchhaltung weiter. Als sie einige Jahre später umzieht, verlässt sie die Firma und übernimmt die Putztätigkeit in der Arztpraxis eine Etage unter ihrer neuen Wohnung. „Das war ideal für mich“, schwärmt sie von dem kurzen Arbeitsweg. Zweimal die Woche packt Orel seither Lappen, Eimer und Wischmopp zusammen und steigt die Stufen hinab. „Für mich ist das eine gute Beschäftigung“, sagt die 83-Jährige über die zahlreichen Stunden, die sie in der Praxis verbracht hat. Doch irgendwann tritt auch die aller eifrigste Seniorin einmal kürzer. Seit Anfang des Jahres genießt Orel ihr Rentenleben nun in vollen Zügen – ohne Arbeit, „aber irgendwas ergibt sich immer“, betont sie verschmitzt.

Franz Reiner (66) schätzt die wertvollen sozialen Kontakte

Ein Leben so ganz ohne eine Beschäftigung kann sich Franz Reiner hingegen noch nicht vorstellen. In seiner Schmiede in Ebersberg schürt der 66-Jährige daher jeden Morgen das Feuer in der Esse an. „Mir macht das Spaß, ich schmiede gerne“, sagt er über seinen Beruf. Schon als junger Bub hatte Reiner eine Faszination für Metalle inne, wollte gerne etwas mit seinen eigenen Händen erschaffen. „Da ich auch gerne plane und gestalte, habe ich Schmied gelernt“, erinnert er sich. Im Jahr 1980 macht sich der Ebersberger schließlich mit einer eigenen Werkstatt selbstständig. Seither ist die Schmiede sein zweites Zuhause. „Ich bin jeden Tag da“, sagt er. „Ich bin glücklich, wenn ich hier bin.“

Ihm gebe die harte Arbeit am Schmiedeofen einen Lebenssinn. „Das ist meine Erfüllung“, betont der 66-Jährige. Vor allem die gestalterische Freiheit schätzt er an seinem Beruf. „Ich kann mich verwirklichen. Ohne das, wäre es mir zu langweilig.“ Für Reiner gibt es seit seiner „Rente“ daher nur eine Einschränkung: „Ich fange erst um 9 Uhr an“, sagt er lachend. „Und, wenn ich heim mag, gehe ich auch.“ So möchte der 66-Jährige in den nächsten Jahren weiter arbeiten, ehe sein Nachfolger irgendwann die Schmiede übernimmt. Bis dahin erfreut sich der Handwerker an seinen Fertigungen – und den sozialen Kontakten. „Jeden Tag kommen ein oder zwei Leute vorbei“, erzählt Reiner. Oft ratscht er mit seinen Kunden, tauscht sich über das Leben aus. Die Gespräche seien ihm wichtig. „Ich genieße das. Im Alter ist der Kontakt zu anderen sehr wichtig.“

Grafinger Gastronom fühlt sich in seinem Lokal einfach wohl

In Grafing ist Andrea Marrone ein bekanntes Gesicht. Seit 14 Jahren betreibt der Italiener das Restaurant „Aquarium“ am Eisstadion – und fühlt sich dort, im regen Treiben zwischen Küchenutensilien und Gästen, pudelwohl. „Ich bin gerne hier“, schwärmt der mittlerweile 72-Jährige von seiner Arbeitsstätte in direkter Nähe zum Grafinger Sportgeschehen. Dass er dafür jeden Tag von früh bis spät in seiner Küche Vorbereitungen trifft, Gemüse schnippelt, Nudelteig knetet, Gläser wäscht oder Teller austrägt, stört ihn nicht. „Für mich ist das keine Belastung. Das hier ist eine große Familie“, sagt er lächelnd, während in Richtung seiner Mitarbeiter und den Gästen an den reichlich gedeckten Tischen deutet.

Eine Institution: Bei Andrea Marrone (72) und seinem Restaurant „Aquarium“ geht bereits seit Jahrzehnten ganz Grafing ein und aus.
Eine Institution: Bei Andrea Marrone (72) und seinem Restaurant „Aquarium“ geht bereits seit Jahrzehnten ganz Grafing ein und aus. © ALI

Bereits vor 50 Jahren verschlägt es Marrone in die Bärenstadt. Damals sei er zunächst nur über die Wintermonate geblieben, um als Oberkellner zu arbeiten. Im Sommer ist er in seiner süditalienischen Heimatstadt Positano, an der Amalfiküste, als Barkeeper in einem Hotel tätig. „Dann habe ich meine Frau kennengelernt“, erzählt der 72-Jährige schulterzuckend. Der Liebe wegen zieht es Marrone 1978 endgültig nach Grafing. Dort baut sich der Gastronom ein Lebenswerk auf, das er jetzt, im Rentenalter, nicht so leicht loslassen kann.

„Ich kenne viele meiner Gäste seit Jahrzehnten, kann von jedem eine Geschichte erzählen“, sagt er. Ihn halten der ständige Kontakt zu Menschen und die regen Gespräche fit. „Es fordert mich geistig und körperlich“, erklärt Marrone. An seine Rente denkt der Grafinger Kult-Italiener daher noch lange nicht. „Ich fühle mich so wohl, ich arbeite so lange, bis ich ins Grab falle“, erklärt er verschmitzt. Dann eilt er mit zwei leeren Tellern in die Küche.

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