Kinderpornografie-Prozess um Tausende Bilder und Videos: Angeklagter bestreitet pädophile Neigung
Ein 47-jähriger Mann aus dem südlichen Landkreis Ebersberg steht vor Gericht, nachdem bei ihm eine erschreckende Menge an kinder- und jugendpornografischen Dateien gefunden wurde. Trotz der schwerwiegenden Vorwürfe bestreitet der Angeklagte eine pädophile Neigung. Er hat sich in therapeutische Behandlung begeben, um die Ursachen seines Verhaltens zu erforschen.
Landkreis - Mehr als 9000 kinder- und jugendpornografische Bilder sowie weit über 2000 einschlägige Videos findet die Kriminalpolizei vor knapp zwei Jahren bei einer Wohnungsdurchsuchung im südlichen Landkreis. Fast 70 Gigabyte an Dateien mit einer Gesamtspieldauer von mehr als 100 Stunden stellen die Beamten dabei sicher. Nun musste sich der mittlerweile 47-jährige Besitzer der „Sammlung“ vor dem Ebersberger Schöffengericht verantworten.
Folter- und Missbrauchsvideos von Kindern aller Altersstufen
Bereits seit dem Frühjahr 2019 soll der Mann, der in einem medizinischen Beruf arbeitet, Kinder- und Jugendpornos im Darknet angesehen und auf seinen Computer heruntergeladen haben. Dort habe er die Dateien laut Anklage dann nach dem jeweiligen Genre in zahlreichen Ordnern „sortiert und strukturiert abgelegt“, formuliert es der Staatsanwalt. Unter Titeln, wie „Nice Boys“, „Geschwister“ oder „Happy Fam“ findet die Polizei später jedenfalls tausende Missbrauchsvideos und Bilder. Die Bandbreite der Dateien erstreckt sich dabei von sexuellen Übergriffen an Jugendlichen über Kinder bis hin zu Säuglingen – von Nacktbildern bis zu Foltervideos. „Das ist schlimmstes Material“, berichtet später ein als Zeuge geladener Kriminalkommissar. Selbst für ihn, als erfahrenen Ermittler, seien die Inhalte der Pornos „verstörend“. „Das sind die schlimmsten Dateien, die ich bis jetzt gesehen habe“, sagt er.
Vor Gericht zeigt sich der Angeklagte indessen zurückhaltend. Über seinen Verteidiger lässt er erklären: „Der Sachverhalt wird vollumfänglich eingeräumt. Er bedauert die Taten sehr.“ Mittlerweile habe sich der Angeklagte bereits in therapeutische Behandlung begeben. „Die Psychiaterin soll herausfinden, was da schiefgelaufen ist“, betont der Verteidiger. Denn erklären könne sich der Angeklagte sein Verhalten bis dato nicht. Eine sexuelle Neigung zu Kindern sei jedenfalls nicht vorhanden, betont der Anwalt. Der 47-Jährige sehe in den Unmengen an pornografischem Material auf seinem Computer eher eine Art „Sammlung“, die sich über Jahrzehnte hinweg aufgebaut habe.
Das sind die schlimmsten Dateien, die ich bis jetzt gesehen habe.
„Man sammelt Kronkorken, aber keine Kinderpornografie“, entgegnet dem Richter Frank Gellhaus kopfschüttelnd. „Hier ist der falsche Platz für Masken und, um eine Fassade aufrechtzuerhalten. Das haben sie jetzt lang genug gemacht“, mahnt er den Mann, endlich mit offenen Karten zu spielen. Doch der bestreitet weiterhin eine pädophile Neigung zu haben. „Ich bin von mir selbst angewidert“, beteuert er.
Der Angeklagte muss in Therapie
In seinem Leben habe er es nicht immer leicht gehabt. Als Kind sei er von seinem Stiefvater körperlich misshandelt worden, aufgrund einer Krankheit sei er zudem zeugungsunfähig. Letzteres habe in seiner Ehe oft zu Konflikten geführt. „Wir hatten immer wieder Streit. Meine Frau wollte unbedingt Kinder“, erklärt der Mann mit gesenktem Kopf. Im Darknet habe er daher irgendwann einen Ausweg gesucht. „Ich wollte mein vergangenes Leben verdrängen“, sagt der Angeklagte verlegen. „Warum haben sie sich nicht schon eher professionelle Hilfe geholt?“, will Richter Frank Gellhaus von dem Mann wissen. Der antwortet mit einem kurzen Schulterzucken: „In meinen Gedanken habe ich das heruntergespielt.“
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„Die Angaben passen nicht mit dem Konsumverhalten überein. Für mich ist durchaus eine Pädophilie vorhanden“, betont der Staatsanwalt anschließend in seinem Plädoyer. Er fordert eine zweijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldauflage in Höhe von 6000 Euro. Der Angeklagte soll zudem in Therapie gehen. „Zu hoch bemessen“, findet das der Verteidiger. Er hält eine Bewährung von einem Jahr und drei Monaten für ausreichend. Das Schöffengericht orientiert sich in seinem Urteil schließlich am Anklagevertreter. „Das ist die äußerste Grenze [vor der Haft, Anm. d. Redaktion] an der sie heute entlang spaziert sind“, mahnt Richter Frank Gellhaus. Das Urteil ist rechtskräftig.
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